Marta Herford mit neuer Ausstellung "Haltung & Fall"

Herford. &bdquo;Ist Kunst frei?" fragt ein Schriftzug auf einem Treppenpodest im Eingangsbereich der neuen Marta-Ausstellung &bdquo;Haltung&Fall – Die Welt im Taumeln". Wer von der philosophischen Tiefe dieser Frage überfordert ist, kann sich gleich rücklings in die Tiefe stürzen – natürlich auf eine Matte. Stabilität, die Aufgabe derselben und Sich-fallen-lassen sind einige der Themen, die die von Ann Kristin Kreisel konzipierte Ausstellung im Marta beleuchtet. Kooperation mit dem Johannes-Falk-Haus Matten und elastische Tücher, in die sich die Besucher fallen lassen können, sind teil einer Installation des Johannes-Falk-Hauses, einer Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung in Hiddenhausen. Deren Team sorgte dafür, dass die Ausstellung erstmals komplett in &bdquo;leichter Sprache" beschriftet ist, so dass auch Menschen, denen die Fachterminologie von Kunstbetrieb oder Feuilleton nicht so geläufig ist, einen Zugang finden sollten. Gleich mehrfach führt dieser Zugang über den Körper. Robert Barta hat etwa eine halben Million Kugellagerkugelen auf dem Bodeneines Raums verteilt. Wer möchte, kann ihn in speziellen Sandalen betreten und erfahren, was es heißt, Haltung zu bewahren. &bdquo;Limits of Control" nennt er diese Arbeit. Christian Falsnaes hatte eine weite Ebene als &bdquo;Stage" installiert. Die Besucher sind eingeladen, diese Bühne zu betreten und Anweisungen per Kopfhörer zu befolgen. Neben der Körpererfahrung geht es hier auch ganz stark darum, wie weit die Menschen gehen und wo ihre Grenzen sind. Über 100 Arbeiten nähern sich dem Thema ganz unterschiedlich Neben diesen beinahe spielerischen Zugängen, setzen sich die Exponate – über 100 Malereien, Zeichnungen, Skulpturen, Fotografien, Installationen, Videos, Performances – aus unterschiedlichen Perspektiven mit verschiedensten Aspekten des Begriffspaars &bdquo;Haltung" und &bdquo;Fall" auseinander. Die Fotograf Denis Darzacq lässt in einer Fotoserie Körper junger Hip-Hop-Tänzer scheinbar der Schwerkraft trotzen, angespannt und bis in die letzte Faser kontrolliert. Peter Welz filmte von unten durch eine Plexiglasplatte zwei Tänzer, die sich immer wieder auf diesen durchsichtigen Grund fallen lassen. Sound und die auf zwei der Marta-Architektur nachempfundenen Leinwände projizierten Filme verdichten sich zu einer bewegten Skulptur, in der sich die Körper vor ihrer Umgebung zu lösen scheinen. Ein Künstler reist zur Performance aus Guatemala an Eigens aus Guatemala angereist ist Naufus Ramírez-Figueroa, der zur Eröffnung seine Performance &bdquo;Rainbow Action (after Cezary Bodzianowski)" zeigen wird. Dazu bemalt er seinen Körper mit Regenbogenfarben, der einen bogenförmigen Abdruck an der Wand hinterlässt. &bdquo;Der Regenbogen steht für Aufbruch, Frieden, Vielfalt und Toleranz und die sozialistischen Ideen, die in den 1980ern auch in Südamerika blühten, und erinnern daran, dass in seinem Land bis heute Minderheiten unterdrückt werden, auch weil die Schönheit des Landes dazu verleite, Kämpfe nicht zu Ende zu führen. Sein Beitrag ist daher hochpolitisch. Auch Alexandra Bachzetsis zeigt zur Eröffnung die Performance &bdquo;Escape Act", in der sie die Konstruktion von Echtheit in Alltag und Popkultur untersucht, Themen, um die auch ihre Videos in der Ausstellung kreisen. Fotograf Sebastian Stumpf zeigt eine im Kern dokumentarische Fotoserien von Zäunen in Los Angeles, auf denen immer wieder sein Körper zu sehen ist. &bdquo;Stabil ist mein Stand nur für den Sekundenbruchteils der Aufnahme", sagt er, auch hier geht es also um Haltung, Balance und die Frage, auf welcher Seite des Zauns man sich nach dem Sturz wiederfindet. Wem das alles zu viel ist, der kann sich dem Vergnügen hingeben, einem um einen künstlichen Kaktus kreisenden Hula-Hoop-Reifen zuzusehen. Auch das ist eine Arbeit Bartas. &bdquo;Die Kaktus macht das ausdauernder als jeder Mensch", sagt er, &bdquo;aber unendlich stabil ist die Bewegung nicht, denn irgendwann löst sich der Plastikreif auf." Stabil ist nichts, es kommt also darauf an, trotzdem Haltung zu bewahren – auch das ist aktuell wie lange nicht.

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