Herford

Herforder Feuerwehrchef warnt vor Gefahren im Haushalt

Feuerwehrchef mahnt: Falscher Umgang mit Rohrfrei und Putzmitteln führt oft zu Verletzungen, Brand und Verpuffungen. An heißen Tagen kann sich Waschbenzin bei großflächigem Gebrauch entzünden

Ganz reizend: Rohrfrei und Haushaltsreiniger können Chemikalien enthalten, die ätzend, giftig und hochentzündlich sind. Gebrauchshinweise sollten beachtet werden. Besonders gefährlich ist, die Substanzen zu mischen. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

16.08.2018 | 16.08.2018, 05:30
Verstrahlt: ABC-Experte Sven Büttner nutzt die belastete Obstschale als Anschauungsobjekt. - © Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Verstrahlt: ABC-Experte Sven Büttner nutzt die belastete Obstschale als Anschauungsobjekt. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Herford. Schlagzeilen macht in dieser Woche ein 20-jähriger Chemiestudent aus Paderborn, der in seiner Kellerwohnung hochexplosiven Sprengstoff angerührt hat. Die Polizei ermittelt. Doch schon Unachtsamkeit und Unkenntnis können in Haushalt und Hobbykeller zu schweren Unglücken führen. Unsachgemäßer Umgang mit Rohrreinigern, Putzmitteln und anderen chemischen Produkten kann zu Verletzungen insbesondere von Haut und Atemwegen, zu Bränden und Verpuffungen führen. Falsche Lagerung ist ein zusätzliches Problem.

Der Herforder Feuerwehrchef Michael Stiegelmeier, der Leiter der ABC-Einheit, Sven Büttner, und ihre Kameraden haben immer wieder mit mehr oder minder schweren Fällen dieser Art zu tun. ABC steht für atomare, biologische und chemische Mittel. A und B – das kommt in privaten Haushalten selten vor. Das A steht zum Beispiel für Mittel, die in der Radiologie eingesetzt werden, B etwa für die Viren der Vogelgrippe. Tatsächlich musste sich die Feuerwehr vor vielen Jahren schon einmal mit einer verstrahlten Obstschale beschäftigen. Ein Umweltaktivist hatte Bodenproben aus der Umgebung von Atomkraftwerken gesammelt und darin gelagert. Das Messgerät schlägt noch heute in der Nähe der Schale aus – die radioaktive Belastung rührte aber von der Glasur und nicht vom Erdreich her. Die Schale wird heute zu Schulungszwecken eingesetzt.

Leiter der Feuerwehr: Michael Stiegelmeier. - © Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Leiter der Feuerwehr: Michael Stiegelmeier. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

„Wenn wir zu Einsätzen in Betrieben fahren, wissen wir meist, was uns erwartet", sagt Büttner. „In Privathäusern sieht das anders aus. Da wissen viele Leute selbst gar nicht, was sie in Putzmittelschrank, Hobbykeller und Garage horten."

Gefährliche Situationen können entstehen, wenn im Geräteschuppen Benzin verschüttet wird

„Es gibt einerseits brennbare Flüssigkeiten und andererseits ätzende und giftige Flüssigkeiten und Pulver unter den Produkten für den Haushalt", sagt Stiegelmeier. Manchmal trifft beides zu. „Wenn die Anwendungshinweise beachtet werden, sind die Mittel für den Anwender harmlos."

Es kann böse enden, wenn man bei hohen Temperaturen mit größeren Mengen brennbarer Flüssigkeiten hantiert. „Sie verdampfen und bilden ein entzündliches Gas-Luft-Gemisch", sagt Stiegelmeier. So hat es letztes Jahr in Düsseldorf eine Verpuffung gegeben, als jemand in einem Kindergarten versuchte, einen Tisch mit Waschbenzin von Wachsmalkreide zu befreien. Schon der Funke eines Lichtschalters kann die Explosion auslösen. In Herford ist erst vor kurzem jemand bei einem Wohnungsbrand gestorben, nachdem er mutmaßlich mit brennbarer Flüssigkeit etwas zu reinigen versuchte. Die polizeilichen Ermittlungen sind aber noch nicht abgeschlossen.

Gefährliche Situationen können entstehen, wenn im Geräteschuppen Benzin verschüttet wird oder der Kanister bei Hitze platzt. Was also tun? „Intensives Lüften ist wichtig", sagt Sven Büttner. Die Rasenmähertanks sollten lieber im Freien aufgefüllt werden, der Kanister entlüftet werden. Dass Spiritus als Grillanzünder lebensgefährlich ist, sollte sich herum gesprochen haben. Es gibt Alternativen.

Wirkungsvolles Lüften ist wichtig

Intensives Lüften ist auch das A und O, wenn Rohrreiniger und aggressive Putzmittel eingesetzt werden. Manche Hersteller empfehlen Schutzbrille und Handschuhe. Besonders fatal kann das Zusammenkippen von Reinigerresten oder der gleichzeitige Einsatz verschiedener Reiniger enden. Schlimmstenfalls kann Chlorgas austreten und zu Verätzungen von Haut und Atemwegen führen.

Auch der Heimwerker muss aufpassen. „Niemals Wasser in die Säure, sonst geschieht das Ungeheure" ist ein alter Chemikerspruch, der beachtet werden muss, wenn etwa beim Löten Salzsäure oder beim Hantieren mit Batterien Schwefelsäure verschüttet wurden. Es kann sonst zu einer heftigen Reaktion kommen. Wer mit Leinöl und Baumwolle hantiert, sollte wissen, dass es hier auch bei normalen Temperaturen zur Selbstentzündung kommen kann. In einer Herforder Tischlerei war das schon Brandursache. Also: Der Lappen sollte im Freien ausgelüftet werden. Das gilt auch für mit Nitro-Verdünnung getränkte Lappen nach Lackierarbeiten.

Die Feuerwehr hat verschiedene Anzüge, in denen die Einsatzkräfte vor Chemikalien und ihren Ausdünstungen geschützt sind. Welcher Schutzanzug der richtige ist, muss vor Ort entschieden werden. Ist Diesel ausgelaufen, reicht der Folienschutzanzug. Unter dem dichten Vollschutzanzug tragen die Feuerwehrleute Atemschutz. Als vor wenigen Wochen in einer Wohnung ein Fieberthermometer zu Bruch gegangen ist, hat ein Feuerwehrmann im Folienanzug das hochgiftige aber nur langsam verdunstende Quecksilber aufgenommen. Der Flokatiteppich wurde als Sondermüll gleich mit entsorgt.