Auflösung Mittwochrätsel: Ein verwunschener Garten mit exotischen Vögeln

Herford. Das Mittwochrätsel-Foto von vergangener Woche zeigte das Haus Rothe an der Brüderstraße. Es erreichten uns so viele, ausführliche Leserreaktionen, dass wir leider an einigen Stellen kürzen mussten. Heike Fürhoff schreibt: &bdquo;Das schöne Gebäude steht in der Brüderstraße und gehört der Familie Rothe (Rothe-Haus). Hinter den Bäumen stand früher das Friedrichs-Gymnasium, später der Kaufhof. Heute entsteht dort ein neues Einkaufsareal, das bald seine Toren öffnet. Geradeaus im Foto kann man die Kirchturmspitze der Münsterkirche erkennen." Klaus Nowitzki erinnert sich: &bdquo;Herr Rothe handelte in den 1950er Jahren mit Industrieleder wie Treibriemen und mit Kleintieren. Herr Rothe machte mit Mäusen ,Mäuse. Ich habe mehrfach für 50 Pfennig weiße Mäuse gekauft. Die sind mir weggelaufen und zum Leidwesen meiner Eltern im Garten bei uns verwildert. Früher muss auf dem Grundstück eine Gerberei gewesen sein. Bowerre lieferte Wasser für die Gerberei Am Grundstücksende war die Bowerre und lieferte das nötige Wasser. Zu sehen sind auch die Giebel der Turnhalle Friedrichsgymnasium und die Bäume vor dem schönen Hauptgebäude. Herfordern wurde mit übler politischer Trickserei versprochen, beim Bau des Kaufhof bleibe die Fassade erhalten. Dabei ist dann die natürlich unzureichend gesicherte Fassade des Schulgebäudes eingestürzt. Seltsamerweise waren die Baupläne ohne die historische Fassade schon vor dem Einsturz gefertigt. Die Fassade hat es nicht überlebt, aber der Machthunger der schlitzohrigen Politiker." Axel Gravenkamp schreibt: &bdquo;Meine alte Heimat, die Brüderstraße. Ein Haus rechts daneben habe ich die ersten 20 Jahre meines Lebens verbracht. Diesen Kiez, mit seinen Erinnerungen, kenne ich also allerbestens. Das Haus gehörte unseren liebenswerten Nachbarn, Barbara und Otto Rothe. Rothes betrieben einen Lederwarenhandel und teilweise auch Tierhandel. Als Kinder sind wir des Öfteren im wunderschönen, riesigen Garten gewesen. In mehreren großen Betonbassins konnten wir Fische beobachten, im hinteren Teil des Gartens befand sich eine riesige Voliere inklusive diverser Vögel, angrenzend ein kleiner Backsteinbau. Im Eingangsbereich war es für uns Kinder immer ein wenig unheimlich, da allerlei präparierte Tiere die Wände zierten. Vor Jahren erzählte mir noch Frau Rothe, dass sie Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahren massiv bedrängt wurde, das Haus zu verkaufen, da es dem geplanten Kaufhof im Wege stand. Zum Glück wurde sie darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Haus in der Denkmalschutzliste stand. Der Abriss von Fachwerkhäusern, eine Herforder Spezialität, wurde verhindert. Gegenüber befand sich die ,Öffentliche Badeanstalt, also Wannen und Duschbäder. Später, in den 1950ern hatte der Orthopäde Dr. Werner hier seine Praxis, später verlegt an den Wall." Horst Schure erinnert sich: &bdquo;Herr Rothe betrieb in dem tollen Fachwerkhaus einen Lederhandel. Hinter dem Haus war ein – fast verwunschener – Garten, dort hielt er in Volieren Ziervögel, ich meine, sogar ein Tukan war dabei. Als Kind fand ich es immer ganz toll, wenn er uns seine Vögel zeigte und viel erklärte. Jahrzehnte später konnte man am Tag des Denkmals das Haus von innen besichtigen. Da erklärte Frau Rothe alles Wissenswerte und kam auch auf den Garten zu sprechen, aber es gab keine Ziervögel mehr." Grauer Kittel, grüner Cordhut und ein Zigarrenstummel im Mundwinkel Ute Pahmeyer schreibt: &bdquo;Barbara Rothe liebte es, wenn wir unsere Moskauer Freunde, die damals oft bei uns zu Besuch waren, mit zu ihr brachten. Sie liebte es, wenn Jurij ihr auf russisch etwas vorlas, während ich für sie im Voraus etliche Zigaretten drehte. Als ich nach der Hausnummer fragte, um ihr Postkarten von unterwegs schicken zu können sagte Barbara: ,Schreib erstes Haus am Kiez! Viele weitere liebevolle Erinnerungen haben wir an sie." Manfred Brackhage wurde Anfang der 1950er Jahre im Haus Nummer 1 geboren: &bdquo;Kurz danach zogen wir zum Haus Nummer 20, das dem Holzschuhfabrikanten Schröder gehörte und heute die Gaststätte Martinsklause beherbergt. Von unseren Wohnzimmerfenstern schauten wir auf die recht öde Fassade der Turnhalle des Friedrichsgymnasiums, an der eine recht große Gaslaterne angebracht war (kann man auf dem Foto noch gut erkennen). Rechts daneben war das Haus von Otto Rothe, der eine Lederhandlung betrieb (es roch im Haus fantastisch nach Leder) und im Hof große Volieren mit Papageien, Wellensittichen und anderen bunten Vögeln hatte. Wenn man etwas weiter in Richtung Johannisstraße ging, wurde werktags von morgens bis abends ein stetiges &bdquo;Ping-ping-ping" immer lauter, das aus einer Gravieranstalt klang. Ich habe hier die zehn schönsten Jahre meiner Kindheit verbracht." Hans-Wilhelm Becker ist in der Nachbarschaft zur Schule gegangen: &bdquo;Herr Rothe, oft mit grauem Kittel, grünem Cordhut und Zigarrenstummel im Mundwinkel war der Hausherr, hielt Pläuschchen mit Mister, unserem Hausmeister, und war Herr über allerlei Federvieh in seinem verwunschenen Garten, direkt angrenzend an den Schulhof des Friedrichs-Gymnasiums. Ein Schulpavillion stand direkt auf der Grenze zum Rotheschen Haus. In diesem Pavillion mussten wir unsere Abiturarbeiten schreiben. Ich sehe heute noch, wie die dummen Hühner mich anglotzten, ich glotzte einfach so zurück, weil mir zunächst nichts einfiel zu: ,Der edle Mensch trifft seine Freunde auf dem Wege der Kultur und er benutzt Freundschaft als ein Mittel, Tugend durch gegenseitige Anleitung zu fördern. Nehmen Sie zu diesem Satz des Konfuzius Stellung. Ich sah keinen rechten Ansatz zu dem Thema, sah nur die Wachteln, Hühner etc. im Rotheschen Garten . . ." Gedanken schweiften von Konfuzius zu Rothes Wachteln Jochen Hartig schreibt: &bdquo;Um den Abbruch des alten Gymnasiums hat es im Vorhinein viel Diskussion gegeben, da viele Leute das klassizistische Ensemble als erhaltenswert ansahen. Jedenfalls sind an einem Samstagnachmittag – glaube ich – von der Abbruchfirma Tatsachen geschaffen worden, indem die Fassade des Hauptgebäudes mit der ,Bombeeingerissen wurde. Schön, dass der darauf folgende ,Klotz nun auch schon wieder Geschichte ist. Zu dem Rotheschen Fachwerkhaus gibt es Folgendes (vom Hörensagen!) zu berichten: Es wurde in den 1970er oder 80er Jahren einmal neu gestrichen mit damals aktuellster Farbe, die, wie man heute weiß, nicht atmungsaktiv war. Damit wurden die Fachwerkhölzer nach außen hin abgedichtet und fingen durch trotzdem unterwanderte Feuchtigkeit an zu faulen. Dies hat vor Jahren dazu geführt, dass ganze Balken ausgetauscht werden mussten, weil die Tragfähigkeit der hunderte Jahre alten Hölzer nicht mehr gewährleistet war. Ich hoffe, dass die Aussage zum Rotheschen Haus den Tatsachen entspricht. Man hat uns das aber während unserer Lehre als Negativbeispiel für Holzschutz verkauft." Klaus-Dieter Stork meint: &bdquo;Auf einer Tafel an der Fassade ist zu lesen, dass die später erfolgten Veränderungen der Dachform auf eine Gerbereinutzung des Gebäude hindeuten. Dahinter ist die Turnhalle des Friedrichsgymnasiums zu erkennen." Rita Frentrup weiß: &bdquo;Der Besitzer des Hauses rechts im Bild war Otto Rothe, der Tauben züchtete und einen kleinen Laden betrieb, in dem man Schnürsenkel, Schuhputzzeug und auch andere Lederwaren kaufen konnte. Schräg gegenüber, auf der anderen Straßenseite, aber nicht mehr im Bild, war Schuster Welland." Christel Großmann bedauert: &bdquo;Das 1867 errichtete neoklassizistische Gebäude Friedrichs-Gymnasium wurde 1972 abgerissen und musste dem Neubau des Kaufhofes weichen. Zu spät besinnen sich die Herforder Bürger nach dem Verlust ihrer Schule endlich auf ihr historisches Erbe! Danach gründen sie eine ,Bürgerinitiative zur Erhaltung des Stadtbildes." Annette Schmidt schreibt: &bdquo;Bei der gesuchten Straße handelt es sich um die Brüderstraße, da sich hier früher das Augustinerkloster befand (9. Jahrhundert). Daraus erwuchs eine der ältesten (Latein-)Schulen Deutschlands, das Friedrichs-Gymnasium. Zur Zeit des Fotos stand es noch. Gleich rechts von den Linden sieht man die dazugehörige Turnhalle. In den späten 1960ern war das Filmstudio bei uns sehr angesagt, nicht zu vergessen die Eisdiele &bdquo;Capri" im selben Bau, gleich links von den Bäumen. Da im Radio damals die aktuellen Hits sehr selten gespielt wurden, war die sich dort befindende Musicbox sehr gefragt!" Hans-Hermann Siekmann erinnert sich: &bdquo;Im Hause Otto Rothe war in den 1950er Jahren eine Lederhandlung, welche ich als Lehrling oft aufsuchte, um Materialien für den Schumacher-Betrieb zu kaufen. Herr Rothe war in meiner Erinnerung ein liebenswerter und lustiger Zeitgenosse." Ulrich Stille fühlt sich erinnert an seinen Schulweg in der Brüderstraße: &bdquo; . . . vorbei am wunderschönen Rotheschen Renaissance-Traufenhaus von 1560 und am halb verdeckten Haus nebenan, der Turnhalle vom Friedrichs-Gymnasium. Das Gebäude mit dem markanten Giebel wurde am 12. 10. 1899 in einem ,Festaktus feierlich eingeweiht. Fortan war es der sportliche Übungsraum der Schüler und auch des ,Gymnasial-Turnvereins zu Herford, der schon 1889 von Studienrat Schatte gegründet worden war und der für etwa 40 Jahre neben der Turngemeinde Herford besonders mit seiner ,Musterriege das Turnen in Herford bestimmte. Würdige Herren beobachteten Abiturprüfung im Turnen Die Turnhalle besaß eine Empore, auf der bei den Abiturprüfungen im Turnen das Kollegium der Lateinschule würdig in dunklen Anzügen Platz nahm, um den mehr oder weniger spektakulären Übungen am Boden, Barren, Kasten, Pferd und am Reck beizuwohnen. In den 1930er und frühen 1940er Jahren wurde im Sportunterricht nicht nur geturnt sondern auch geboxt, wie mir alte und stark strapazierte Boxhandschuhe gezeigt haben, auf die ich als Schüler später noch im Geräteraum gestoßen bin. Im hinteren Teil des Turnhallengebäudes befand sich parterre die Schulbibliothek und darüber der geräumige Zeichensaal von Kunstlehrer Werner Keller. Er hat 1972 sehr vehement gegen den Abriss des alten Gymnasiums und der Turnhalle protestiert, als dort der Kaufhof gebaut werden sollte. Seine couragierte Aktion hat damals vielen die Augen geöffnet und dadurch vielleicht manch altes Gebäude gerettet.

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