Herford

„Der Markt wird Herfords Hotspot“

Häppchen: Nils Thenhaus serviert Samstag zum Markthallen-Abschied gebratene Frikadellen und Hähnchenbrustspieße. Für die Gäste der Markthallen-Führung wird er leckere Spieße grillen. Bis Anfang 2019 wird sich das Marktgeschehen unter freiem Himmel abspielen. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

13.05.2017 | 13.05.2017, 14:00

Herford. „Ingrid Pupkes hat mit Tränen in den Augen den Tisch neben dem Eingang gestreichelt", berichtet Marktmeister Gunther Nöthlich vom bisher emotionalsten Abschied einer langjährigen Händlerin aus der Markthallen. „Sie hat schon als kleines Mädchen Obst und Gemüse verkauft und 70 Jahre ihres Lebens hier verbracht." Es fiel ihr sichtlich schwer, aufzuhören.

Auch die Eheleute Maring machen den Auszug aus der 100 Jahre alten Markthalle Samstag nicht mehr mit. „Reinhold ist 65 geworden. Er hätte eine fünfstellige Summe für einen neuen Stand aufbringen müssen. Das lohnt sich für 18 Monate nicht", weiß Ingrid Husmann von der Firma Thiermann, langjährige Hallennachbarin der Marings. Sie pendelt seit 30 Jahren aus Kirchdorf (Kreis Diepholz), verkauft Spargel und Erdbeeren in Herford – ab Dienstag auch aus einem Bulli.

„Erste Tränen sind geflossen", sagt auch Geflügelhändler Nils Thenhaus wehmütig. „Ich war schon als Baby hier, meine Windeln wurden auf dem Markt gewechselt. Meine Großeltern hatten bereits einen Stand in der Halle. Meine Eltern haben den Schritt nach draußen gewagt", kommen bei ihm Erinnerungen aus vier Jahrzehnten hoch.

„Ich bin zwischen den Ständen groß geworden und habe Eier verkauft, seitdem ich rechnen konnte. Für mich ist das Lebensinhalt. Ich bin häufiger auf dem Markt als in meinem Wohnzimmer."

Anders als Thenhaus ziehen Monika Friese („Monikas Strickstube"), Claudia Kretlow (Schmuck), Sandra Rolfsmeier (Körnerkissen und Nähwaren) und Angela Schulz (Kunsthandwerk) nicht mit auf den Übergangsmarkt – ebenfalls aus Kostengründen. „Für Ingrid Pupkes und die Marings haben wir bereits Ersatz gefunden", verrät Gunther Nöthlich. Dienstags reist Hendrik Baumhüter mit seinem Obst- und Gemüsestand aus Halle an. „Wir kommen bei jedem Wetter, auch wenn es stürmt", verspricht Verkäuferin Beate Weigang. Mittwochs und freitags verkaufen sie auf dem Siegfriedplatz in Bielefeld sowie samstags auf dem Kesselbrink, donnerstags in Steinhagen – davor passe Herford perfekt.

Für Kartoffelhändler Marco Lindhauer aus Delbrück steht nach seinem Besuch fest, dass er ab Ende Mai, Anfang Juni den Markt in Herford donnerstags und samstags „beleben" will.

Pro-Herford-Geschäftsführer Frank Hölscher: „Ich glaube schon, dass die Kenntnis von etwas Neuem Interesse weckt und der ein oder andere von der ersten Stunde an dabei sein will." So ein Außenmarkt habe schließlich einen ganz speziellen Charme.

„Wir sind ständig auf der Suche, aktuell nach einer rollenden Kaffeebude. Wer Interesse hat, kann sich gerne bewerben", sagt der Marktmeister. Michael Schindler öffnet Samstag das Markthallen-Café zum letzten Mal. „Er bestückt seinen Wagen nur samstags und möchte ihn gerne die ganze Woche hier stehen lassen. Das genehmigt die Ordnungsbehörde nicht", weiß Gunther Nöthlich. Frisch sei dagegen eine Anfrage der Räucherkate von der Mindener Straße mit ihrem hausgebeizten Lachs.

Fleischer Nier, Schitteck’s Käsewelt und Bäcker Schnarre – bisher in der kleinen Halle – stehen auch auf dem Übergangsmarkt nebeneinander. „Wir haben extra einen neuen Kühlwagen angeschafft", erklärt Sylvia Brandt von der Fleischerei Nier. „Dienstag starten wir mit einem Anhänger und der halben Verkaufsfläche. In vier bis sechs Wochen kommt dann der große Verkaufswagen."

Auch Judith Götte, Inhaberin von Schittecks Käsewelt, hat in „einen poppigen Wagen in Retro-Blau mit Gelb investiert. Wenn man den neu kauft, kostet der 60.000 Euro." Bei dann nur noch fünf Metern Verkaufsfläche müssten sie und ihre Mitarbeiterinnen sich aber „ein bisschen einschränken." Tanja Hoock (Bäckerei Schnarre) ergänzt: „Wir bekommen ebenfalls einen neuen Wagen, der auch auf den Wochenmärkten in Enger, Halle sowie Bielefeld-Stieghorst eingesetzt wird."

Und ab Dienstag in Herford auf der Parkplatzhälfte hinter dem Markthallen-Haupteingang in Richtung Münsterkirche. „Wir stehen dann schön kompakt zusammen", findet Nils Thenhaus. „Wenn alles fertig ist, sind wir umgeben vom sanierten Rathaus, der Münsterkirche und der neuen Markthalle. Diese Gesamt-Optik ist doch super. Das wird Herfords Hotspot!"