Herford. Drei weiße Kugeln, eine Möhre ins Gesicht, nen Hut drauf – fertig ist der Schneemann. Was die Formen angeht eher schlicht, fasziniert er den Künstler Osmar Osten als Motiv seit und 20 Jahren. Heute wird die Ausstellung "Mr. Snowman taucht auf" des 1959 geborenen, in Chemnitz lebenden Künstlers, eröffnet.
"Schneemänner stehen für nichts und alles", sagt Osten: "Sie sprechen viele Menschen direkt an." Er sei kein Konzeptkünstler, sondern liebe es, seinen eigenen Bildern offen entgegenzutreten, sich von ihnen überraschen zu lassen wie die Betrachter. Er ist nicht auf eine Technik festgelegt. Meistens malt er mit Öl oder Acrylfarbe auf Untergründen wie Leinwand, Presspappe oder Holz, zeichnet und malt in verschiedenen Größen. Auch Skulpturen und Radierungen sind unter seinen Arbeiten. Für Osten können die geduldigen Schneegestalten auch Schneefrauen sein – nichts ist sicher.
"Ich male zum Vergnügen für mich und andere", sagt er, nicht im Auftrag und nicht in vom Markt diktierten Serien. Seine Arbeiten sind seit den 1990er Jahren in Museen und Galerien in Deutschland und Europa zu sehen, und die Schneemänner zählen zu den populärsten Werkgruppen.
"Wer ihn kennt, kennt die Schneemänner", sagt Galerist Claus-Dieter Tholen, der den Künstler, der nach dem Studium als freier Künstler in DDR begann, seit Jahren begleitet.
Osten hat – ganz Künstler – immer ein Notizbuch in der Tasche. Darin sammelt er Skizzen, aber auch Texte, die den Schneemännern im Katalog zur Seite gestellt werden. "Die Schneemänner rekrutieren sich aus der ersten Reihe der Zuschauer bei einer Revolution", heißt es da, oder "Der Schneemann ist blos (Rechtschreibung im Original) ein Passagier, der mit Würde Schiffbruch erleidet". Schneemänner sorgen für die Aufrechterhaltung des Staus Quo: "Einstweilen fällt uns die Aufgabe zu, zu verhindern, dass man die Graffiti löscht, die unsere Vorgänger an den Wänden dieses Kerkers hinterlassen haben" und erinnern sich an bessere Tage: "Die großen schneemannschen Unternehmungen der modernen Geschichte sind der italienische Humanismus, der französische Klassizismus und die deutsche Romantik." Regungslos stehen die Schneemänner da und wissen um ihre Stellung. "Die Hassgefühle des Schneemanns geben seine Rangstufe genau wieder", heißt es dort. Diese Schneemänner sind erkaltete Wut, keine lustigen Gefährten für Kinder im Winter. Doch es gibt Hoffnung, denn nicht alle Schneemänner lösen sich im hellen Nebellicht förmlich auf, einige behaupten sich auf Bergspitzen oder grünen Wiesen, überdauern den Winter, warten auf ihre Zeit. Wenn sie kommt, heißt es aufpassen, denn "wenn sich die Gelegenheit bietet, eine Gemeinheit zu begehen, lässt der Schneemann sie selten aus."