Spenge-Lenzinghausen. Christel Lanfermann sieht keine Perspektive mehr. Ein verantwortungsvoller Kaufmann müsste sich in ihrer Lage mit dem Gedanken beschäftigen, Insolvenz anzumelden. Soweit mag die Geschäftsführerin des Musikcorps Lenzinghausen noch nicht denken. Doch sieht sie sich mit einer prekären Situation konfrontiert. Dem Corps brechen die Einnahmen so massiv weg, dass sie und der 2. Vorsitzende David Christoffer nicht mehr wissen, was die Zukunft bringt.
Schuld daran sei die Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg im Juli 2010. Danach sind die Sicherheitsauflagen bei Stadtfesten und ähnlichen Veranstaltungen - also genau dort, wo das Musikcorps auftritt - enorm verschärft worden. "Das kostet die Veranstalter eine Menge und da ihnen das Geld fehlt, werden wir nicht mehr engagiert", erklärt Christoffer. "Wir sind bei diesen Festen ja immer eine Art Luxus." "Im Jahr vor Duisburg hatten wir immer so um die 26 Auftritte pro Jahr. In diesem Jahr sind es kaum 10", erklärt Christel Lanfermann. Diese weggefallenen Gagen fehlten.
Sorgen
"In unserer Satzung haben wir auch die Pflege des Brauchtums verankert. Wir wissen aber absolut nicht, wie wir dem nachkommen sollen", sagt Christel Lanfermann. Sie sorgt sich um den Bestand des Musikcorps Lenzinghausen von 1965. Ob das Corps das Jubiläum 2015 erlebt, weiß sie derzeit nicht. Und sie zweifelt daran. (-as)Das Musikcorps spare, wo es geht. Das erläutert Christoffer: "Im Winter haben wir die Übungsstunden aus unserem Vereinsheim in die Halle der Realschule verlegt, um Kosten für die Heizung zu sparen. Wir sind dankbar, dass wir dort trainieren dürfen, doch wirkt es sich natürlich negativ auf die Vereinsgemeinschaft aus, dass wir dort danach nicht mehr gemütlich zusammensitzen können."
Auch beim Stromverbrauch sparen die Lenzinghausener. "Wir haben überall Zwischenzähler installiert. Wir sparen Wasser und seit einiger Zeit fahren wir auch - wenn es möglich ist - mit den privaten Autos zu den Veranstaltungsorten, statt mit dem Bus", erläutert der 2. Vorsitzende.
Selbst bei den Uniformen setzen die Mitglieder den Rotstift an. Christel Lanfermann: "Die Jacken sind erst vier Jahre alt. Die sind noch o.k. Aber die Hosen sind bald hin." Christoffer: "Zudem müssen wir sehen, dass wir billig an Stoff kommen und die Majoretten oder ihre Mütter günstige Bodys selbst umnähen."
Ähnlich sehe es bei den Musikinstrumenten aus. "Dringend brauchen wir ein neues Schlagwerk", sagt Christoffer. "Und ein neues Tenorhorn. Und das kostet. 1.000 Euro sind da die absolute Untergrenze."
Geld koste auch der musikalische Ausbilder des Musikcorps. Zweimal die Woche unterrichtet der die 20 Musiker in Lenzinghausen. "Wir bieten jungen Menschen für 15 Euro Beitrag im Jahr eine qualitativ gute Ausbildung. Die Kinder haben viel Spaß an der Sache", sagt Lanfermann. Und: "Den Ausbilder müssen wir behalten können. Sonst sind wir weg. Wir wissen nicht mehr, wie es weitergehen soll."
Noch gebe es andere Möglichkeiten, das Musikcorps am Leben zu halten. "Aber ewig die gleichen Leute und Institutionen anbetteln will ich auch nicht", sagt die Geschäftsführerin. Doch neue Sponsoren zu finden, sei schwer. "Ich habe viele große und kleine Unternehmen in Spenge und Umgebung angeschrieben. Bei ganz vielen habe ich nicht einmal eine Eingangsbestätigung bekommen; geschweige denn eine Antwort auf meinen Brief." Und einmal habe sie eine Antwort erhalten, die sie erzürnte: "Die schrieben, dass sie nur Golfsport sponsern . . . Und ich hätte mich schon über 100 Euro gefreut."