Enger. Rinder gibt es seit Jahren nicht mehr auf dem Hof Ebmeyer, bis vor kurzem gab es ausschließlich Schweine in den Ställen. Seit Mitte November halten Vater Klaus-Dietrich und Sohn Matthias Ebmeyer wieder eine Kuh - die jedoch mit den Wiederkäuern der früheren Zeiten nur wenig gemein hat. Denn statt Milch erzeugt sie Strom und Wärme. Und das nicht zu knapp.
Knapp ein halbes Jahr dauerten die Bauarbeiten an der neuen Biogasanlage, die mit ihren beiden Türmen schon von weitem zu erkennen ist. "Ich nenne sie unsere Beton-Kuh", sagt Matthias Ebmeyer, der für den Betrieb der auf eine Leistung 500 Kilowatt Strom und Wärme ausgelegten Anlage zuständig ist. Der riesige grüne Wiederkäuer bedarf genau so viel Aufmerksamkeit und Pflege wie sein geflecktes Pendant auf der Weide. Und beide produzieren Methangas - nur mit dem Unterschied, dass die Ausdünstungen der Beton-Kuh gewünscht sind und mit moderner Technik zu Strom verarbeitet werden.
Biogasanlagen
Die Biogasanlage wird mit einem Gemisch aus zerhäckseltem Mais und Gülle beschickt.In der Fermentierungsanlage produzieren verschiedene Bakterien Methangas.
Das dabei entstehende Substrat wird – wie Gülle – auf die Felder ausgebracht.
Ein Jahr Planung war dem ersten Spatenstich im April vorausgegangen (dieNW berichtete). Dann drückte die Zeit: Da zum Jahreswechsel eine Novellierung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) in Kraft trat, musste der Motor der Biogasanlage spätestens bis zum 31. Dezember laufen. "Wir haben dann aber mit dem Wetter viel Glück gehabt", sagt Ebmeyer.
Der Bau kam planmäßig voran, die für den Betrieb nötige Gülle wurde von der Schweinemast gesammelt. Rund 1.000 Kubikmeter fasst der Aufnahmebehälter. Ein paar Nummern größer ist das Silo für den Mais. Auf einer fußballfeldgroßen Fläche lagern 9.000 Tonnen der geschredderten Pflanzen. Da passt es nur zu gut, dass das Lager bei Dämmerung und Dunkelheit von einer ausrangierten Flutlichtanlage eines Sportplatzes aus Besenkamp beleuchtet wird, die Ebmeyers der Stadt abgekauft hatten.
Die Strahler sind auch nötig, damit auch zu besonders früher und später Stunde gearbeitet werden kann. Denn die im Turm aktiven Bakterien brauchen rund um die Uhr Nachschub vom aus 70 Prozent aus Mais und aus 30 Prozent Gülle bestehenden Gemisch. Insgesamt 26 Kubikmeter werden dem insgesamt 3.600 Kubikmeter fassenden Fermentierer-Turm täglich zugeführt.
Eine enorme Menge, die auch Kritiker auf den Plan ruft. Doch die Einwände, dass Landwirte inzwischen eher für Biogas-Anlagen oder E10-Sprit Mais anbauen, will der 31-Jährige nicht gelten lassen. "Wir bauen weiter hauptsächlich Weizen an", sagt er. "Von einer ,Vermaisung der Äcker kann also keine Rede sein." Zudem verweist er darauf, dass die Preise für Agrarerzeugnisse in den vergangenen Jahren erheblichen Schwankungen unterlegen seien, was eine betriebswirtschaftliche Kalkulation schwierig mache. "Mit der Biogas-Anlage haben wir jetzt auf 20 Jahre ein stabiles weiteres Standbein erhalten, da sind die Preise garantiert."
Gesichert ist für die Ebmeyers und ihre Nachbarn auch ein geheiztes Heim, da mit einem ausgeklügelten Rohrsystem die Abwärme des Motors weitergeleitet wird. Auch die Gewächshäuser der eineinhalb Kilometer entfernten Gärtnerei Laege werden von der Ebmeyerschen Biogas-Anlage erwärmt. Der gewonnene Strom wird wiederum komplett ins Netz eingespeist.
Obwohl es in den mächtigen Türmen bereits gluckert, sind die Bauarbeiten noch nicht ganz abgeschlossen. Im Frühjahr werden noch Wege geteert und Wälle begrünt. Und auch sonst bleibt noch eine Menge zu tun. "Man muss schon Spaß an der Arbeit haben", sagt Ebmeyer. "Immerhin steht man an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden in der Pflicht."