Enger/Besenkamp

Würstchen im Sekundentakt

Die Fleischermeister-Dynastie Pilz gewährt einen Blick in ihre Wurstküche

21.12.2009 | 21.12.2009, 00:00
Azubi Matthias Macion hängt die Wurstproduktion des Morgens auf Gestelle aus Edelstahl, wo sie bis zum nächsten Tag trocknen und sich in Form hängen. - © FOTO: MARTINA CHUDZICKI
Azubi Matthias Macion hängt die Wurstproduktion des Morgens auf Gestelle aus Edelstahl, wo sie bis zum nächsten Tag trocknen und sich in Form hängen. | © FOTO: MARTINA CHUDZICKI

Enger/Besenkamp. Wutsch, wutsch, wutsch . . . Im Sekundentakt flutschen die Bratwürste aus der Füllmaschine. Fleischergeselle Horst Pilz steht daneben und passt auf. Jedes Mal, wenn einer der meterlangen Schweinedärme mit genügend Brät gefüllt und automatisch portioniert worden ist, zieht er einen neuen hauchdünnen Darm auf die Maschine. Und weiter geht’s. Gleich nebenan arbeitet sein Bruder Helmut. Konzentriert vermengt der Fleischermeister in einem riesigen Trog feingehacktes Schweine- und Rindfleisch mit allerlei Gewürzen und sorgt so für den nötigen Nachschub im Darm. In ihrer Reihe "Hinter verschlossenen Türen" schaut die NW heute in die Wursteküche der Fleischerei Pilz. Und die ist nicht nur für ihre Bratwürste bekannt.

Schon seit kurz vor sechs Uhr sind Helmut und Horst Pilz sowie der dritte Fleischer im Bunde, Meister Andreas Pilz, auf den Beinen. Im Schlachthof in Herford haben sie in aller Frühe Fleisch für ihre heutige Tagesproduktion eingekauft und in ihre Fleischerei in Besenkamp gebracht. Thüringer Mett, Gehacktes, frische Bratwürste und auch geräucherte Würste werden an jedem Tag der Woche in dem blitzsauberen Familienbetrieb hergestellt.

Heute stehen zusätzlich vorgebrühte Bratwürstchen und die "Schlesischen" auf dem Plan. Letztere werden nur im Dezember produziert. Die Saison reicht vom 1. Advent bis Silvester. Für die "Schlesischen" reisen die Kunden dann aber auch aus ganz Ostwestfalen und dem benachbarten Niedersachsen an.

Das Rezept für diese besonderen Würste, die im Gegensatz zur Bratwurst mit einem hohen Anteil Kalbfleisch, Milch, Schweinespeck und einem Schuss Zitronensaft hergestellt werden und deshalb fast weiß sind, hat er von seinem Vater Franz übernommen. Gut 30 Kilogramm Fleisch wandern heute in die Produktion der Schlesischen. Das, so rechnet Andreas Pilz vor, ergibt rund 200 Würste. Im Gegensatz zur ganz normalen Bratwurst entsteht die Schlesische ausschließlich in Handarbeit. "Sie wird in Schafsdärme, so genannte Saitlinge, abgefüllt", erläutert der Juniorchef. Und die sind um einiges dünner und damit empfindlicher als ein Schweinedarm. "An der Maschine würden uns die Därme beim Befüllen reißen."

Derweil rattert die Füllmaschine im Hintergrund munter weiter. Etwa 1.000 Bratwürstchen wird sie heute morgen ausspucken. Wenig im Vergleich zur Sommerproduktion. In der Grillsaison werden hier schon mal bis zu 10.000 Bratwürste abgefüllt.

Heute sind gut 100 Kilo Rind- und Schweinefleisch zunächst im riesigen Fleischwolf zerkleinert worden. Etwa die Hälfte davon wandert zusätzlich in den Cutter, der das Fleisch in einen sämigen Brei verwandelt. Zusammen mit Gewürzen und allerlei anderen Zutaten werden sowohl das grobere Hack als auch der feine Fleischbrei im Trog aus Edelstahl zunächst von Hand vermengt und schließlich noch einmal maschinell nachbearbeitet. Das Umschichten der klebrigen Wurstmasse vom Trog in die Mischmaschine und von dort in den Trichter der Füllmaschine erfordert einiges Geschick. "Wenn man nicht aufpasst, rutscht einem der Wurstebrei schnell mal aus den Händen und bleibt an der Schürze kleben", weiß Andreas Pilz. Das passiere vor allem Anfängern.

Über dieses Stadium ist Lehrling Matthias Macion aber schon hinaus. Er ist bereits im dritten Lehrjahr. Heute morgen ist er unter anderem dafür zuständig, die frisch abgefüllten Bratwürste in den Brühkessel zu heben. Dort sieden sie bei etwa 80 Grad zehn bis fünfzehn Minuten. Mit einer großen Schaumkelle schöpft der Azubis sie danach hinaus und wirft sie zum Abkühlen in ein Becken mit eiskaltem Wasser. So abgeschreckt werden die Würste schließlich in Reih und Glied zum Trocknen aufgehängt. In den Verkauf kommen sie erst am nächsten Tag. "Es ist besser, wenn sie einen Tag ruhen", so Helmut Pilz.

Die Wurstproduktion für heute ist beendet, der Arbeitstag für die Fleischer aber noch lange nicht vorbei.

Im Dampfgarer schmurgeln noch leckere Kohlrouladen vor sich hin, andere Bratenstücke müssen mariniert und vorbereitet werden, die Bestände geprüft, die Pläne für die nächsten Arbeitstage ausgearbeitet und nicht zuletzt sämtliches Arbeitsgerät penibelst gesäubert werden.

Helmut Pilz hat aber auch dann manchmal noch nicht genug und steht am Nachmittag nicht selten im Ladengeschäft, in dem ansonsten die Frauen der Familie das Regiment führen. Ehefrau Hannelore, Tochter Stefanie und Schwiegertochter Ilona bringen hier unterstützt von Fachverkäuferin Julia Binder an den Mann und an die Frau, was ihre Männer angerichtet haben.

Und da darf es für viele Kunden gern auch mal etwas mehr sein ...