Tod eines „Disco-Königs“: Der brutale Dreifachmord von Enger

Enger. Es ist Montag, der 26. August 1985, irgendwann am Nachmittag: Ein Bekannter des Bielefelder Disco-Königs Hans-Günter Eickhoff betritt die Polizeiwache in Enger. Den Beamten meldet er einen grausigen Fund: Er hat Eickhoff auf dessen Reiterhof im Ortsteil Oldinghausen tot im Schlafzimmer aufgefunden. Erschossen. Detlev Göhner ist damals ein junger Streifenpolizist, gerade mal 24. Seit zwei Jahren arbeitet er auf der Wache in Enger. Auch an diesem Nachmittag hat er Dienst. Mit einem Kollegen und Eickhoffs Bekannten macht er sich sofort auf den Weg. Was die Polizisten zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen: Sie haben es in Oldinghausen mit dem Schauplatz gleich dreier brutaler Morde zu tun. Vier Jahrzehnte später kann sich Detlev Göhner, inzwischen im Ruhestand, noch immer gut an jenen Tag erinnern. &bdquo;Es hat so einige Dinge gegeben, die einen in der Karriere berührt haben“, sagt er. &bdquo;Dieser Fall gehört dazu.“ Ein solches Verbrechen habe er in seiner Laufbahn nur einmal erlebt. Im NW-Gespräch schildert er, was ihn damals am Tatort erwartete. So erinnert sich der Polizist an den Tatort Als die Polizisten auf dem Reiterhof ankommen, ist die Tür des Hauptgebäudes nur angelehnt. Sie treten ein, schauen sich um. &bdquo;Rechts war zunächst das Büro“, erinnert sich Göhner. Im Schlafzimmer dann finden sie Eickhoff. Der 42-Jährige habe auf dem Bett gelegen, der Körper &bdquo;verdreht“, schildert er weiter. &bdquo;Man sah schon, dass er erschossen wurde. Und dass er tot war.“ Neben dem Bett - als wäre die Szenerie nicht schon makaber genug - dudelt ein Radio. &bdquo;Das war schon surreal.“ Die beiden Polizisten öffnen die Tür zum benachbarten Schlafzimmer. Dort liegt ein weiterer Mann tot im Bett - Eickhoffs Mitarbeiter Volker V. (28). &bdquo;Auch er war erschossen worden.“ Hinter dem Bett, auf dem Boden, finden die Beamten schließlich ein drittes Opfer: Es ist Annette S., die junge Freundin des &bdquo;Discokönigs“, gerade 21. Ein Mädchen aus der Oldinghauser Nachbarschaft. Mehr True Crime-Fälle aus OWL gibt´s hier. Insgesamt 13 Schüsse auf die Opfer abgegeben &bdquo;Durch Kopfschüsse“ seien die Opfer &bdquo;buchstäblich ’hingerichtet’ worden“, wird die NW ein paar Tage nach der Tat berichten. Insgesamt seien 13 Schüsse auf die drei abgefeuert worden. Wie geht man damit um, wenn man aus dem Nichts mit einem so brutalen Verbrechen konfrontiert wird? &bdquo;Man war schon geschockt“, sagt Detlev Göhner. &bdquo;Auf so etwas kann man sich nicht vorbereiten.“ In dem Moment denke man nicht mehr nach. &bdquo;Man handelt nur noch.“ Die beiden Polizisten wollen sichergehen, dass es in dem Gebäude nicht noch mehr Tote gibt. &bdquo;Wir haben daher alles grob einmal abgesucht.“ Weitere Opfer finden sie dabei nicht. Im Büro jedoch steht der Tresor offen - ein &bdquo;uraltes“ Exemplar. Auf offensichtliche Einbruchspuren seien sie aber nicht gestoßen. Ein bisschen unordentlich habe es in dem Haus zwar ausgesehen, aber eher wie nach einer Feier. Als Detlev Göhner und sein Kollege den Hof absperren, kommen bald die ersten Menschen aus dem Ort dazu. Auf dem Land spricht sich schnell rum, wenn etwas nicht stimmt. Viele hätten sich vor allem um Annette S., das Mädchen aus der Nachbarschaft, gesorgt, sagt der heute 64-Jährige. Auch interessant: Die meisten Mordkommissionen im Kreis - Warum Spenge trotzdem im Vergleich sicher ist Fassungslosigkeit und Bestürzung Mit den weiteren Ermittlungen hat Detlev Göhner, damals noch Streifenbeamte, dagegen nichts mehr zu tun. Eine Mordkommission wird eingerichtet. Die Einzelheiten des Verbrechens, die Suche nach den Tätern, ihre wilde Flucht, die Festnahme - von all dem erfährt auch er letztlich aus der Presse. In Enger und Umgebung löst der brutale Dreifach-Mord Fassungslosigkeit und Bestürzung aus. Auch bundesweit sorgt der Fall für Schlagzeilen. Aus alten Berichten der NW und der dpa lässt sich rekonstruieren, was damals in der ländlichen Abgeschiedenheit Oldinghausens passiert ist. Hans-Günter Eickhoff ist zu jener Zeit eine schillernde Persönlichkeit - wenngleich nicht unumstritten. Der Sohn eines Kleiderfabrikanten hat Ostwestfalen in den 70er und 80er Jahren mit dem Disco-Fieber infiziert, er hat mehrere Läden in Bielefeld. Er polarisiert, gilt als Liebhaber schöner Frauen, exklusiver Sportwagen und edler Pferde. &bdquo;Auf viele wirkte der kleine eitle Mann, der ’Büben’ genannt wurde, arrogant und abgehoben. In den 70er-Jahren beherrschte er die Nachtszene der Stadt fast ganz allein und baute ein kleines Imperium auf. Doch dann gab es einen Knick. Gäste blieben aus“, schrieb die NW. 1983 habe sich Eickhoff schließlich von allen Läden trennen müssen. Sein Reiterhof soll dem 42-Jährigen ein Rückzugsort gewesen sein. Doch wer hat ihn und die beiden anderen umgebracht - und warum? Schnell fällt der Verdacht auf den 23-jährigen Michael M. aus dem Kreis Lippe und den 25 Jahre alten Wolfgang J. aus Detmold (Namen von der Redaktion geändert). Die Mörder fliehen ins Ausland Wie die NW berichtete, haben die drei Opfer am Abend des 25. August auf Eickhoffs Reiterhof gefeiert. Michael M. soll sich währenddessen unbemerkt Zugang zum Gebäude verschafft haben. Als sich Eickhoff, seine Freundin und sein Mitarbeiter gegen Mitternacht ins Bett verabschieden, lässt M. seinen Komplizen Wolfgang J. ins Gebäude. Beide sind bewaffnet.Ein paar Monate zuvor waren sie Medienberichten zufolge schon einmal in das Anwesen eingedrungen und hatten 30.000 D-Mark erbeutet. Nun gibt es Gerüchte, im Tresor des einstigen Nachtclub-Königs lägen 50.000 Mark. Ihr Beutezug endet mit dem Tod dreier Menschen. Nach der Tat fliehen die Mörder ins Ausland. Michael M. - schlank, blondes Haar, blaue Augen - setzt sich an die spanische Costa Brava ab. Wolfgang J. - dunkle Haare, Totenkopf-Tattoo auf dem Arm - flüchtet nach Frankreich. Weltweit wird nach ihnen per Haftbefehl gefahndet. Dann, gerade mal zwei Wochen nach der Tat, klicken bei beiden die Handschellen. Im Juni 1987 werden sie zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen gemeinschaftlichen Mordes in drei Fällen verurteilt. Wie die dpa damals berichtet, haben die Mörder bei dem Überfall lediglich 5.000 D-Mark und ein Auto des Opfers Eickhoff erbeutet. Geiselnahme im Gefängnis Später im Gefängnis begeht Michael M. eine weitere brutale Tat: 1992 nimmt er in der JVA Werl gemeinsam mit einem anderen Schwerverbrecher sechs Menschen als Geiseln. 13 Stunden haben sie sie Medienberichten zufolge in ihrer Gewalt. Zwei von ihnen übergießen sie mit Wundbenzin. Als das SEK stürmt, zündet M. die Geiseln an. Sie tragen schwerste Verbrennungen davon. Michael M. befindet sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft Bielefeld nach wie vor in Haft. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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