Bünde. Lange haben die Bünder gerätselt, was in dem alten Landratsamt am Tönnies-Wellensiek-Platz vor sich geht. Noch sind die Schaufenster mit Papier verklebt, doch vereinzelt hören Passanten bereits dumpfe Hammerschläge und Sägegeräusche. Jetzt haben Ernst Ferdinand Zimner und sein Sohn Tillmann das Geheimnis gelüftet. In dem denkmalgeschützten Haus soll eine Bäckerei mit angeschlossenem Café auf 304 Quadratmetern entstehen - mit Bistro, Kinderspielecke und Rauchersalon.
1,3 Millionen Euro will die Familie Zimner, die im Kreis Herford und Lippe 17 Filialen unter dem Namen Bäckerjunge betreibt, für den Umbau des Hauses in die Hand nehmen. Ein Mammut-Projekt, zumal das Gebäude, 1820 als Landratsamt für Bünde und Lübbecke gebaut, stark renovierungs- und restaurierungsbedürftig ist. Nachdem das Haus 30 Jahre als Rathaus genutzt und der Landratsamtsbezirk aufgelöst wurde, hatte der Bünder Tabakbaron Tönnies Wellensiek das Gebäude gekauft und als Wohnhaus umgebaut. Erhalten sind ein historischer Treppenaufgang mit bleiverglasten Fenstern und Holzschnitzereien sowie ein Ratssaal. Der Rest des Hauses befindet sich einem eher schlechten Zustand.
Familiengeschichte des Hauses
Nach 150 Jahren im Familienbesitz der Familie Wellensiek wurde das Haus im Jahr 2009 an die Bäckerei Zimner verkauft. Die letzte noch lebende, direkte Angehörige, die heute in München lebt, wollte im Alter von 87 Jahren ihren Nachlass ordnen und entschloss sich, da kinderlos, zum Verkauf des Hauses, indem sie selbst aufgewachsen war. Zumal die Kinder ihrer Schwester auch keine Verwendung für das Gebäude hatten. Die Familie Zimner möchte zunächst nur die Fläche sanieren, die sie gewerblich nutzen wird. In zwei weiteren Flügeln des Hauses befinden sich Wohnungen.Davon wollen sich die Zimners, die das Gebäude gekauft haben, aber nicht entmutigen lassen. Nach einer langen Konzept- und Investitionsphase, steht ihr Plan nunmehr fest. "Das alte Gebäude wird nach neuesten Erkenntnissen des Denkmalschutzes umgebaut, wobei sein ursprünglicher Charakter erhalten und sogar betont werden soll", so Ernst Ferdinand Zimner, der gestern mit dem zuständigen Architekten Lars Jacob eine Hausbesichtigung vornahm. Historische Türrahmen, Heizkörper und Bodenfliesen sollen demnach erhalten bleiben.
Das geplante Café wird 70 Gästen Platz bieten - in einem gemütlichen, stilvollen Ambiente, das von großen Fensternischen geschaffen wird. Herzstück des Ganzen soll die 20 Quadratmeter große Backstube sein, in der vor den Augen der Gäste Backkunst betrieben wird. "Für diesen Zweck wird eine aufwändige Ofentechnik eingebaut", informieren die beiden Bäcker. Freie Sicht auf das Treiben der Handwerksmeister wird eine große Glasscheibe bieten, die die Backstube vom Café abgrenzen soll.
Im Rauchersalon wird sich die Historie des Hauses und der Stadt widerspiegeln. Unterstützt werden die Zimners dabei vom Bünder Tabakmuseum, das einige Exponate und alte Fotos zur Dekoration beisteuern wird. "Kurzum, es soll Bündes gute Stube werden", sagt Ernst Ferdinand Zimner. Für ihn ist das Bünder Café das bisher größte Projekt, das der Spradower Bäckermeister im Kreis Herford verwirklicht. "Bisher haben wir uns nicht genug um unsere Heimat gekümmert", räumt Tillmann Zimner ein. Das habe auch daran gelegen, dass die Familie lange auf eine passende Gelegenheit gewartet habe. Diese biete das alte Landratsamt nun in optimaler Weise. Die Filiale einige Meter weiter an der Wilhelmstraße will die Familie indes schließen.