Bünde. Eine nächtliche Fahrt im September 2008 sollte für Dominik W. (Name geändert) Konsequenzen haben. Obwohl er zu der Zeit keinen Führerschein besaß, baute der Bünder mit dem Auto seiner Ex-Freundin einen Unfall, flüchtete, wurde aber gefasst. Niemand wurde verletzt, doch war auch Alkohol im Spiel. Die Geldstrafe - insgesamt 2.250 Euro - folgte auf dem Fuß. Obwohl er sich an die vereinbarte Ratenzahlung hielt, soll der 26-Jährige jetzt den Rest von rund 1.600 Euro auf einmal zahlen - falls nicht, drohen ihm zwei Monate Knast.
Den Anlass für die Haftstrafe begründet der mit dem Fall beauftragte Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft Bielefeld vor allem damit, dass Dominik W. bei der Einkommensauskunft seinerzeit nicht die erforderlichen Belege eingereicht habe. W. sagt, er habe diese nachgereicht, sie seien angeblich aber nicht angekommen. "Inzwischen liegen der Staatsanwalt alle erforderlichen Unterlagen vor", sagt Rechtsanwalt Norbert Falk von der Bünder Kanzlei Falk und Partner.
Im Gespräch mit der NW räumte er ein, dass bei dem Schriftwechsel, den sein Mandant mit der Staatsanwaltschaft geführt habe, zwar einiges schiefgelaufen sei. Die angedrohte Haftstrafe hält er allerdings für alles andere als angemessen, zumal sein Mandant die ganze Zeit über seine Raten gezahlt habe und weiter zahlungswillig sei.
"Ich habe schon ein mulmiges Gefühl, weil ich jeden Tag damit rechnen muss, in Handschellen aus meiner Wohnung abgeführt werden zu können", sagt Dominik W., der inzwischen allein lebt. Genau das kann passieren. Finanziell sei er nämlich kaum in der Lage, den Geldbetrag kurzfristig auf einmal zu entrichten. Aus diesem Grund hatte der 26-Jährige seinerzeit auch die Ratenzahlung mit der Staatsanwaltschaft vereinbart mit monatlichen Beträgen von 50 Euro.
Die "Ladung zum Strafantritt" in der JVA Bielefeld-Senne hatte der Bünder am 7. September erhalten. Das Strafmaß: 55 Tagessätze á 30 Euro = 1.650 Euro. Anzutreten binnen eines Monats. Mit Schreiben vom 15. September 2010 teilte die Staatsanwaltschaft Bielefeld Rechtsanwalt Falk mit, dass W. lediglich sein Einkommen mit 900 Euro angegeben und die Monatsmiete mit Nebenkosten auf 480 Euro beziffert habe. Gleichzeitig habe er eine Reduzierung der Rate auf 30 Euro beantragt, was abgelehnt wurde. Erst nach der Ladung zum Strafantritt am 7. September sei ein Beleg über die monatlichen Einkünfte eingereicht worden.
Auch Nachweise über seine Schulden fehlten noch. Norbert Falk teilte der Staatsanwaltschaft am 24. September als Hauptgrund dafür mit, dass sich sämtliche Unterlagen im Besitz des Schuldnerberater befinden würden. Der Rechtsanwalt informierte Bielefeld weiter darüber, dass sein Mandant zum 1. November des Jahres eine feste Anstellung als Lagerarbeiter bei einem Versandunternehmen gefunden habe - übrigens auf eigene Initiative - und ab dann die Ratenzahlungen sogar auf 100 Euro erhöhen könnte. "Wenn er die Haftstrafe antreten müsste, würde er seinen neuen Job aber verlieren."
Schon um das zu verhindern, hat der Rechtsanwalt am 4. Oktober beim Amtsgericht Bünde den Antrag gestellt, "dass die gegen seinen Mandanten verhängte Ersatzstrafe gem. § 459 f. StPO wegen einer unbilligen Härte zu unterbleiben hat." "In meiner 13-jährigen Berufspraxis ist so etwas noch nicht vorgekommen", so der Anwalt. Ausführlich schildert er in dem Schreiben an das Gericht den Fall seines Mandanten. "Ich habe noch keine Antwort von dort erhalten."
Er erhofft sich, dass die zuständige Richterin kurzfristig im Sinne seines Mandanten entscheidet. Die von der Staatsanwaltschaft Bielefeld angeforderte Stellungnahme lag gestern bis Redaktionsschluss nicht vor.