Bünde. Egal ob in der Gastronomie geraucht werden darf oder nicht, der blaue Dunst bleibt fest in der Gesellschaft verankert. Doch in Deutschland wird nicht nur Tabak konsumiert, sondern auch angebaut. Er soll sogar recht gut sein. Das Tabak- und Zigarrenmuseum widmet in seiner zukünftigen Dauerausstellung eine eigene Abteilung dem Tabakanbau in Deutschland.
"Es werden hier qualitativ hochwertige Tabake angebaut, gleichwohl gibt es das hartnäckige Klischee, deutscher Tabak sei nicht sehr gut", erzählt Museumsleiter Michael Strauß. Die Pflanze gilt eigentlich als wärmeliebend und ist deshalb in tropischen Regionen verbreitet.
Doch weil sie verhältnismäßig robust ist, kann sie nach Auskunft des Tabak-Experten sogar in Schweden gedeihen. In der Bundesrepublik gibt es Anbaugebiete zum Beispiel in der Südpfalz, am Oderbruch und in der Nähe des niedersächsischen Oldenburgs.
Für die neue Ausstellung recherchierten Museumsmitarbeiter geeignete Exponate, die dieses Thema illustrieren. Dabei bekamen sie spontane Hilfe vom Bünder Tabakfachmann Rüdiger Lutz Will, der bereits als Kind die heimische Tabakproduktion hautnah erlebt. Sein Vater war Mitbegründer der Rauchtabakfabrik Otto Beckmann & Co in der Borriesstraße. Die inzwischen erloschene Firma vertrieb verschiedene Tabake, unter anderem die sehr bekannte Marke Türkenkost.
"Von dieser Marke gab es eine Sorte, die speziell aus deutschem Tabak bestand und früher steuerbegünstigt verkauft werden durfte", berichtet Strauß. Eine weitere Sorte aus dem Hause Beckmann mit ausschließlich deutschem Tabak wurde als "Amsterdamer Portorico" verkauft.
Bei beiden Produkten nutze der Hersteller den Steuervorteil, aber versuchte die Herkunft des deutschen Tabaks zu verschleiern, indem er mit fremd klingenden Namen exotische Sehnsüchte der Konsumenten ansprach.
"Als ich Herrn Will erzählte, dass ich auf der Suche nach solchen Exponaten sei, hat er in seinem Fundus so lange gesucht, bis er zwei originale Päckchen fand. Somit können wir jetzt in der Ausstellung eine absolute Rarität präsentieren", erzählt Strauß. In den vergangenen Jahrhunderten haben deutsche Regierungen immer wieder versucht, heimische Tabakpflanzungen zu fördern. Der Genuss deutschen Tabaks wurde beispielsweise steuerbegünstigt und konnte somit billiger verkauft werden.
Und noch etwas "Heimisches" organisierten Museumsmitarbeiter für die neue Ausstellung, diesmal aus ihrem eigenen Magazin: sehr merkwürdig aussehende Zigarren ähnliche Gegenstände, die als "Eigenheimer" bezeichnet werden.
"Man kann dabei nicht wirklich von gedrehten Zigarren sprechen, sondern sie wurden vor 1950 mehr oder weniger gebastelt. Diese sogenannten Eigenheimer stammen aus Schleswig-Holstein", erklärt Strauß.
Auch wenn sie nicht von der hohen Kunst des Zigarrenmachens zeugen, sind sie ein weiteres Beispiel für den Konsum deutscher Tabake.