
Bünde. Das locker um die schmalen Hüften flatternde Hemd ist schweißgetränkt und nicht mehr hell, sondern dunkelrot. Die wirr frisierten Haare kleben Bobby Ballasch im Gesicht. Dennoch zeigt der Mick-Jagger-Imitator mit seiner Band "Voodoo Lounge" nicht den Hauch einer Ermüdungserscheinung. Wie ein Aufziehmännchen hüpft, springt und rennt Ballasch über die Bühne und hat 500 Konzert-Gäste in Nullkommanichts mit dem Virus seiner energiegeladenen Darbietung infiziert.
Wer die Augen schloss, der konnte am Samstagabend im Stadtgarten eine Zeitreise zurück in die besten Jahre der Rockmusik erleben. Was "Voodoo Lounge" und "ReCartney" zu bieten hatten, erinnerte sehr stark an die Originale, Beatles und Stones. Zeitweise wähnte man sich im Cavern Club (also wirklich in Liverpool), ne halbe Stunde später waren bei Titeln wie "Sympathy for the Devil" "Stones in the Park" angesagt. Gelegentlich mit Soli, wie man sie von den großen Vorbildern nie gehört hatte.
Aber auch optisch versuchten "Voodoo Lounge" und "ReCartney", den Rock-Ahnen nachzueifern. So stand bei den Stones-Covern mit Dennis Czerner ein Mann an der Sologitarre, der Fans im Glauben bestärkte, Brian Jones lebe doch noch. Sänger Bobby Ballasch sieht tatsächlich aus wie das Ergebnis eines Seitensprungs des großen Mick Jagger. Martin Hauke weckt - sicher nicht ganz ungewollt - Erinnerungen an Mick Taylor. Und nur zwei der "neuen" Stones aus Niedersachsen fallen etwas aus dem Rahmen.
Mit einem Keith Richards konnten "Voodoo Lounge" nicht dienen (angesichts des Vorbildes wohl auch ein Ding der Unmöglichkeit). Und Immo Beuse, bei "Voodoo Lounge" der Mann am Bass, hat sich allein am Samstagabend in Bünde mehr bewegt als Bill Wyman, Vorbild in der Stones-Urbesetzung, während einer gesamten Welttournee.
Musikalisch hingegen kamen "Voodoo Lounge" den Stones schon sehr nahe. "Start me up", "Tumbling Dice", "Sympathy for the Devil" und "Honky Tonk Women" hat man von den Originalen live kaum besser in Erinnerung.
"ReCartney", nach Bünde unter der Überschrift "Beatles meet Stones" zum Abend-Event gekommen, standen der Konkurrenz aber in nichts nach. Benny Lane zum Beispiel, "der Harrison", ist an der Gitarre ein ganz Großer, John McSchau, mit bürgerlichem (Vor-)Namen Silvio, gab perfekt den John Lennon und dass Bassist und Sänger Tom Macca kein Linkshänder ist (wie das große Vorbild Paul McCartney), sieht man dem jungen Mann aus dem Osnabrücker Land gern nach. Mutig, dass die vier "Neo-Beatles" manches Original um Eigenes anreicherten, den Titeln schadete das nicht. Und "Come together" bekam so sogar zusätzlichen Drive.
Den hatte die Zugabe (RocknRoll Music) ohnehin. Und auch "Voodoo Lounge" griffen auf Wunsch des begeisterten Publikums kurz vor Mitternacht mit Satisfaction noch einmal kräftig in die Saiten.
Ein gelungener Abend, der für Carsten Müller und sein Team allerdings mit Stress begann. Im Stadtgarten hatte man sich angesichts von nur 175 im Vorverkauf abgesetzten Karten schon auf wenig Arbeit und rote Zahlen eingerichtet. Dann aber fanden sich mehr als 500 Gäste ein, die Service-Crew hatte alle Hände voll zu tun. Und einem dritten gelungenen Abend des Liverpool Clubs nach seiner Wiederbelebung steht im Grunde nur noch die etwas zu rigide Terminplanung des Stadtgartens im Wege. "Die ganz Großen erwarten, dass wir unsere Termine nach ihnen ausrichten - nicht umgekehrt", bedauerte ein mit dem 13. März 2010 dennoch hochzufriedenes Clubmitglied.