Erstes Weihnachten für Skeptiker und Zweifler in Bünde

Bünde. An Heiligabend sind die Kirchen im Bünder Land seit Jahren voll wie sonst nie. Nur um sich, dann über die kommenden Tage wieder zu leeren. Während Weihnachten zu einem immer größeren Fest wird, spielt die Kirche im Leben vieler Menschen eine immer untergeordnetere Rolle. Viele haben vielleicht sogar den Glauben ganz verloren. Gemeindereferent Ulrich Martinschledde von der katholischen St. Josef Kirche möchte mit genau diesen "Skeptikern und Zweiflern" ins Gespräch kommen und plant eine Weihnachtsfeier der etwas anderen Art. "Die Weihnachtsgeschichten in den Evangelien sind superschöne Geschichten, aber das ist ja nie so passiert", sagt Martinschledde. Der Diplom-Religionspädagoge plant beim Weihnachten für Skeptiker auch historisch-kritisch auf die Überlieferungen der Evangelisten Lukas und Matthäus einzugehen. Denn beide nehmen sich erzählerische Freiheiten, um zu erklären, warum Jesus aus Nazareth kam, wenn doch immer vorhergesagt wurde, dass der Heiland aus Betlehem kommen soll. "Diese Volkszählung, wie in den Evangelien beschrieben, hat es ja nie gegeben", sagt Martinschledde. Vielmehr sei sie ein literarisches Mittel gewesen, um eben diesen Widerspruch zur Herkunft Jesu zu erklären zu versuchen. "Ich will auf die Botschaft hinter den Zeilen gucken. Was wollten die Evangelisten mit diesen Geschichten transportieren?" Und was können Menschen heute daraus ziehen, auch wenn sie zweifeln. "Es muss aber keiner missioniert werden. Es muss auch keiner singen", sagt Martinschledde. "Man ist danach nicht auf einmal katholisch." Vielmehr hofft er auch auf einen gegenseitigen Austausch. "Ich möchte mit den Leuten ins Gespräch kommen", sagt Martinschledde. Denn es gebe ja durchaus berechtigte Kritik an der katholischen Kirche. "Wir wollen aber auch die Botschaft senden: Wir nehmen euch wahr und wir nehmen euch ernst." "Trotzdem wird dieses religiöse Fest aufgeblasen ohne Ende" Da sich die Veranstaltung an Menschen richtet, die vielleicht eher ein schwieriges Verhältnis zur Kirche haben, soll die Teilnahme so einfach wie möglich gemacht werden. So ist keine Anmeldung erforderlich und die Veranstaltung beginnt zunächst außerhalb der Kirche. "Wir werden bei uns im Innenhof mit einem Lagerfeuer anfangen", sagt Martinschledde. "Denn am Lagerfeuer ist Religion entstanden." Dort hätten die Stammesältesten die ersten religiösen Geschichten an den Rest des Stammes weitergegeben. "Danach werden wir gemeinsam die Schwelle Kirche überschreiten", sagt Martinschledde. In der St. Josef Kirche gilt dann die Maskenpflicht. Auf Abstände werde dort geachtet. Dort soll dann die Weihnachtsgeschichte kritisch betrachtet und ins Gespräch gekommen werden. Zuviel dazu möchte Martinschledde aber noch nicht verraten. "Dann ist der Spannungsbogen nicht raus." Es soll aber auch in den Blick genommen werden, in welch schizophrener Situation sich das Weihnachtsfest aktuell befindet. "Früher hat ja zumindest die Oma mal noch was vom lieben Gott erzählt. Aber auch das gibt es in vielen Familien nicht mehr", sagt Martinschledde. "Trotzdem wird dieses religiöse Fest aufgeblasen ohne Ende." "Das hat mal gut getan, darüber zu sprechen" Los geht es am 25. Dezember um 17 Uhr vor dem Gemeindehaus der St.-Josef-Kirche in der Fünfhausenstraße. Eine medizinische oder FFP2-Maske sollte mitgebracht werden. Die Veranstaltung wird nicht länger als eine Stunde dauern. "Ich würde mich über Neugierige freuen", sagt Martinschledde. "Ich hab die Hoffnung, dass es danach den ein oder anderen gibt, die sagen: Das hat mal gut getan, darüber zu sprechen."

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