Wintereinbruch: Warum Lkw besonders häufig stecken bleiben

Bünde. Viel Geduld ist aktuell auf der Herforder Straße von den Auto- und Lkw-Fahrern gefordert. Wer die Situation kennt, sollte je nach Beschaffenheit seines Fahrzeugs eher die kaum geräumten Nebenstraßen nutzen, um ins Zentrum oder aus der Stadt raus zu kommen. Seit Montag steht dort der Verkehr mehr als dass er rollt und in den allermeisten Fällen sind es Sattelschlepper, die nicht mehr von der Stelle kommen, wenn sie erst einmal halten mussten. Die Gründe dafür sind überwiegend technischer Art und es gebe keinen Grund, einen Groll gegen die Fahrer zu hegen, die letztlich nur die Versorgung mit Gütern sicherstellen wollen, sagen die Polizei und ein Bünder Fahrlehrer. Dienstag, kurz vor Mittag, an der Kreuzung am "Dreiländereck": Ein Sattelschlepper steht in Richtung Autobahn vor der Ampel, die gerade auf Grün wechselt. Selbst zaghaftes Gasgeben des Fahrers bewegt den 40-Tonner nicht einen Zentimeter nach vorn - stattdessen eher zur Seite in Richtung Gehweg. Hinter ihm staut sich der Verkehr bis zum Kreisverkehr bei der Polizeiwache. Für einige Verkehrsteilnehmer ist das offensichtlich eine Ausnahmesituation, die sie mental überfordert. Beschimpfungen, Gesten mit ausgestrecktem Mittelfinger sind auf der gesamten Strecke an manchen Stellen Wege der Kommunikation. Hupen ist da noch relativ gemäßigt. Bei Zugmaschinen ist nur die hintere Achse angetrieben Aber warum kommen die viele Tonnen schweren Fahrzeuge auf ebener Strecke nicht mehr von der Stelle, wenn sie auf Schnee stehen? Fahrlehrer Michael Buschmann bildet seit vielen Jahren auch Lkw-Fahrer aus und kennt die Problematik, die vor allem die Zugmaschinen mit Sattelauflieger bei diesen Straßenverhältnissen haben. "Mit einem Auto kommt man an vielen Stellen auch ohne Allradantrieb gut voran. Die haben aber auch keine tonnenschwere Last zu ziehen", so Buschmann im Gespräch mit der NW. "Bei den Zugmaschinen ist nur die hintere Achse angetrieben. Wenn der Auflieger vielleicht nicht voll beladen ist, ist sein Druck auf die Achse des Zugfahrzeugs womöglich nicht ausreichend - die Räder drehen sofort durch." Zwar gebe es noch Differenzialsperren, die die Fahrer zuschalten könnten und die verhindern, dass das Rad mit weniger Bodenhaftung durchdreht, aber die würden nur bedingt etwas bringen. "Hauptproblem ist vor allem die Beschaffenheit des Schnees", so der Fahrschulinhaber. Sei der "mulchig-pappig", setze der sich nämlich sofort im Reifenprofil fest. "Dann ist das so, als würde man mit glatten Slicks fahren, wie man sie von Autorennen kennt." Werde dann noch zu viel Gas gegeben und drehen die Reifen durch, rutsche das Fahrzeug immer weiter nach rechts in Richtung Gehweg oder Straßengraben. Grund für diese Seitwärtsbewegung ist der Straßenquerschnitt, der in der Fahrbahnmitte höher ist als außen, damit Niederschlagswasser zum Straßenrand fließt. Straßen sind wesentlich enger als sonst Das nächste Problem sieht Buschmann in der momentanen Enge auf den Straßen durch die Schneehaufen am Rand. Die Lkw können kaum in Bewegung bleiben, weil sie bei Gegenverkehr stehen bleiben müssten. Besonders leichte Steigungen können da zu einem noch größeren Problem werden. Das war in diesen Tagen schon stadtauswärts auf der Engerstraße zu sehen, aber auch innerorts auf Borries- und Blankener Straße in Richtung Holzhauser Straße. Wer einmal stand, hatte schnell ein Problem. "Da hilft nur, dass diese Stellen rechtzeitig gestreut werden, damit der Schwerlastverkehr dort auch anfahren kann", sagt Michael Buschmann und spricht damit auch für den Verkehrsdienst der Polizei. Unter den Motoren schmilzt der Schnee und gefriert sofort wieder Polizeibeamter Willi Kreft erklärt, dass auch das lange Stehen der Lkw problematisch sei, "denn durch die Motorwärme schmilzt der Schnee und gefriert sofort wieder auf dem kalten Asphalt. Wenn dann noch die Reifen durchdrehen, bildet sich unter den Rädern sofort eine Eisschicht". Kreft und seine Kollegen hätten aber auch schon Räumfahrzeuge gesehen, bei denen die Räumschilde zehn Zentimeter über dem Boden stehen und so kaum Schnee von der Straße räumen würden. Wie Simone Lah-Schnier, Sprecherin der Kreispolizeibehörde, mitteilt, zählte man bei der Polizei von Dienstag- bis Mittwochmorgen witterungsbedingt 14 Unfälle mit einem Gesamtsachschaden von 26.500 Euro sowie 64 witterungsbedingte Einsätze und 58 Verkehrsbehinderungen durch liegengebliebene Fahrzeuge auf der Straße. Und das seien nur die gemeldeten. Die Stadt Bünde teilt mit, dass sowohl der private wie auch der öffentliche Bereich Probleme hätten, der Lage Herr zu werden. So würde Schnee von privaten Grundstücken wieder in den öffentlichen Bereich geschoben, der zuvor freigeräumt worden sei. Manche Stellen könnten nicht geschoben werden, weil Autos am Straßenrand die Arbeiten behindern würden. Am Dienstag hätten dann viele Auto- und Lkw-Fahrer die verstopfte A30 bei Bünde verlassen, wodurch es in der Stadt zu einem hohen Verkehrsaufkommen gekommen sei.

Meistgelesen