Kostümverleih in Muckum steht vor der Schließung

Bünde. In Muckum dürfte es das bekannteste Geschäft überhaupt sein, weit über die Grenzen der Stadt hinaus: der Kostümverleih Ostermöller. Ob in Bünde, Löhne, Herford oder Bielefeld; ob zu Karneval, zum Oktoberfest oder für eine Privatfeier - über Jahrzehnte galt: Wer eine Verkleidung sucht, wird in Muckum fündig. Im Mai ist die rührige Gründerin und langjährige Inhaberin Gerda Ostermöller mit 83 Jahren gestorben. Tochter Angelika Tilch hat wenig Ambitionen, in diesem Alter noch hinterm Tresen zu stehen. Sie möchte das Geschäft schließen. "Erstens läuft es nicht mehr besonders gut", erklärt die 66-Jährige, die die Öffnungszeiten bereits auf zwei Wochentage reduziert hat. Vorbei die Zeiten, als an Karneval der Parkplatz vor der Tür zu klein war. Vorbei die Zeiten, als ein Dutzend Mitarbeiter im Laden kaum ausreichte, um alle Kunden zu bedienen, die sich etwas fürs Oktoberfest ausleihen wollten. Das Internet, so sagt sie, sei ein zu großer Konkurrent geworden. "Und die Leute verkleiden sich auch nicht mehr so viel wie früher." Außerdem sei sie nun 66 Jahre alt und möchte in Rente gehen. Der Laden, so gibt sie unumwunden zu, sei vor allem die Leidenschaft ihrer Mutter gewesen. "Ich selbst habe in den letzten Jahren ausgeholfen, um ihr einen Gefallen zu tun. Genau wie der Rest der Familie", sagt die Bünderin. Wann die gelernte Näherin Gerda Ostermöller im Keller ihres Wohnhauses die ersten Kostüme aufhängte, weiß die Tochter nicht mehr so genau. Es müssten die 60er oder 70er Jahre gewesen sein. Zunächst habe sie die Sache nur nebenbei betrieben, im Hauptjob sei sie Näherin für "Quelle" gewesen. Als dort Schluss war, sei der Kostümverleih dann zum Beruf geworden. Aber auch zur Berufung. Die Kleider nähte sie bis zuletzt zu großen Teilen selbst. "Und wenn Kunden Änderungswünsche hatten, war sie sich auch nicht zu schade, die Sachen umzunähen", erzählt Tilch. "Selbst die gekauften Kostüme hat sie teilweise umgearbeitet, um sie qualitativ aufzuwerten - die Nähte waren ihr meist zu schlecht gemacht", ergänzt ihr Mann Siegfried. "Das schmeißt man doch nicht einfach so weg" Die unbestrittene Leidenschaft von Gerda Ostermöller stellt ihre Nachkommen nun vor ein Problem: Wohin mit all den Kleidern? "Wo so viel Arbeit und Liebe drinsteckt, das schmeißt man doch nicht einfach so weg", schildert Tilch ihr Dilemma. Und ein gewisser finanzieller Wert sei ja auch da. Aber wer wolle schon Kleider und Kostüme in diesen Mengen kaufen? Neulich, so erzählt ihr Mann, während Angelika Tilch eine Kundin in Sachen Dirndl berät, seien mal Käufer aus Köln und aus Bremen dagewesen. Berufskollegen. "Die haben sich den ganzen Wagen vollgepackt. Aber man merkt überhaupt nicht, dass da was weggekommen ist", sagt er und zeigt in einen flachen Kellerraum, wo unter Heizungsrohren und Styroporplatten an langen Kleiderstangen unzählige Kostüme hängen - teilweise so dicht, dass es schon fast eine Herausforderung ist, eines herauszuziehen. Eine Kundin ein paar Meter weiter schafft's trotzdem - ein Kuh-Kostüm für ihren Mann soll's sein. Der wird sich freuen. "Keine Ahnung, wie viele Kostüme das hier sind - und das hier ist ja nur ein kleiner Teil", sagt Siegfried Tilch mit Blick auf die weiteren Räume. "Und dann müssten Sie mal den Dachboden sehen: Stoff ohne Ende. Und Millionen von Knöpfen in Kisten", erzählt er und macht eine wegwerfende Bewegung. Aber wie gesagt: Wegwerfen kommt vorerst nicht in Frage. Noch besteht Hoffnung, dass die Bestände verkauft werden können. "Wenn jemand das hier alles übernehmen möchte, soll uns das natürlich auch recht sein", sagt Siegfried Tilch. Er wäre dann immerhin Inhaber eines sehr bekannten Muckumer Geschäfts.

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