Der Uhu ist zurück im Kreis Herford

Bünde/Kirchlengern. Klaus Nottmeyer, Leiter der Biologischen Station Ravensberg in Stift Quernheim, hat den Angriff eines Uhus einmal erlebt. Im Zoo. Der Uhu hatte Junge, vor seinem Gehege stand ein Hund und kam ihm zu nah. Urplötzlich baute sich der Uhu auf, spreizte die Flügel, stellte die Federn auf, wirkte auf einmal zwanzig Zentimeter größer. Dann stieß er plötzlich in einer Scheinattacke nach vorne und machte dabei laut knackende Geräusche mit seinem mächtigen Schnabel. "Das war richtig beeindruckend", erzählt Klaus Nottmeyer. "Der Hund - und es war ein großer Hund - hat einen furchtbaren Schreck bekommen." Der Uhu sei ein großes Tier und habe riesige Krallen. "Wenn die einmal zupacken, dann war's das." Davor hätten die meisten Tiere einen natürlichen Respekt. Deswegen könne der Uhu sogar am Boden brüten. Auch wenn sie ihre Jungen am liebsten in Steinbrüchen oder an Steilwänden aufziehen. Die meisten brüten in Vlotho Da es in Vlotho gleich mehrere Steinbrüche gibt, brüten hier die meisten Uhus im Kreis Herford: drei bis fünf Brutpaare. In Rödinghausen brüten immerhin zwei Brutpaare, in Enger und Spenge jeweils ein Brutpaar. "Das ändert sich immer etwas, weil die Uhus keine eigenen Nester bauen, sondern Horste von Habichten oder Bussarden übernehmen", erklärt Klaus Nottmeyer. Nur diese großen Horste kommen in Betracht, weil nur sie die großen Uhu-Jungen fassen. Zwei bis vier Junge bekommt ein Uhupaar, meistens sind es zwei. Die Horste wohnt die Uhufamilie ab. "Der Uhu holt kein einziges Stöckchen." Deshalb sei das Heim nach ein bis zwei Brutsaisons kaputt. Im Industriegebiet in Oberbehme habe 2016 ein Uhupaar auf einem Flachdach gebrütet, am Hücker Moor, im Nagelsholz in Spenge und am Reesberg in Kirchlengern hätten Uhus vor ein, zwei Jahren gebrütet. Am Reesberg habe er 2017 nur die Rufe gehört, erzählt Nottmeyer. "Das heißt aber nicht unbedingt, dass sie dort nicht brüten. Sondern nur, dass ich sie nicht gefunden habe." Obwohl der Uhu so groß sei, gehe er oft unter. Einige Brutplätze seien immer besetzt, andere nur sporadisch. In Westfalen war der Uhu seit 1909 ausgestorben Insgesamt brüten im Kreis Herford zehn bis zwölf Uhu-Paare, schätzt Nottmeyer. In sieben der neun Kommunen im Kreis komme der große Vogel vor. Nur in Bünde und Löhne sei ihm kein Brutplatz bekannt. In Westfalen war der Uhu seit 1909 ausgestorben, weil er massiv verfolgt worden war. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand er auch deutschlandweit bis auf minimale Bestände in den Bergen. 1976 siedelten Naturschützer ihn im Sauerland wieder an, über das Eggegebirge und den Teutoburger Wald breitete sich der Uhu langsam wieder aus. Seit zwanzig Jahren ist er zurück im Kreis Herford. Im Münsterland brüte der Uhu sogar in Parks. "Die Nähe zum Menschen stört ihn überhaupt nicht." Auf seinem Dach, wenige Meter über seinem Kopf, habe einmal ein balzendes Uhupaar gesessen - für Nottmeyer ein großer Moment, die größten Eule der Welt so nah zu sein. Beeindruckende Maße 1,70 Meter misst die Spannweite der Uhu-Weibchen, 4,5 Kilogramm werden sie schwer. Männchen sind kleiner, sie bringen es immerhin bis auf 3,5 Kilogramm. In Gefangenschaft werden Uhus im Schnitt 37 Jahre alt, das älteste Männchen wurde 53 Jahre, das älteste Weibchen sogar 63 Jahre alt. In freier Wildbahn würden Uhus meistens nicht viel älter als 10 Jahre, vermutet Nottmeyer. Der älteste gefundene beringte tote Uhu war 22 Jahre alt. Natürliche Feinde hat der Uhu nicht. Die häufigste Todesursache (60 Prozent) sind Stacheldrahtzäune und Stromleitungen, in die Uhus immer wieder fliegen und verenden. Fast ein Drittel der Uhus kommt im Straßenverkehr um (27 Prozent), auch an Zügen, gegen die sie fliegen. Weibchen und Männchen brüten bei den Uhus gemeinsam. Sind die Jungen noch klein, jagt das Männchen allein, das Weibchen zerlegt im Nest die Beute. Das kann das Männchen nicht. Stirbt das Weibchen in dieser ersten Phase, verhungern die Jungen. Die Rückkehr sei zu begrüßen Durch die Rückkehr des Uhus ändert sich das Gefüge der Greifvögel in der Landschaft. Denn der Uhu schlägt auch Habichte, Bussarde und den Rotmilan. Auch die Ausbreitung des vor fünf Jahren in den Kreis Herford zurückgekehrten Wanderfalken kann der Uhu ausbremsen, sagt Nottmeyer. Der Uhu sei ein hoch-effektiver Jäger, weil er nachts jage, wenn die anderen Vögel nur schlecht sehen. Auf einem Videoportal habe er ein Video gesehen, in dem ein Uhu in einer Nacht einen ganzen Bussardhorst ausräumt: Nacheinander holt er sich die beiden Jungen und ein Alttier. Die Altvögel sitzen dann offenbar wie überrumpelt am Nestrand und lassen den Uhu gewähren, weil sie sich in der Dunkelheit nicht wehren können, was tagsüber durchaus zu beobachten ist. Trotzdem sei die Rückkehr des Uhus zu begrüßen, sagt Nottmeyer. "Er ist eine Bereicherung unserer Vogelwelt, auch wenn das manches andere Tier so nicht sehen würde", sagt Nottmeyer.

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