Bad Randringhausen: Als Moor noch braunes Gold war

Bünde. Es riecht nach faulen Eiern. Rainer Ebel scheint das nicht zu stören. "Das kommt vom Schwefel. Und die Ablagerungen dort auch", erklärt er und zeigt auf die Halbröhre aus Beton, die zum Bach führt. Der 74-Jährige hält seine Hände unter den dicken Strahl und trinkt in vollen Zügen. "Schmeckt wunderbar", befindet er. Und mit Blick auf die Quelle: "Seit 90 Jahren kommen hier minütlich 50 Liter Wasser aus der Erde - ist doch verrückt, oder!?" Ebel hat zu einem kleinen Spaziergang durch das Quellental von Randringhausen geladen, "Bad Randringhausen" wie er es etwas scherzhaft nennt. Der einstige Haus- und Badearzt beschäftigt sich seit 1978 mit den Quellen, zahlreiche Rezepte rund um Heilwasser und Moorbäder hat er ausgestellt - und sehr viel Wissenswertes zur Geschichte des Ortes angesammelt und aufgeschrieben. "1928 wurden von den Colonen Heinrich Wilmsmeier und Wilhelm Ernstmeier erste Bohrungen im Quellbereich des Ostbaches auf eigenem Boden in Auftrag gegeben und Analysen des schwefelhaltigen Wassers erstellt", schreibt er in einem seiner Texte. "Sie führten zu überraschend guten Ergebnissen als Voraussetzung für die Verwendung als Heilwasser. Zusätzlich konnte auch das am Ostbach vorhandene Moor als ,ortsgebundenes Heilmittel? zu Badezwecken Verwendung finden." Die Geburtsstunde eines Kurortes. In zehn Moorwannen wurde gebadet "Die Quellen 1-3 auf der ernstmeierschen und die Quellen 1-2 auf der wilmsmeierschen Seite wurden als Brunnen bis fünf Meter Tiefe in Form von Ringen und über sieben weitere Meter als Stahlrohr von 20 Zentimeter Durchmesser gefasst", schreibt Ebel. Bald darauf errichteten Wilmsmeier und Ernstmeier ihre prächtigen Kur- und Logierhäuser, die 1929 eröffnet wurden. Im Badehaus von Ernstmeier wurde in zehn Moorwannen gebadet, und weitere elf "Zellen" für die Schwefelbäder kamen hinzu. Ferner gab es zehn Logierzimmer. "Im Laufe der ersten 25 Jahre nach der Eröffnung haben 10.000 Kurgäste hier gewohnt - und die Zahl der Kurgäste, die größtenteils ambulant die Badehäuser aufgesucht haben, lag noch um ein Vielfaches höher", weiß Ebel. Ein Bäderbus fuhr von Bielefeld nach Randringhausen und brachte Kur- und Badegäste. Später kam ein Großteil der Kurenden auch aus dem Ruhrgebiet. Sie waren von dem weitläufigen und gepflegten Kurpark und den verabreichten Kurmitteln sehr angetan. Viele dieser Kurgäste kamen mit ihrem Badearztschein mehrfach wieder. Ebel steht vor der Ruine des seit 2010 geschlossenen Badehauses und schüttelt mit dem Kopf. "Traurig, was daraus geworden ist", sagt er. "In den 70er Jahren ist von Albert Meyer zu Knolle zusätzlich ein Hotel mit 43 Zimmern und einem Schwimmbad für die Hausgäste und für die Durchführung von Bewegungsbädern gebaut worden", erzählt er. Das Wasser der Schwefelquellen ist sowohl für das Schwimmbad als auch für die Versorgung des Hotels mit Trink-und Brauchwasser genutzt worden. Auch dieses Haus ist heute leider längst eine Ruine. Moorvorkommen rasch erschöpft Das Kurhaus Wilmsmeier - heute Bültermann - wurde zwischenzeitig erweitert und ebenfalls mit einem Schwimmbad versehen. Rainer Ebel zeigt auf eine spärlich mit Schilf und Weiden bewachsene Stelle im Wiesengrund, ganz in der Nähe des Hauses. "Dort hat man am Anfang das Moor für die Bäder und Packungen rausgeholten", sagt er. Im Zweiten Weltkrieg ruhte das Badewesen. "Nach der Wiederöffnung war das Moorvorkommen rasch erschöpft, seither wurde es in einem von mehreren Kurorten gepachteten Bereich im Isenstädter Moor abgebaut", erklärt Ebel. "Bei der Herstellung der Moorbäder und der Moorpackungen musste das abgebaute Moor noch in eine besondere Form gebracht werden, das heißt, es musste in einem Rührwerk zerkleinert und homogenisiert und mittels Schwefelwasser in eine breiige Form gebracht und auf eine Temperatur von 37 bis 42 Grad Celsius erwärmt werden." Eine Wissenschaft für sich. Im Jahr 2009 musste der Betrieb Ernstmeier Insolvenz anmelden. Ein eingesetzter Insolvenzverwalter versuchte den Hotel- und Badebetrieb wieder in Gang zu bringen, doch nur ein Jahr später wurde bei einer der jährlich durchgeführten Kontrolluntersuchungen in den Wasserleitungen des Sanatoriums mit Bakterien verunreinigtes Wasser festgestellt. Dieser Befund führte abrupt zum endgültigen Ende des Hotel- und Badebetriebs in Randringhausen. Letzter Bäderbetrieb schließt 2010 Im Haus Wilmsmeier neigte sich der Bäderbetrieb ab 2010 ebenfalls langsam dem Ende zu - nachdem die Zahl der Badegäste stark zurückgegangen war und die Eigentümerfamilie Wilmsmeier den Wohn- und Badebetrieb an das Ehepaar Michelis verpachtet hatte. 2014 wurde Insolvenz angemeldet. Damit endete bis auf Weiteres auch hier die Bädergeschichte. Schade um das gute Quellwasser.

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