Stundenpläne: Harte Nuss für Mensch und Maschine

Bünde. Wenn ein Computer mehrere Stunden an einer Aufgabe zu knabbern hat, könnte man meinen, es handele sich um Berechnungen für eine Raumfahrtmission. Doch dafür reichen manchmal auch schon die Stundenpläne an einer Schule. Es ist schon fast gespenstisch, wenn man dieser Tage durch die Schulgebäude geht. Hier und da werkeln Handwerker, bringen Farbe an die Wände, ziehen Kabel oder setzen neue Türen ein. Zwischenzeitlich ist es dann wieder still - sehr still. Und selbst Lehrer und Sekretärinnen, die seit einigen Tagen den Schulbetrieb vorbereiten, sagen: "Es wird Zeit, dass hier wieder Leben ins Haus kommt!" Wie sich am Beispiel des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums als größte Schule in Trägerschaft der Stadt Bünde zeigt, kann ein Computer tatsächlich bis zu sechs Stunden mit der Berechnung von Stundenplänen verbringen. Und dabei ist die Oberstufe, in der jeder Schüler seine Kurse individuell zusammenstellt, noch gar nicht berücksichtigt. Bevor der Rechner rechnet, ist schon eine Menge Handarbeit vorausgegangen. Und dem wird bis Mittwoch auch noch mal eine Menge Handarbeit im Detail folgen. Der Computer rechnet 3.000 Varianten aller Stundenpläne durch "Zu den Vorgaben, die der Rechner bekommt, zählt beispielsweise, dass schriftliche Fächer vorwiegend am frühen Vormittag stattfinden sollen und das generell täglich eine Mischung aus schriftlichen und mündlichen Fächern für jede Klasse im Angebot ist", erklärt Michael Hötger, Mitglied der erweiterten Schulleitung am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium und auch für das Erstellen der Stundenpläne zuständig. Auch die Zeiten, in denen Fachräume und Sporthallen zur Verfügung stehen, die sich eine Schule auch mit anderen teilt, muss der Rechner kennen. "Welcher Lehrer welches Fach in welcher Klasse unterrichtet, ist schon lange vor den Sommerferien festgelegt", sagt Hötger. Nur noch nicht an welchem Tag und in welcher Stunde und bei speziellen Fächern in welchem Raum. Und die Lehrer möchten natürlich auch ihre gesamten Fächer unterrichten und nicht nur eins davon. Jeder der 400 Oberstufenschüler wird quasi als einzelne Klasse behandelt. Wenn der Computer in Hötgers Büro rechnet und rechnet und rechnet, gleicht er dabei bis zu 3.000 verschiedene Varianten für alle Klassen miteinander ab. Die zehn mit den wenigsten Konflikten spuckt der PC später aus. Enthalten sind darin für alle Klassen aufeinander abgestimmte Pläne. "Daraus nehmen wir eine Variante und feilen von Hand nach, bis es passt", so Hötger, der gleich anfügt: "Das Ergebnis ist aber immer nur ein Kompromiss." Eine Fehlermeldung könnte sein, dass das Programm für eine Unterrichtseinheit keinen freien Raum gefunden hat. "Da steuern wir dann von Hand nach", sagt Hötger. Nur bei größeren Konflikten startet er die gesamte Berechnung mit Änderungen neu. 400 Schülerinnen und Schüler gehören am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium zur Oberstufe - jeder und jede einzelne bekommt einen individuellen Plan mit allen selbst gewählten Kursen. Vom Computer wird jeder einzelne Schüler und jede einzelne Schülerin quasi wie eine Klasse behandelt, die nur einen Schüler hat. "Es ist äußerst selten, dass zwei Schüler den gleichen Plan bekommen", erklärt Michael Hötger, der für die "Blockung", so nennt man das Erstellen der individuellen Kurspläne für die Oberstufenschüler, die Vorarbeit leistet. Hötgers Daten wandern dann in den Rechner von Oberstufenkoordinator Michael Albers. Der hat zum Schuljahresbeginn 400 individuell zugeschnittene Kurspläne auf dem Tisch. Manchmal wird die Berechnung neu gestartet Die Arbeit an den Stundenplänen für das kommende Jahr beginnt laut Michael Hötger in etwa Mitte Mai. Fertig sei man eigentlich nie, denn im Laufe eines Schuljahres folgen - bedingt durch nicht planbare Vorkommnisse - noch einige kleinere und größere Anpassungen. Manchmal betrifft es nur eine Klasse, manchmal mehrere. Und ab und zu muss dann wieder der elektronische Kollege ran und darf stundenlang mehrere Tausend Stundenplan-Varianten virtuell durchkauen, bis es passt. Und passt es noch nicht ganz, legt Michael Hötger wieder Hand an und bügelt Unebenheiten im Plan glatt.

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