Bünde. Zum 31. Dezember wird das Lukas-Krankenhaus in Bünde seine Frauenklinik schließen. Rückläufige Geburtenzahlen, aber besonders der Wille der NRW-Politik in Form des Krankenhausplans für das Jahr 2015 seien dabei ausschlaggebend für die Entscheidung gewesen, sich von der seit Jahren finanziell defizitären Abteilung zu trennen, so die beiden Vorstände Stefan Kerst und Hans-Ulrich Sorgenfrei gestern in einem Pressegespräch. "Damit", so Sorgenfrei, "endet eine 125-jährige Tradition in Bünde".
In den 1980er Jahren kamen in Bünde noch bis zu 900 Babys zur Welt. Im vergangenen Jahr waren es nur noch knapp über 300. "Aber nicht nur diese Statistik spricht eine deutliche Sprache", sagt Stefan Kerst, dessen Vorstandskollege Hans-Ulrich Sorgenfrei hinzufügt, dass "etwa 800 Geburten jährlich nötig sind, um die Geburtshilfe kostendeckend betreiben zu können". In den vergangenen Jahren habe das Lukas-Krankenhaus die Defizite der Frauenklinik von bis zu 1,5 Millionen Euro jährlich durch Erlöse anderer Fachbereiche quersubventioniert. "Das geht aber nicht auf Dauer", so Sorgenfrei.
Doch die betriebswirtschaftliche Herausforderung in Bünde sei nur ein ausschlaggebender Teil für diese schwere Entscheidung gewesen, erklärt Stefan Kerst. Denn der Krankenhausplan des Landes NRW für das Jahr 2015 sieht vor, dass im Kreisgebiet Herford im Bereich Gynäkologie und Geburtshilfe knapp 40 Betten abgebaut werden sollen. "Für die Politik zählt im Rahmen ihrer Kalkulation der Kosten im Gesundheitssektor die Versorgung der Patienten auf eine Region bezogen", führt Sorgenfrei an. Dabei sei man zu dem Schluss gekommen, dass die Frauenkliniken im Kreisklinikum sowie im Mathilden-Hospital in Herford ausreichend für den Kreis Herford seien. Diese Reduzierung sei somit politisch gewollt.
Auch wenn man den Bereich der Geburtshilfe ausklammere, habe das Lukas-Krankenhaus allein in der Gynäkologie einen schweren Stand. Als Gründungsmitglied des Brustzentrums Bielefeld-Herford hatte man in Bünde seinerzeit über Monate alle Qualitätsvoraussetzungen geschaffen, um den hohen Anforderungen der Zertifizierung zu entsprechen. "Leider wurde uns der entsprechende Status als OP-Standort verwehrt, mit dem Hinweis, die erforderliche Mindestzahl von 100 Ersteingriffen bei Brustkrebs nicht zu erbringen", erklärt Hans-Ulrich Sorgenfrei.
Einem "anderen Krankenhaus im Umfeld", das diese Mindestzahl aber ebenso seit Jahren nicht erfülle, sei hingegen das Siegel des anerkannten Brustzentrum verliehen worden, so Sorgenfrei, der - wenn auch namentlich nicht ausgesprochen - das Kreisklinikum meint. Zahllose Einsprüche der Vorstände bei verschiedenen politischen Gremien sowie bei der Bezirksregierung und dem Landrat hätten nichts gebracht.
Sorgenfrei betont, dass es also nicht die betriebswirtschaftlichen Gründe seien, die die Schließung unumgänglich machten, sondern dass es vordergründig politisch gewollt sei. Denn die Schließung der Frauenklinik bedeute nicht, dass das Lukas-Krankenhaus automatisch die Defizite von bis zu 1,5 Millionen Euro jährlich einspare. "Würden wir die Versorgung unserer Patienten in erster Linie nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehen, hätten wir die Frauenklinik schon vor Jahren schließen müssen", so Hans-Ulrich Sorgenfrei.
15 Stellen im pflegerischen Bereich sowie eine Vollzeit- und zehn Teilzeitstellen bei den Hebammen sind betroffen. Viele Mitarbeiter davon würden im Haus selbst übernommen, für die anderen sei man mit anderen Häusern in Gesprächen. Die Assistenzärzte in Weiterbildung zum Gynäkologen müssen ihre Ausbildung nun an anderen Häusern beenden. Auch für sie, wie auch für Chefarzt Ioannis Tsitlakidis, seien die beruflichen Perspektiven gut, so Stefan Kerst. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden gestern über die Entscheidung informiert. "Dabei sind auch Tränen geflossen. Sie haben mit uns gemeinsam in den letzten Jahren um den Erhalt der Klinik gekämpft. Aber an den politischen Vorgaben und schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kommen auch wir nicht vorbei", bedauert Kerst.
Noch aber sei die Klinik nicht geschlossen und es würden nach wie vor Patientinnen und Schwangere in den verbleibenden Monaten wie bisher betreut und behandelt.