Traumhaus auf Kreta: Auswanderer aus dem Kreis Gütersloh verwandelt Ruine

Werther. Oliver Weers lebt im Paradies - so sagt er selbst. Und man möchte ihm recht geben. Sein kleines altes Bruchsteinhäuschen auf einem kargen Berg auf der griechischen Insel Kreta kommt dem Traum vom Dauerurlaub vor klassischer Naturkulisse schon ziemlich nahe. Dauerhafte Ferien, so würde er sein Leben indes nicht beschreiben. Auch auf der rund 250 Kilometer langen Insel gibt es viel zu tun. Oliver Weers stammt aus Werther. Mit 22 Jahren verließ er seine ostwestfälische Heimat, lebte lange in Skandinavien, bevor es ihn in wärmere Gefilde zog. Seine Familie wohnt noch heute im Altkreis Halle. Dass das Los auf Kreta fiel, war eher eine spontane Entscheidung, erzählt er. &bdquo;Ich reise schon seit 1990 regelmäßig nach Griechenland und habe als junger Mann davon geträumt, eines Tages hierhin auszuwandern“, so Weers. 2006 habe er die größte Insel des Landes erstmals besucht. &bdquo;Meine Tante wohnt schon länger hier, und als meine Mutter ihre Schwester besuchte, verunglückte sie und durfte wegen einer punktierten Lunge drei Monate nicht fliegen. Also ist meine Mutter lange geblieben und hat sich Häuser angeschaut.“ Lebenskünstler verdient Geld auch mit Bier Seine Tante, die passenderweise als Maklerin auf der griechischen Insel arbeitete, war gut im Bilde, wo interessante Schnäppchen zu machen sind. &bdquo;Meine Mutter hatte sich dann in das Haus verliebt, das heute meins ist. Sie rief mich an und erzählte mir von diesem Haus, in diesem kleinen Dorf auf dem Berg. Ich hatte ihr dann gesagt, dass sie mich, wenn sie sich nicht für den Kauf entscheidet, doch bitte mal anrufen solle“, erzählt der Lebenskünstler, der sein Geld unter anderem mit selbst gebrautem Craftbier verdient. Tatsächlich konnte sich die Mutter nicht durchringen und Oliver Weers flog spontan - mit einer Tasche voll Geld - nach Kreta. Themenseite: Entdecken Sie hier mehr Auswanderer aus OWL &bdquo;Ich habe das Haus gekauft, obwohl es damals eher eine Ruine war: kein Dach, keine Toilette. Seit 2006 habe ich es dann langsam, Jahr für Jahr renovieren lassen“, sagt er. Bereut habe er die spontane Entscheidung bis heute nicht. &bdquo;Manchmal muss man sich halt auf seinen Instinkt verlassen und ein Risiko eingehen. Das macht das Leben spannender.“ Seit 2020 lebe er nun im Haus, gemeinsam mit seiner griechischen Partnerin, auf 150 Quadratmetern. &bdquo;Ich wohne hier im Paradies“ Natürlich bedeute das Leben in Griechenland eine große Umstellung, sonst könne man dort nicht glücklich werden. &bdquo;Ich sage immer, weniger ist mehr! Ich wohne hier im Paradies, von Natur, Meer und Sonne umgeben. Gastfreundliche Menschen und selten eine miese Grimasse.“ Eine entscheidende Anpassung läge darin, anzuerkennen, dass der Alltag auch ohne deutsche Ordnung und Eile funktioniert. &bdquo;Alles hat hier seine Zeit. Das muss man lernen, ansonsten kann man gleich wieder seinen Koffer packen. Aber auch wenn man es lernt, kann es einen manchmal verrückt machen. Als Deutscher mit ’Ordnung muss sein’ im Sinn ist es nicht immer einfach.“ Bürokratie werde schon mal zur Herausforderung. Missverständnisse, lange Wartezeiten und ein Leben mit Risiken gehörten dazu. &bdquo;Man kann sich hier nicht für alles absichern, und der Weg zu Gerechtigkeit kann sehr lang sein“, sagt Oliver Weers. Tatsächlich habe er sich aber auch in den Ländern, in denen er zuvor lebte, umstellen müssen. &bdquo;Die Integration in Griechenland ist teilweise viel schwieriger als in Norwegen oder Dänemark, wo ich ja auch 28 Jahre gelebt habe. Die Kultur und auch Sprache in Skandinavien ähnelt schon mehr Deutschland. Hier fühlt man sich manchmal wie auf einem fremden Planeten. Vor allem die Sprache ist nicht leicht zu lernen.“ Auswanderer vermisst vor allem seine Kinder Nach fünf Jahren habe er immer noch große Probleme mit dem Griechischen, daran arbeite er stetig. Natürlich bringe das Leben weit entfernt von der alten Heimat auch Nachteile. &bdquo;Man muss auf viel Familienzeit verzichten, das tut manchmal wirklich weh, besonders meine Kinder vermisse ich sehr“, sagt der Exil-Wertheraner. &bdquo;Die sind aber inzwischen ebenfalls ausgewandert. Liam und Lilo sind in Dänemark aufgewachsen, Liam wohnt jetzt in Berlin, Lilo in Barcelona.“ Gerade wenn es Richtung Weihnachten gehe, merke er, was er entbehre. &bdquo;Die Weihnachtsmärkte in Borgholzhausen, Werther und Bielefeld vermisse ich jedes Jahr.“ Geld sei übrigens kein guter Grund, nach Griechenland auszuwandern. Wer meint, auf einer Insel im Mittelmeer günstig über die Runden zu kommen, dürfte sich wundern. &bdquo;Wenn man glaubt, alles ist billiger hier, dann ist das hundertprozentig falsch. Wir haben das gleiche Niveau wie in Deutschland, was Lebenshaltungskosten angeht“, erklärt Weers. Zwar könne man zum Beispiel bei Autoreparaturen sparen, gleichzeitig sei es aber viel schwieriger, in Griechenland Geld zu beschaffen. &bdquo;Die Menschen verdienen hier viel, viel weniger als in Deutschland. Der Mindestlohn beträgt 880 Euro bei einer 40-Stunden-Woche. Die Miete für eine kleine Wohnung liegt bei 500 Euro. Das geht ganz einfach nicht auf, und das ist auch der Grund dafür, dass viele Kinder bis ins hohe Alter noch zu Hause bei den Eltern leben müssen. Das Geld kommt nie bei den hart arbeitenden Menschen an, und das muss sich ändern!“ Wichtiger Tipp: Auto unbedingt in Griechenland kaufen Trotz allem wolle er, so lange es irgendwie geht, in seinem kleinen Häuschen auf Kreta leben. Gefragt, ob er jemals nach Ostwestfalen zurückkommen wolle, antwortet Oliver Weers: &bdquo;Ich sage niemals nie! Aber ich glaube, ich werde, so lange ich kann, hier bleiben.“ Zum Abschluss noch ein paar Tipps vom Griechenland-Profi für frisch Ausgewanderte und solche, die es werden wollen: &bdquo;Bring nie dein Auto mit! Kauf dir eins hier“, sagt der Ex-Wertheraner. &bdquo;Ich kenne zu viele, die ihr Auto mit deutschen Kennzeichen mitbringen, ohne es zu importieren. Das kann ein teurer Spaß werden, wenn der TÜV abläuft oder der Wagen kaputt geht.“ Und das Deutschland-hinter-sich-lassen beschränkt sich nicht nur auf den Wagen. &bdquo;Glaub nicht, dass deine deutsche Art, Dinge zu erledigen, hier funktioniert: Pass dich an, auch wenn es manchmal keinen Sinn macht. Lass es sein, dich aufzuregen. Lerne Einheimische und Ortsansässige kennen, misch dich ein und bleib kein Fremder. Und: Kein Angeber sein, das funktioniert hier nicht!“

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