Zwei Frauen im Kreis Gütersloh eröffnen Geschäft in umstrittener Immobilie

Werther. Von außen sieht der riesige Kasten leer aus. Die Wege sind zugewuchert, die Scheiben dunkel und die Außenfassade hat auch schon bessere Jahre gesehen. Als Brache wird das ehemalige H.-W.-Meyer-Gebäude in Werther im Kreis Gütersloh, in dem zuletzt die Fitness-Factory ansässig war, bezeichnet. Politik, Stadtverwaltung, der Eigentümer, der Lidl-Konzern und auch die Wertheraner Kaufmannschaft diskutieren beziehungsweise streiten bisweilen sogar darüber, was aus dem Gebäude werden soll. Einig sind sie sich nur in einem Punkt: Der optische Schandfleck soll abgerissen werden. Dass die Immobilie jedoch keineswegs leer steht, dass sich im Inneren sogar einiges tut und dass zwei Frauen dort mit viel Einsatz gerade eine Geschäftsidee umsetzen, wissen wahrscheinlich nur wenige. Nicole Fritsch und ihre Tochter Annika Westendorf haben in den vergangenen Monaten ordentlich geschuftet. Seit Herbst haben sie Wände gestrichen, Regale aufgestellt und vor allem Kisten ausgepackt. Eine Fundgrube mitten im alten Fabrikgebäude Die Arbeit hat sich gelohnt. Wer das alte Fabrikgebäude von der Engerstraße aus betritt, dürfte erstaunt sein, plötzlich in einem liebevoll eingerichteten Laden zu stehen. &bdquo;GWM Werther“ heißt das Geschäft. Die Abkürzung steht für Gebrauchtwarenmarkt Werther. &bdquo;Wir sind ein Kommissionshaus“, erklärt Ladenleiterin Nicole Fritsch. Kurz erklärt: Anbieter können gebrauchte, gut erhaltene Waren dort abgeben, die für fünf Monate in den Regalen des Gebrauchtwarenmarktes zu täglichen festen Öffnungszeiten ausgestellt werden. Bei Verkauf bekommen die GWM-Damen eine Provision. Bei Nicht-Verkauf kann die Ware wieder abgeholt werden oder wird entsorgt. Lesen Sie auch: Schnäppchen im Kreis Gütersloh: Großes Interesse an neuem Kaufhaus für besondere Möbel Für Kunden kann sich der täglich geöffnete Laden an der Engerstraße 10 als wahre Fundgrube und Schnäppchen-Paradies erweisen. &bdquo;Für Leute, die auf Vintage stehen, auf Geschirr, Haushaltswaren, Möbel oder Deko aus vergangenen Jahrzehnten, gibt es hier Schätze zu entdecken“, sagt Nicole Fritsch und zeigt auf eine Butterdose im Schachbrettmuster einer bekannten Design-Marke. Haushaltswaren, Elektro, Möbel, Markenkleidung Doch das Entree, in dem ausschließlich Waren im Fünf-Euro-und-aufwärts-Bereich stehen, ist nur ein kleiner Ausschnitt des Geschäfts. Nicole Fritsch und Annika Westendorf führen durch einen großen Raum mit Haushaltswaren und Geschirr, durch den Elektro-Raum, in dem es vom Verlängerungskabel bis zum Fernseher alles gibt, in einen Raum mit Kinderspielzeug und Gesellschaftsspielen, vorbei an Kleinmöbeln, Markenkleidung und Werkzeug. Eine ganze Regalwand ist mit Kerzen und Bastelbedarf gefüllt. &bdquo;Das sind alles nagelneue Sachen in Originalverpackung, die aus der Auflösung eines Bastelgeschäfts stammen“, sagt Nicole Fritsch. Dass die Regale schon kurz nach der Eröffnung des Kommissionshauses so gut gefüllt sind, liegt daran, dass für den Anfang die Bestände mehrerer Haushaltsauflösungen dort einsortiert sind. Dass Nicole Fritsch und Annika Westendorf genau wissen, was sie tun und wie sie ihr Geschäft aufziehen müssen, kommt nicht von ungefähr. Denn die beiden sind schon seit Langem in der Gebrauchtwarenbranche tätig – und auch am Standort im H.-W.-Meyer-Gebäude. Denn das dient schon seit einigen Jahren als Lager. Hochwertige Büromöbel aus Firmenauflösungen Auf vier Etagen – vom Keller bis zum ehemaligen Fitnessstudio im obersten Stock – steht das Gebäude nämlich keineswegs leer, sondern ist komplett gefüllt mit Büromöbeln. Unter dem Namen &bdquo;Büromöbel Verkauf Werther“ werden von hier aus auf der Internetplattform &bdquo;kleinanzeigen.de“ hochwertige Büromöbel aus Büro- und Firmenauflösungen verkauft. &bdquo;Zu einem Viertel des Preises“, wie Nicole Fritsch sagt. Bürostühle, Besprechungstische, Rollcontainer, Aktenschränke, Sideboards, Schreibtische und sogar eine riesige Sammlung von Standventilatoren finden sich in den leeren Hallen und Büroräumen. &bdquo;Da sind sehr teure Marken dabei. Zum Teil stammen die Möbel aus Coronabüros, also Büros, die eingerichtet und dann nie genutzt wurden wegen Homeoffice“, sagt Nicole Fritsch. In der Regel werden die Möbel von den Kunden selbst abgeholt. Nicole Fritsch und ihre Tochter fotografieren die Ware, stellen sie Online und sorgen für die reibungslose Abwicklung mit den Kunden. Das wird nun auch beim Gebrauchtwarenmarkt ihre Hauptaufgabe sein, denn auch von dort sind Waren im Online-Portal zu finden. Lesen Sie auch: So macht ein Hersteller aus Gütersloh Luxusmöbel bezahlbar Laden-Team zieht extra in den Kreis Gütersloh &bdquo;Das Lager für die Büromöbel haben wir mindestens schon seit fünf oder sechs Jahren hier“, sagt Nicole Fritsch. &bdquo;Dann kam uns die Idee mit dem Kommissionshaus, denn die jetzigen Ladenräume standen leer. Und da wir sowieso hier sind, können wir damit ja auch noch etwas verdienen.“ Bislang hatte das Team des Büromöbel-Verkaufs seinen Sitz im niedersächsischen Fürstenau und musste jeden Tag eine Stunde hin und zurück pendeln. Zu Beginn des Jahres sind die beiden Frauen aber nun selbst nach Werther gezogen, um sich hier voll aufs Geschäft zu konzentrieren. Und dessen Herzstück liegt nun im in Werther viel diskutierten H.-W.-Meyer-Gebäude. Sorge vor Abriss der Immobilie? Erst kürzlich wurde über die Pläne gestritten, die Immobilie abzureißen und dort einen Lidl hinzubauen. Macht das die beiden Frauen nicht unruhig, wo sie nun gerade erst so viel Zeit, Arbeit und Geld in den Aufbau ihres Geschäfts gesteckt haben? Nicole Fritsch winkt ab: &bdquo;Bis hier etwas anderes hinkommt, dauert es doch bestimmt noch zehn Jahre.“

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