TV-Show „Bares für Rares“: Dachbodenfund aus dem Kreis Gütersloh erzielt Spitzenpreis

Werther. Wenn man eine uralte Leuchtreklame für Kondome, die nicht einmal so heißen durfte, weil das um 1920 von kirchlicher Seite verboten war, bei der Kult-Show &bdquo;Bares für Rares“ anbietet, ist einem die Aufmerksamkeit gewiss. Wenn dann noch die witzige Geschichte dazu kommt, dass das Schild einmal in einem kleinen Schuhgeschäft in Werther hing und danach Jahrzehnte auf einem Dachboden zubrachte, um in letzter Sekunde vor dem Abriss des Hauses gerettet zu werden, ist der Höhepunkt der Sendung gesetzt. Bernd Szarkowski-Tegtmeier hat das grün-lila-gestreifte Schild, das sich von hinten beleuchten lässt, mitgebracht. Beschriftet ist es in großen Lettern mit &bdquo;Fromms Act“, klein darunter steht geschrieben &bdquo;Gummi-Schwamm“. Da kommt sogar Horst Lichter, kultiger Gastgeber der Sendung mit dem markantem Zwirbelbart, ins Stocken. &bdquo;Den Namen Fromm kenne ich von Präservativen. Aber das kann doch hier nicht gemeint sein.“ Kann es doch, weiß Design-Experte Sven Deutschmanek. Nur, dass die Kirche und andere Organisationen bis lange ins 20. Jahrhundert hinein dafür sorgten, dass Werbung für Kondome nicht stattfand. Was machte also Erfinder Julius Fromm? Er wandte einen findigen Trick an und nannte sein Produkt nicht Kondom, sondern Gummi-Schwamm. &bdquo;Und weil der Name Fromm bekannt war, wusste jeder, was gemeint war“, erläutert Bernd Szarkowski-Tegtmeier und muss Schmunzeln. In Drogerien, Apotheken oder auch Friseurläden wurden die Kondome dann verkauft. Unter der Ladentheke wurden die Kondome verkauft Das war in Werther nicht der Fall. Denn das Schild fand Szarkowski-Tegtmeier 1997 auf dem Dachboden des Hauses von Schuhmachermeister Redeker an der Engerstraße. Aber was hat der Bielefelder IT-Manager mit einem Schuhgeschäft in Werther zu tun? &bdquo;Ich war gut mit den Großneffen des letzten Schuhmachers Gerhard Redeker befreundet“, erzählt er. Was er übrigens immer noch ist. Einer von ihnen ist Friedemann Schwarze, der auch beim Pressetermin dabei ist. Beide erzählen, wie das damals war mit dem Kondomschild - und wo es wohl gehangen haben mochte. &bdquo;Gerhard Redeker hatte nicht nur das Schuhgeschäft“, blickt Friedemann Schwarze zurück. Er habe auch eine kleine Krankenversicherungsagentur betrieben. &bdquo;Wahrscheinlich hat er darüber die Kondome verkauft. Irgendwie unter der Ladentheke.“ Auch er muss schmunzeln, weil der Kondomverkauf über ein Schuhgeschäft respektive Versicherungsagentur um 1920 doch mehr als ungewöhnlich war - schon gar im kleinen Werther. Traurig ist, dass es mit dem Schuhgeschäft nicht weiterging. Gerhard Redeker und seine Frau blieben kinderlos, und Nachfolger Dieter Wilke ging 1997 in den Ruhestand. Das Haus an der Engerstraße 9 sollte abgerissen werden. &bdquo;Mein Vater, mein Bruder, Bernd und ich sind kurz vor dem Abriss nochmal reingegangen, um ein paar Erinnerungsstücke zu sichern“, erzählt Schwarze. Fotos, Stempel, alte Briefköpfe - und ein paar Schilder. Auch das mit der Kondomwerbung. Bei Google stößt der Bielefelder auf die Geschichte hinter dem Schild &bdquo;Das durfte ich behalten, weil ich beim Ausräumen geholfen habe“, erinnert sich Szarkowski-Tegtmeier. Zuordnen habe er es damals nicht können. &bdquo;Mir sagten Fromms Act und Gummi-Schwämme gar nichts. Aber ich hatte schon immer ein Faible für technische Dinge, weshalb ich ganz glücklich über die Leuchtreklame war.“ Weil er aber so recht nichts damit anzufangen wusste, packte der heute 53-Jährige das Schild vom Werther’schen Dachboden auf den seiner Eltern in Bielefeld. Kurze Zeit später zog er aus und das Schild blieb - bis er vor zwei Jahren den dortigen Dachboden aufräumte. &bdquo;Mittlerweile gab es Google“, und plötzlich stieß der Bielefelder auf die spannende Geschichte hinter dem Schild. &bdquo;Julius Fromm war ein ukrainischer Jude, der 1893 als Kind mit seiner Familie nach Berlin emigrierte.“ Später habe er Chemie studiert und sich mit Gummiwaren selbstständig gemacht. Nazis enteigneten den kompletten Besitz von Julius Fromm Das bestätigt Sven Deutschmanek, als er die Historie der Tafel in der ZDF-Show beleuchtet. &bdquo;Die ersten Kondome der Neuzeit hatten eine wenig gefühlsechte Längsnaht.“ 1916 entwickelte Julius Fromm ein Verfahren, wie man Kondome ohne Naht herstellt - indem man Kautschuk über einen Glaskolben gießt. Das sei ein riesiger Erfolgsschlager geworden. Wie erfolgreich, beschreibt Szarkowski-Tegtmeier: &bdquo;Die Kondome wurden massenweise im Ersten Weltkrieg eingesetzt.“ Als probates Mittel der Verhütung, vor allem aber, damit sich die Soldaten keine Syphilis einfingen. In den Soldatenbordellen habe Kondompflicht gegolten, &bdquo;Fromms Act war hier ein bekannter Name.“ Im Zweiten Weltkrieg hätten die Nationalsozialisten dann den gesamten Besitz von Julius Fromm enteignet. &bdquo;Hermann Göring, hochrangiger NSDAP-Funktionär, hat seiner adeligen Patentante das Unternehmen zugeschanzt. Im Gegenzug erhielt er von ihr zwei Schlösser.“ Lesen Sie auch: Gütersloher Bürgermeister Norbert Morkes überrascht bei bekannter ZDF-Show &bdquo;Bares für Rares“ &bdquo;So etwas Cooles haben die selten“, sagt der Bielefelder über die Show Ein Teil dieser Geschichte kommt auch in der Sendung &bdquo;Bares für Rares“ zur Sprache. &bdquo;Dieser Tag hat unglaublich viel Spaß gemacht“, erzählt Szarkowski-Tegtmeier rückblickend. Aber wie kam er überhaupt dazu, das Schild in der Show anzubieten?&bdquo;Ich schaue sie ab und zu und wusste: So etwas Cooles haben die selten.“ Deshalb sei er sich sicher gewesen, dass seine Bewerbung erfolgreich sein und er die begehrte Händlerkarte bekommen würde. Wer die Sendung nicht kennt: Bei &bdquo;Bares für Rares“ bieten Privatleute alles an, was sie zu Hause finden: von Schmuck über Gemälde bis hin zu Geschirr, Bronzen und vielen Dingen mehr. Potenzielle Käufer sind Antiquitätenhändler, die sich bestenfalls spannende Bieterduelle liefern. Die Antiquität wird zum Highlight der ZDF-Sendung Genau wie bei der Kondom-Werbetafel. &bdquo;Das war so aufregend“, schildert Szarkowski-Tegtmeier. Von der Fahrt im Oktober früh morgens mit seiner Frau zum Pulheimer Walzwerk, wo die Sendung aufgezeichnet wird, bis zu den Filmaufnahmen und den Wartezeiten in der Kantine vor Ort. &bdquo;Man ist den ganzen Tag voller Adrenalin, weil man nie weiß, was als Nächstes kommt.“ Gefühlt habe er den ganzen Tag geredet, &bdquo;gesendet haben sie glücklicherweise nur einen Bruchteil“, meint der Bielefelder lachend. &bdquo;Ich fand mich nämlich selbst vorlauter, als es sonst meine Art ist.“ Seine Hoffnung, mit seiner Antiquität das Highlight der Sendung zu sein, geht auf. Zwar bringen eine üppige Armbanduhr und eine Diamantbrosche mehr Geld - die meisten Lacher und die witzigsten Kommentare gibt es aber für das Präservative-Schild. Zwischen den Händlern entwickelt sich ein echtes Bietergefecht &bdquo;Das ist was ganz Spezielles“, fasst es der Design-Experte zusammen, und Horst Lichter (&bdquo;Hallo, ich bin der Horst“) kann nur beipflichten: &bdquo;Ich bin ganz begeistert.“ Was er denn dafür haben wolle? Eine Standard-Frage in der Sendung. &bdquo;500 Euro“, antwortet der Bielefelder. &bdquo;Ein frommer Wunsch“, kommentiert eine Stimme aus dem Off. Der Experte geht mit. Er schätzt das Schild auf einen Wert zwischen 400 und 600 Euro. Horst Lichter überreicht die Händlerkarte. Und dann beginnt der spannendste Moment der Sendung: das Bietergefecht unter den Händlern. &bdquo;Ooohhh“, raunen die erstmal, als sie sehen, was da angeboten wird. Mit 80 Euro gehts los und dann flott hin und her. 100 Euro, 200, 300, 600. &bdquo;Ja los, auf zum Höhepunkt“, ruft die einzige Frau in der Runde. 700 Euro sind geboten, Szarkowski-Tegtmeier strahlt, dann sind es 770, schließlich 800 (&bdquo;Fast eingetütet“, ruft einer der Männer), 850, 880, 900, 910 - letztes Gebot. Der Käufer lacht, der Verkäufer auch und nimmt die Scheine entgegen. &bdquo;Das war ein schneller Akt“, kommentiert die wortwitzige Händlern. Und Szarkowski-Tegtmeier: &bdquo;Das ist mehr, als ich erwartet habe. Ich bin superglücklich.“ Danach fährt er nach Hause. &bdquo;Schön langsam bei der ganzen Euphorie.“ &bdquo;Sich selbst im Fernsehen zu sehen ist schon komisch“ Und es beginnt das lange Warten. Denn ausgestrahlt wurde die Sendung erst am 23. Februar. Bis dahin galt, Stillschweigen zu bewahren. &bdquo;Das musste ich sogar vertraglich zusichern“, erzählt der 53-Jährige. Genau wie er unterschreiben musste, dass das Schild nicht geklaut ist. Dann endlich ist es soweit, und Bernd Szarkowski-Tegtmeier ist noch einmal fast genauso aufgeregt wie bei seinem Tag in Pulheim. &bdquo;Sich selbst im Fernsehen zu sehen ist schon komisch“, meint er. Er hat sich die Zeit von der Arbeit freigeschaufelt und sitzt mit seiner Frau und den Kindern zu Hause vor dem Fernseher. Auch im Freundeskreis wird die Sendung verfolgt. Hier können Sie die Sendung in der ZDF-Mediathek nachschauen Der Erlös aus der Versteigerung ist bereits größtenteils ausgegeben Das Geld ist inzwischen größtenteils ausgegeben. 500 Euro haben die beiden jüngeren Kinder bekommen, der älteste Sohn (25) hat ihnen zuliebe verzichtet. Für den Rest will die Familie schön essen gehen. &bdquo;Das steht noch aus“, so der Bielefelder lachend. Ein bisschen Blut geleckt hat er schon, gibt er zu. &bdquo;Ich hätte Lust, nochmal hinzugehen.“ Als leidenschaftlicher Sammler alter Dinge hätte er vielleicht sogar etwas im Angebot. &bdquo;Mal sehen.“ Jetzt hofft er erst einmal, dass das historische Schild in gute neue Hände kommt - und ein Höhepunkt im neuen Zuhause wird.

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