Albtraum: Junge Frau aus Kreis Gütersloh verliert über Nacht plötzlich ihre Haare

Werther. An die vergangene Weihnachtszeit erinnert sich Julia Fischer nur ungern zurück. An Heiligabend fallen der 23-Jährigen plötzlich büschelweise die langen blonden Haare aus. "Ich dachte erst, das kommt vom Färben", sagt sie. Als ein Arzt kurz darauf die wirkliche Ursache benennt, ist das für die junge Fußballerin aus Werther erst einmal ein großer Schock: Sie leidet unter kreisrundem Haarausfall. "Am Anfang habe ich viel geweint", gibt Julia Fischer zu: "Ich dachte, das darf doch nicht wahr sein. Warum trifft es ausgerechnet mich?" Die gebürtige Steinhagenerin fühlt sich nicht mehr hübsch. Sie fürchtet, "nicht mehr weiblich genug zu sein". Auch um ihre Beziehung zu ihrem Freund Kilian Kunz hat sie Angst. Die beiden sind gerade knapp vier Monate zusammen, als sie die niederschmetternde Diagnose erhält. "Ich hätte sogar verstanden, wenn er sich von mir getrennt hätte", sagt Julia Fischer. Doch dazu kommt es nicht. Im Gegenteil: Die Krankheit schweißt das Paar noch enger zusammen. Kilian Kunz unterstützt seine Freundin, wo er nur kann. Er ist es auch, der Julia Fischer die wenig verbliebenen Haare am Ende zur Glatze rasiert. "Mir hat sein Verhalten in dieser Zeit gezeigt, dass er es wirklich ernst mit mir meint", sagt sie. Gleichzeitig hilft er ihr dabei, selbstbewusst mit ihrer Erkrankung umzugehen: Anfang des Jahres veröffentlicht die junge Frau ein Video im sozialen Netzwerk TikTok, indem sie offen über ihren kreisrunden Haarausfall spricht. Sie erreicht damit mehr als 1,5 Millionen Leute, die sie mehrheitlich bestärken und ihr Mut zusprechen. Ihre Echthaar-Perücke trägt sie nur für andere "Ich bin in diesem Jahr erwachsener geworden", sagt Julia Fischer. "Früher habe ich sehr viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt. Heute weiß ich, dass sich kein Mensch darüber definiert", erklärt sie. Ihre Echthaar-Perücke, die sie kurz nach der Diagnose kauft, habe sie vor allem nur für andere. "Damit vermeide ich komische Blicke auf der Straße. Wenn ich nach Hause komme, ziehe ich die Perücke als erstes noch vor meiner Jacke aus", meint sie. Beim Fußball, den Sport den Julia Fischer seit mehr als zehn Jahren mit großer Leidenschaft betreibt, ist das Kunsthaar ohnehin nutzlos. "Das sitzt nicht fest genug", erklärt sie. In der vergangenen Winterpause wechselt Julia Fischer vom Herforder SV zum Bezirksligisten BV Werther II. Zu den ersten Trainingseinheiten erscheint sie noch mit Mütze. Schon kurz danach entscheidet sie aber, ihre Mitspielerinnen über ihr Leiden aufzuklären. "Die Mädels waren total süß zu mir und haben mir viel Kraft gegeben", sagt sie. Auch die Familie steht die ganze Zeit über hinter ihr: "Meine Oma hat mir sogar Geld für die Perücke geschenkt." Kreisrunder Haarausfall kann immer wieder kommen Bis Mitte des Jahres verliert Julia Fischer fast 80 Prozent ihrer Körperbehaarung. Seit dem Frühsommer kommt die aber nun langsam wieder zurück. "Das ist normal. Die Krankheit verläuft in Schüben", erklärt sie. Bei kreisrundem Haarausfall handele es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der die Immunzellen die eigenen Haare bekämpften. Das sei bei ihr gerade nicht mehr der Fall. Mittlerweile trägt die angehende Physiotherapeutin schon wieder einen feschen Kurzhaarschnitt. "Ich freue mich natürlich, dass die Haare nachwachsen", sagt sie. Wohlwissend, dass sich das von einen auf den anderen Tag auch wieder ändern kann. "Klar ist die Angst vor einem Rückfall da", räumt sie ein: Doch daran verschwende sie kaum einen Gedanken. "Wenn es dazu kommt, dann ist es so", sagt sie. "Ich habe in diesem Jahr gelernt: Ich bin mehr als mein Haar."

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