Verl-Kaunitz

Stolz auf Angelina Jolie

Blitzendes Chrom und viele Geschichten beim Straßenkreuzer-Festival in Kaunitz

In diesem Lincoln von 1949, den Heike Krauß und Nina Eichweber aus Unna mitgebracht hatten, saß bereits Angelina Jolie. | © FOTOS: ROBERT BECKER

27.05.2014 | 27.05.2014, 15:15

Verl-Kaunitz. Einen weiten Weg hat Thomas Kanzler in Kauf genommen. Der Kraftfahrzeugmechaniker kam für das Wochenende eigens aus Trier, um mit seinem gelben Chevrolet Chevelle Malibu am Straßenkreuzer-Treffen in Kaunitz teilzunehmen. Der gelbe Kombi sieht aus wie ein Werbefahrzeug für Borussia Dortmund. Prompt wartete Kanzler mit Elvis-Tolle auf der Stoßstange hockend, auf einen Kunden aus der gelb-schwarzen Stadt für seinen 1973 gebauten Kombi.

Nur wenige Autos waren bei diesem traditionellen Treffen indes zum Kauf angeboten. Die meisten Liebhaber wollten sich und ihre Arbeit präsentieren.

Petticoats, viel Chrom und amerikanische Luxusschlitten soweit das Auge reichte – der Charme der 50er-Jahre zog erneut die Massen an. Einige hundert Fahrzeuge und viele Tausend Gäste besuchten am Samstag und Sonntag bei strahlendem Sommerwetter das traditionelle Straßenkreuzer-Treffen an der Ostwestfalenhalle in Kaunitz. 90 Minuten nach Öffnung der Tore ging am ersten Tag des Treffens schon nichts mehr.

Das Haupttor musste zunächst geschlossen werden. Erst als im hinteren Bereich eine Parkwiese zusätzlich für die Klassiker-Fahrzeuge freigegeben wurde, entspannte sich die Lage und weitere "Schlitten" konnten auf das Gelände cruisen. Live-Musik, Verzehr- und Zubehörverkauf liefen da schon auf vollen Touren. Bei Sonnenschein glänzten die Autos der Oldtimerfreunde ganz besonders.

Sein Lebenswerk hatte Ali mitgebracht, ein 49-jähriger Dachdecker aus dem Hunsrück. Sein Chevrolet von 1957 würden manche als überrestauriert bezeichnen. Es funkelt überall, der senfgelbe Lack ist neu, sogar von unten sind alle Teile verchromt. Hin und wieder fotografierten die um die Autos schleichenden Freaks mit dem Handy deshalb den Unterboden. "Mit 16 habe ich angefangen für ein solches Auto zu sparen, vor 25 Jahren habe ich den Wagen aus Arizona rübergeholt", sagte Ali.

"Ich arbeite jeden Tag daran." Dachdecker sei eine gute Berufsausbildung für sein Hobby. "Viele Schrauben und Sonderteile dengele ich mir selbst." Neulich hat er den Auspuff selbst gefertigt und verchromen lassen. Aus altem Treppengeländer hat er sich Spezialschrauben gedreht. Ob er verkaufen wolle, wurde er in Kaunitz gefragt. Ali schüttelte sich. Sein Lebenswerk sei nicht verkäuflich: "Ich wüsste gar keinen Preis dafür."

Nebenan hatte es sich ein Freundeskreis aus Unna in der Sonne gemütlich gemacht. Die Männer waren selbst auf Oldtimerschau, die Damen bewachten die eigenen Autos. Ein Lincoln fiel sofort ins Auge. "Da hat schon Angelina Jolie drin gesessen", erzählten Heike Krauß und Nina Eichweber, als sie sich mit ihren geblümten Kleidchen vor dem schwarzen, tief geduckten 500-PS-Gefährt mit 7,6-Liter-Motor aufstellten. Nicht ohne Stolz erzählten die Frauen davon, dass ihr Auto bei den Dreharbeiten zum Blockbuster "The City Cobra" eingesetzt wurde.

Fast alle der präsentierten Autos sind irgendwann von Amerika aus verschifft worden. Auch der 1932er Ford mit dem 5,3-Liter-Corvette-Motor von Ingo Grabosch aus Lingen im Emsland. Grabosch hat den Ford im Juli vergangenen Jahres in San Francisco einem 82-Jährigen abgekauft. "Kotflügel und Haube habe ich neu gemacht, sonst nichts", sagte er. Für Sparfüchse sei der schwarze Wagen nichts, sagte Grabosch, dessen Kumpels gerade den Grill angeworfen hatten: "25 bis 30 Liter will er haben."

Grillduft ist nicht das einzige Merkmal das dieses Straßenkreuzer-Treffen zu einem Wochenend-Happening machte. Überall zwischen den Autos campierten die Oldtimerfans und waren damit dem lieben Blech ganz nah.

Ein fast baugleicher Ford, nur ganz in Gelb, stand wenige Meter weiter. Martin Muthesius aus Hannover hat den Wagen, ein Fünf-Fenster-Coupé, zwischen 1996 und 1998 neu aufgebaut. Aktuell neu ist der 6,3-Liter-Chevy-Motor, der den Oldtimer von 1932 in unter sechs Sekunden auf 100 km/h beschleunigt. Sein Wagen sei "American Graffiti" nachempfunden, einem Film von 1973, sagte Muthesius, der sich gern mit der Platznachbarin zum Foto stellte.

Die war mit einem Desoto-Straßenkreuzer aus Wolfsburg nach Kaunitz gekommen – natürlich im Blümchenkleid, wie es viele junge Frauen beim Festival trugen. Die Dame ist frisch verheiratet und stolz auf ihren neuen Namen. "Ich heiße nicht nur so, ich bin auch scharf angezogen", sagte Steffi Scharfenberg, als sie sich sonnenbebrillt vor ihrem Desoto aus den 50er Jahren präsentierte.