Verl

Schäden am Dach größer als erwartet

Hoffen auf milden Winter: Bei der Sanierung der St.-Anna-Kirche beginnt der nächste Bauabschnitt

Ein Mitarbeiter der Zimmerei Wilhelm Risse aus Meschede arbeitet an einer sogenannten kraftschlüssigen Verbindung, da ein Teil dieses Dachbalkens erneuert werden muss. | © FOTO: ROBERT BECKER

02.10.2013 | 02.10.2013, 00:00

Verl. Die zwischenzeitlich unterbrochenen Sanierungsarbeiten an der St. Anna Kirche in Verl schreiten voran. Nach dem Abschluss der Gründungsarbeiten im Mai ist die gut 220 Jahre alte Kirche seit drei Wochen eingerüstet. Aktuell steht der erste Abschnitt der Dachsanierung vor dem Abschluss. Drei weitere sollen folgen. Wenn alles gut läuft, könnten die Arbeiten in 15 Wochen, also Mitte Januar abgeschlossen sein – sofern keine weiteren Überraschungen auftreten und der Winter milde verläuft.

Nachdem bis Mai Gründungspfähle gebohrt wurden und das Fundament nun sicher steht, geht es der Kirche jetzt ans Dach. Dort hat der Gescheckte Nagekäfer sich weit in die Balken vorgefressen. Mauerlatte und Sattelbalken werden komplett ausgetauscht. Über die Holzverbindung hat sich der Käfer auch in die ersten Meter der Sparren vorgearbeitet, sie werden nun untersucht und ausgetauscht. Dazu wird der Sparren angeschnitten, die schadhafte Stelle entfernt und anschließend eine kraftschlüssige Verbindung mittels neuer Eichensparren hergestellt.

Im ersten Abschnitt war gleich jeder Sparren betroffen. "Diesen Umfang hatten wir so erwartet", sagt Architekt Stefan Terbrack aus Bielefeld. Grund für den Schadensbefall sei die offensichtlich undichte Dacheindeckung in der Zeit vor 1983 gewesen sein, der letzten Erneuerung des Schieferdaches. Nun wird in vier Abschnitten die Balkenlage überprüft und ausgetauscht. Dazu wird das Dach abschnittsweise geöffnet. Um gegen die Witterung geschützt zu sein, wird ein provisorisches Dach gezimmert. Darunter können die Bauarbeiten theoretisch auch bei Minustemperaturen weiterlaufen. "Bei einem Winter wie dem letzten wäre hier aber drei Monate Stillstand."

Das würde die Kirchengemeinde in zweifacher Hinsicht treffen. Zum einen entstünden höhere Kosten durch die vermutlich längere Standzeit des Gerüsts. Auf der anderen Seite schauen die Verantwortlichen mit Sorge auf die zum Frühjahr wieder anstehende Brut- und Aufziehzeit der seltenen Breitflügelfledermaus, die sich dort in einer Stärke von mindestens 39 Tieren angesiedelt und den Terminplan schon mehrfach torpediert hat. Untersuchungen mit Infrarotkameras hätten zuletzt ergeben, dass die Tiere sich von Gerüst- und Bauarbeiten indes überhaupt nicht beeinflussen ließen, berichtete der Architekt. War die Aufregung um die Tiere also umsonst?

Fakt ist, dass die Dacharbeiten abgeschlossen sein müssen, bevor die Kirche den Außenanstrich bekommt und die Innensanierung beginnt. Beides ist für das Frühjahr 2014 geplant. Innen soll unter anderem das Taufbecken versetzt und eine neue Beschallung installiert werden. "Darüber informieren wir aber erst noch in einer Gemeindeversammlung", will Pfarrer Hermann-Josef Hölscher seine Kirchenmitglieder in diesen Fragen einbeziehen.

Neben dem Nagekäfer haben die Kirchenvertreter einen weiteren Schädling ausgemacht: Wespen. In seiner Kirche hat Pastor Hölscher ein bizarr anmutendes Holzstück ausgestellt, das mit einem Wespennest besetzt ist. Daneben präsentiert Hölscher besonders beschädigte Balkenabschnitte. An einigen Stellen ist das Holz außen unversehrt, aber von innen so ausgehöhlt, dass nur noch ein, zwei Zentimeter Holzwandung übrig geblieben sind. "Die Balken hatten so gut wie gar keine Tragkraft mehr", sagt Kirchenvorstand Helmut Arens. Nicht selten, dass Kirchenbesucher, die das gesehen haben, ihrer Kirche eine Spende für die Sanierung zukommen lassen.

Auf insgesamt 1,8 Millionen Euro schätzt Pfarrer Hölscher die Gesamtkosten. Rund 400.000 Euro entfallen auf die Dacharbeiten. Das Generalvikariat Paderborn ist mit rund einer Million an den Kosten beteiligt. "Wir müssen etwa 800.000 Euro selbst aufbringen", erklärt der Kirchenmann. Rund 340.000 sind bereits an Spenden eingegangen, 300.000 Euro bestreitet die St.-Anna-Gemeinde aus Rücklagen. "160.000 fehlen noch", rechnet Hölscher vor, atmet einmal tief durch und sagt dann: "In Verl kann man sich darauf verlassen, dass das irgendwann passt."