Mitgebrachtes Essen von Jugendlichen sorgt in Bibliothek im Kreis Gütersloh für Ärger

Verl. 1,6 Millionen Euro hat die Modernisierung der Verler Bibliothek gekostet. Seit rund eineinhalb Jahren präsentiert sie sich runderneuert, will Wohlfühlatmosphäre verbreiten und gar &bdquo;das Wohnzimmer der Stadt“ sein, wie der damalige Erste Beigeordnete Heribert Schönauer zur Wiedereröffnung im August 2021 sagte. Neu ist aber nicht nur die Inneneinrichtung, sondern auch das Konzept: Als so genannte &bdquo;Open Library“ kann das Haus an allen Wochentagen, also auch sonntags, in der Zeit von 8 bis 20 Uhr besucht werden. Das hat die Neuanmeldungen sprunghaft steigen lassen, die Zahl derjenigen, die die &bdquo;Offene Bibliothek“ nutzen, ist beachtlich. Also ist das Ganze ein voller Erfolg? Nicht nur, zogen Claudia Thye und Heike Schniedermeier vom Leitungsteam jetzt vor dem Ausschuss für Bildung, Sport, Kultur und Generationen eine gemischte Bilanz. Wenn im &bdquo;Wohnzimmer“ lärmende Schüler mitgebrachte Döner und Pommes verzehren, hört für manchen Besucher der Spaß auf. Und die Bibliothek hat auch mit anderen Problemen als Folge der geschaffenen Freiheiten zu kämpfen. Wer die &bdquo;Open Library“ nutzen möchte, muss älter sein als 18 Jahre und mit seiner Unterschrift bestätigen, sich an die Regeln der Einrichtung zu halten sowie mit der Video-Überwachung einverstanden zu sein. 77 Prozent aller neuen Nutzer lassen sich so den Zutritt zur Bibliothek auch außerhalb der Servicezeiten freischalten. Auch wenn die Bibliothek noch nicht wieder die Nutzerzahlen aus der Vor-Corona-Zeit erreicht hat: Die &bdquo;Open Library“ hat die Attraktivität des Hauses ganz offensichtlich gesteigert. 142 Prozent mehr Neuanmeldungen Im Vergleich zu 2019, also dem letzten Jahr vor Corona und Umbau, ist die Zahl der Neuanmeldungen im Jahr 2022 um 142 Prozent angestiegen, so Claudia Thye. 29 Prozent aller Nutzer besuchen die Bibliothek außerhalb der regulären Öffnungszeiten. Die &bdquo;Open Library“-Nutzer stellen mittlerweile die Hälfte aller aktiven Leser. Gar nicht selten aber schlüpft mit ihnen auch ein nicht registrierter Besucher durch die Tür. Das kann zum Problem werden. &bdquo;Wenn etwas passiert, wenn etwas demoliert ist, können wir nicht nachweisen, welcher Kunde im fraglichen Zeitraum in der Bibliothek war“, sagt Heike Schniedermeier. Dem komme man nur mit viel Reden bei. &bdquo;Aber es ist sehr mühselig und kommt immer wieder vor.“ Abkehr von der ursprünglich toleranten Haltung Das eingeführte Selbstverbuchungssystem entlastet zwar auf der einen Seite die Mitarbeiterinnen im Servicebereich, weil die Kunden Ausleihe und Rückgabe selbstständig durchführen. Auf der anderen Seite beobachtet das Bibliothekspersonal jedoch, dass zunehmend CD-Packungen und Spiele unvollständig zurückgegeben werden. &bdquo;Früher fiel das an der Rückgabetheke direkt auf. Das nachzuverfolgen ist jetzt aufwendiger.“ Insbesondere Jugendliche, beklagte Schniedermeier, gingen &bdquo;häufig wenig sorgsam mit unserem neuen Mobiliar um“. Das sei ein großes Problem. Früher war Essen in der Bibliothek grundsätzlich nicht erlaubt. &bdquo;Jetzt sind wir ja das Wohnzimmer und finden, dass Essen und Trinken zur Wohlfühlatmosphäre dazu gehört. Doch mit dieser toleranten Haltung kommen wir nicht mehr weiter.“ Speziell in den Mittagsstunden, wenn die Schüler Pause haben, &bdquo;haben wir das Problem, dass die mit Pommes, Döner, Sushi zu uns in die Bibliothek kommen. Chips zum Mittagessen sind auch sehr beliebt.“ Weil der saubere Umgang damit schlecht zu kontrollieren und kaum eine Grenze zu ziehen ist, ist das Essen in der Bibliothek mittlerweile wieder generell verboten. Die &bdquo;Bibliothek der Dinge“ kommt Ansonsten würden die Neuerungen sehr gut angenommen. Das Lesecafé hat viele neue Stammkunden gewonnen. Es komme nicht selten vor, dass montags keine einzige ungenutzte Kaffeetasse mehr im Regal stehe, so Claudia Thye. Dafür quillt dann das Rückgaberegal über – ein weiterer Hinweis darauf, wie gut die Bibliothek gerade zu Zeiten, an denen sie vor der Umgestaltung geschlossen war, genutzt wird. Gut frequentiert werden auch die beiden abgetrennten Besprechungsräume. Wer hier in Ruhe arbeiten möchte, kann dafür vorab Zeit reservieren. Spitzenreiter ist ein Nutzer, der im vergangenen Jahr einen solchen Raum für 88 Stunden gebucht hat. Die erhofften freien Kapazitäten für andere Tätigkeiten hat die Umstellung auf Selbstausleihe und -rückgabe den Mitarbeiterinnen der Bibliothek übrigens nicht gebracht. &bdquo;Das hatten wir uns ein bisschen anders vorgestellt“, stellte Heike Schniedermeier fest. &bdquo;Es ist an der Ausleihe nicht mehr diese Masse zu bewegen, aber dafür fällt viel Beratungsarbeit an.“ Beispielsweise für Nutzer, die mit den Selbstverbuchungsautomaten nicht klar kommen: &bdquo;Der Fehler steht oft vor der Maschine.“ Anfängliche Technikausfälle, die auch mal dazu führten, dass Leser am Wochenende vor verschlossener Tür standen, gibt es inzwischen nicht mehr. Eine Neuerung ist noch nicht vollständig umgesetzt, soll aber demnächst kommen: die &bdquo;Bibliothek der Dinge“. Zu leihen sind dann Gegenstände, die nichts mit Medien zu tun haben, die man sich aber für eine seltene Nutzung nicht eigens anschaffen möchte oder aus finanziellen Gründen nicht kann. Dann wird es in der Bibliothek beispielsweise Lochzange, Disko-Kugel oder Action-Cam geben.

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