Angst vor Blackout: Städte im Kreis Gütersloh bereiten sich auf Ernstfall vor

Verl. Die Stadt Verl rüstet sich für den Fall, dass es im kommenden Winter zu einem flächendeckenden mehrtägigen Blackout bei der Stromversorgung kommen könnte. Die Verwaltung folgt damit einer Aufforderung des NRW-Innenministeriums. In Notstromaggregate, Funkgeräte, Satelliten-Telefone und andere technische Ausstattung hat die Kommune knapp eine halbe Million Euro investiert. Vor dem Hintergrund einer befürchteten Gas- und Strommangellage als Folge des Kriegs in der Ukraine hatte das Düsseldorfer Innenministerium Landkreise und Kommunen am 29. Juli angeschrieben und appelliert, sich auf einen Notfall vorzubereiten. In den Mittelpunkt stellt die Behörde das Szenario eines 72-stündigen Stromausfalls. Dann geht nichts mehr: Heizungen bleiben kalt, Ampeln und Laternen dunkel, irgendwann fallen möglicherweise die Telekommunikationsnetze aus. Netz könnte in die Knie gehen Aufzüge bleiben stecken und die Pumpen im Klärwerk stehen. Neben einem befürchteten Hacker-Angriff auf die bundesdeutsche Infrastruktur bereitet vor allem der Umstand Sorge, dass sich die Privathaushalte angesichts der eingestellten russischen Gaslieferungen in den vergangenen Monaten mit hunderttausenden Heizlüftern eingedeckt haben. Schalten die Menschen diese Stromfresser an einem kalten Tag mehr oder weniger gleichzeitig ein, könnte das Netz in die Knie gehen. Die Stadt Verl hat inzwischen 13 Notstromaggregate unterschiedlicher Größe geordert, bestätigt Thorsten Herbst, Leiter des &bdquo;Stabs für außergewöhnliche Ereignisse“ (SAE) im Rathaus. Dieser SAE ist nichts anderes als ein Krisenstab, darf sich nur nicht so nennen. Denn eine Kommune ist lediglich Mittler vor Ort und der Landkreis grundsätzlich die Krisenbehörde. Ein Antenne für den Zugang zum Satellitennetzwerk von Elon Musk Die Notstromaggregate sollen unter anderem bei den Feuerwehr-Löschzügen zum Einsatz kommen, soweit diese noch nicht ausreichend damit ausgestattet sind. Sie sollen darüber hinaus die Arbeitsfähigkeit der wichtigsten Abteilungen im Rathaus garantieren sowie die Stromversorgung der so genannten &bdquo;Leuchttürme“. Als solche werden Anlaufstellen für die Bevölkerung in einer Notlage bezeichnet. In den &bdquo;Leuchttürmen“ sollen sich die Bürger informieren können und Hilfe erhalten. Beispielsweise wenn sie bei einem Ausfall von Telefon und Internet selbst nicht mehr die Möglichkeit haben, einen Arzt zu kontaktieren. Mit Hilfe der Notstromaggregate will die Stadt bei einem Stromausfall ihre Kommunikationstechnik in Betrieb und damit die Verbindung zu Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst aufrecht erhalten. Wenn alle Stricke reißen, können Satelliten-Telefone zum Einsatz kommen. Zwei Geräte habe die Stadt für Ausnahmefälle angeschafft, bestätigt Herbst. Ansonsten sollen angemietete Funkgeräte genutzt werden. Da bei einem Blackout auch das Internet nicht mehr erreichbar wäre, hat die Stadt für das Rathaus eine &bdquo;Starlink“-Antenne gekauft. Über sie und das gleichnamige Satellitennetzwerk des privaten US-Raumfahrtunternehmens SpaceX von Elon Musk ist ein Internetzugang in einer Notsituation möglich. Kläranlagen erhalten eigene Notstromaggregate Notstromaggregate kommen bei einem Blackout auch bei der Abwasserentsorgung zum Einsatz. Die beiden Klärwerke Verl-West und Sende produzieren einen Großteil ihres benötigten Stroms durch die Verbrennung des anfallenden Faulgases. Zum Teil kommt aber auch Erdgas zum Einsatz. Um dessen möglichen Ausfall zu kompensieren, wird nun eine zweite Sicherheitsstufe eingebaut. Jedes Klärwerk erhält in den nächsten Wochen ein Diesel-Notstromaggregat. Solche Generatoren sollen im Notfall auch die Pumpstationen mit Strom versorgen, die das Schmutzwasser aus dem Stadtgebiet zu den Kläranlagen pumpen. Während die Pumpstation an der Marienstraße über ein fest installiertes Notstromaggregat verfügt, stehen der Stadt bislang zwei mobile Geräte für den Notbetrieb der 15 anderen Pumpstationen zur Verfügung. Deshalb wird nun ein drittes angeschafft. Die Verler Feuerwehr ist grundsätzlich gerüstet Für deren Einsatz muss eine entsprechende Diesel-Kraftstoff vorgehalten werden. Zur Lagerung wurden eigens Tanks angeschafft, beispielsweise einer für den Bauhof. Dieser verfügt zudem über eine &bdquo;mobile Tankstelle“: Ein mit einem größeren Zusatztank ausgestattetes Pritschenfahrzeug kann die Notstromaggregate anfahren und sie am Einsatzort betanken. Die Feuerwehr, so Herbst, sei grundsätzlich gerüstet. &bdquo;Deren Tanks sind voll. Die Feuerwehr kommt auch länger als 72 Stunden über die Runden.“ Das Notfallkonzept der Stadt sieht neben den &bdquo;Leuchttürmen“ Sammelpunkte und Wärmeräume vor. Einzelheiten dazu will die Verwaltung in Kürze bekannt geben. Die öffentliche Kommunikation zu diesem Thema ist heikel. Und so warnt der Erste Beigeordnete vor Panikmache: &bdquo;Alles, was wir tun, ist für absolute Notfälle gedacht“, sagt Herbst. &bdquo;Aber wir wollen vorbereitet sein.“ Sich vorbereiten können auch die Bürger. Tipps dazu hat die Stadt auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Sie sind abrufbar über die Unterpunkte &bdquo;Aktuelles“ und &bdquo;Energiekrise“ auf www.verl.de Auch die Stadt Schloß Holte-Stukenbrock hat inzwischen einen Krisenstab eingerichtet. Zu welchen Ergebnissen der bei seinen Beratungen gekommen ist, stellte jetzt Beigeordneter Olaf Junker den Mitgliedern des Stadtrates vor. Die Sporthalle in SHS wird zur Wärmestube Die Heizzentrale am Hallenbad, die mit Holz befeuert wird, sorgt unter anderem für Wärme in der benachbarten Sporthalle der Gesamtschule. Dort soll für hilfesuchende Menschen eine Wärmeinsel geschaffen werden. 100 Feldbetten werden deshalb angeschafft. In der Mensa der Gesamtschule sollen die Menschen verpflegt werden. Um diese Gebäude sowie das Hallenbad als sanitäre Anlaufstelle und das Sportheim, die ebenfalls von der Heizzentrale erwärmt werden, mit Strom zu versorgen, soll ein Notstromaggregat nahe der Heizzentrale hinter dem Hallenbad fest verbaut werden. Geschätzte Kosten: 400.000 Euro. Bisschen viel, finden CDU und Grüne. Sie bitten darum, dass noch einmal überprüft wird, ob mobile Notstromaggregate nicht preiswerter und sinnvoller sind. Das Rathaus wird im Katastrophenfall im Schichtbetrieb rund um die Uhr Anlaufstelle für die Bürgerschaft sein. Damit der Krisenstab, der im Rathaus seinen Sitz haben wird, und die Feuerwehr handlungsfähig bleiben und mit den Feuerwehren der Nachbarkommunen sowie dem Katastrophenschutz des Kreises kommunizieren können, werden 15 Satellitentelefone angeschafft. Außerdem braucht das Rathaus ein eigenes Notstromaggregat, das gegebenenfalls das Gymnasium und dessen Sporthalle ebenfalls versorgen kann. Ein Ingenieurbüro prüft gerade, was genau gebraucht wird. Feuerwehrgerätehäuser sollen Anlaufstellen für Hilfesuchende sein Die Feuerwehrgerätehäuser in Schloß Holte und Stukenbrock sollen ebenfalls Anlaufstellen für Hilfesuchende sein. Beide Häuser sind ohne Gas beheizbar und verfügen bereits über Notstromaggregate.Die Michaelschule in Liemke hat eine Pellet-Heizung und eignet sich deshalb als Wärmestube. Ein mobiles Notstromaggregat reicht, um das Gebäude und die benachbarte Turnhalle zu versorgen. Liemker, die auf dem Schulgelände nicht unterschlüpfen können, Sender und Senner sollen Zuflucht finden in warmen Bussen, die an zentralen Stellen positioniert werden. Nach einem Hinweis von SPD-Ratsherrn Ulrich Sigrist, von Beruf Krankenpfleger, sollen sich bitte Bürger im Rathaus melden, die zu Hause auf ein Beatmungsgerät oder krankheitsbedingt auf ein anderes elektrisches Gerät angewiesen sind. Die Bürgerschaft überhaupt für den Katastrophenfall zu sensibilisieren und sie mit Informationen für den Fall der Fälle zu versorgen, wie von Britta Rusch (CSB) gefordert, das übernimmt der Krisenstab des Kreises. Handzettel sollen zurzeit in Arbeit sein. Alles in allem wird die Vorbereitung auf eine verschärfte Energiekrise die Stadt voraussichtlich 570.000 Euro kosten. Der Stadtrat genehmigte jetzt alle vorgeschlagenen Anschaffungen und Maßnahmen.

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