Verl verschenkt Feuerwehrauto - bald wird es in Afrika unterwegs sein

Verl. Wollen Sie einen Müllwagen kaufen? Benötigen Sie 50 gleiche Anschlusskabel für Computer-Monitore oder einen Schreibtisch, den einst ein Bundesrichter nutzte? All diese Gegenstände versteigern Behörden auf der Plattform www.zoll-auktion.de, wenn sie sie nicht mehr benötigen. Hier wäre eines Tages gegebenenfalls auch ein ausgemustertes Tanklöschfahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr Verl gelandet, doch die Stadt hat sich anders entschieden: Sie wird auf die Einnahme von rund 14.000 Euro für den Verkauf des knallroten Gebrauchtwagens verzichten und ihn verschenken. Der Haupt- und Finanzausschuss hat einstimmig beschlossen, das Löschfahrzeug dem Verler Verein Humanitäre Hilfe für Uganda zu überlassen, der es für weitere Einsätze nach Afrika verschiffen möchte. Das Löschfahrzeug vom Typ TLF 16/25 hat exakt 27.117 Kilometer auf dem Tacho. Und das, obwohl in den Papieren die Erstzulassung auf den 7. Februar 1995 datiert ist. Gebaut hat es die Firma Ziegler auf einem Fahrgestell von Mercedes Benz, an Bord befindet sich ein Wassertank für 2.350 Liter Löschwasser. Soweit die nackten Zahlen. Das Fahrzeug ist nicht defekt, es ist schlicht aus Altersgründen ausgemustert und in Verl durch einen Neuwagen ersetzt worden. Seither steht es in einer Garage des städtischen Bauhofs und wartet auf den Verkauf. Ein staatlicher Rettungsdienst fehlt In Ostafrika aber, sagt die Verler Ugandahilfe, könne es noch wertvolle Dienste leisten und Menschenleben retten. Der Verein hatte sich deshalb im Rathaus gemeldet und angefragt, ob die Kommune ihr den Feuerwehrwagen zur Weitergabe nach Uganda zur Verfügung stellen würde. Bekanntlich baut der Verein, der seit 19 Jahre Krankenhäuser, Gesundheitsstationen und Waisenheime in Uganda mit materiellen und finanziellen Spenden unterstützt, im Südwesten des Landes seit 2012 einen Rettungsdienst auf. Einen vom Staat organisierten gibt es dort nämlich nicht. Nach Angaben der Ugandahilfe wird noch in diesem Jahr der Bau einer Leitstelle zur Koordination von medizinischen Rettungseinsätzen beginnen – sofern die Corona-Situation es zulässt. Diese Leitstelle soll über eine einheitliche Notrufnummer kostenlos erreichbar sein. Unfallopfer werden in Werkstatt mit Trennschleifer befreit Da noch kein Funksystem existiert, werden die einzelnen Standorte der Rettungswagen dann über ein Mobiltelefon alarmiert. Über die Jahre hat es die Ugandahilfe geschafft, sechs Standorte mit jeweils zwei Rettungsfahrzeugen auszustatten. Auch diese sind Fahrzeuge, die in Deutschland ausgemustert worden sind. Problematisch wird es für die einheimischen Helfer, vor Ort und teils in Deutschland geschult, immer dann, wenn bei schweren Verkehrsunfällen mit mehreren Verletzten, die laut Ugandahilfe durchschnittlich einmal pro Monat vorkommen, eingeklemmte Personen nicht aus dem Fahrzeug befreit werden können. Sie werden dann samt Unfallfahrzeug zur nächstgelegenen Werkstatt abgeschleppt und dort mit Hilfe eines Trennschneiders oder einer Brechstangen befreit. Zudem gibt es im Brandfall keine Möglichkeit, das Feuer zu löschen. Schulungen durch Verler Feuerwehrmitglieder Der Verein möchte deshalb das alte Verler Löschfahrzeug mit einer zusätzlichen Rettungsschere und einem Rettungsspreizer nach Uganda verschiffen. Außerdem sollen zehn Einheimische in Zusammenarbeit mit den Maltesern International zu Rettungssanitätern ausgebildet werden. Damit sie auch den Feuerwehrwagen fahren, bedienen und die Gerätschaften nutzen können, sollen sie eine kleine feuerwehrtechnische Ausbildung erhalten, so Vereinsvorsitzender Thomas Pankoke. Angedacht sei, dass diese Schulung vor Ort Verler Feuerwehrmitglieder vornehmen, &bdquo;denn die kennen ja das Auto“. Pankoke sagte vor dem Haupt- und Finanzausschuss, dass der Wagen ausdrücklich nicht dem Staat Uganda zur Verfügung gestellt werden soll, sondern in kirchlicher Trägerschaft stehen werde. Der Verein wird sich an den Kosten für den Schiffstransport mit ca. 1.800 Euro beteiligen, der Rest soll über öffentliche Zuschüsse finanziert werden. "Ausdrücklich ein Einzelfall" Die Stadt hatte den Wert des Wagens durch das Angebot eines potenziellen Aufkäufers ermitteln lassen. Auf die möglicherweise zu erzielende Einnahme von 14.000 Euro bei einem Verkauf will sie verzichten, weil das Feuerwehrfahrzeug einem humanitären Zweck dienen wird. &bdquo;Das Geschenk ist ausdrücklich ein Einzelfall“, sagt Bürgermeister Michael Esken. Denn im Raum stand während der Diskussion im Ausschuss auch die Frage, was eigentlich passiert, wenn ein Verein abgelegte Diensthandys oder Computer der Stadt übernehmen will. Diese Gegenstände werden auch künftig nicht verschenkt, sondern über die Plattform für Behördenauktionen, neben einer Straßenkehrmaschine aus Hamm oder 18 Schreibtischen aus Kiel, versteigert.

Meistgelesen