Junge Familie aus Kreis Gütersloh will 200 Jahre alten Kotten retten

Steinhagen. "Wir haben fast drei Jahre lang gesucht", blickt Manuel Männle beim kleinen Pressegespräch am Küchentisch zurück. Ursprünglich stammt der 36-Jährige aus dem Schwarzwald, lebt aber schon seit einigen Jahren im Norden. Erst trieb ihn die Arbeit als Informatiker nach Bielefeld, dann lernte er über einen WG-Freund seine große Liebe kennen. Einige Jahre wohnten Lena Büscher und ihr Ehemann schon auf einem Hof in Isselhorst. Klar war aber: Etwas Eigenes soll her. Auf dem Hof musste nicht nur Platz für die 35-jährige Sozialarbeiterin, ihren Mann und die gemeinsame Tochter sein, sondern auch für die vier Islandpferde, die zur Familie gehören. Keine ganz einfach Aufgabe. "Die Pferde waren eigentlich ausschlaggebend", sagt Manuel Männle. "Die irgendwo unterzustellen kostet zu viel Geld." Hofstelle bei Kleinanzeigen gefunden Bei Kleinanzeigen stolperten sie dann über die kleine Hofstelle mit etwas Land in Alleinlage zwischen Steinhagen und Brockhagen. Nicht nur die Optik, auch die Lage fanden die beiden ansprechend. "Wir wollten nicht so ganz außerhalb wohnen. Man muss schon noch mit dem Fahrrad zum Bäcker oder Einkaufen fahren können", betont Lena Büscher. "Hier sind es mit dem Fahrrad zur Kita zwei Minuten, und die Bushaltestelle ist direkt an der Straße", freut sich Manuel Männle. Interessante Angebote sind aber bekanntlich selten und sehr begehrt. "Wir waren sehr schnell, die ersten", erinnert sich der 36-Jährige. 800.000 Euro für einen kleinen Hof mit erheblichem Sanierungsbedarf Allerdings war der ausgeschriebene Preis auch heftig. 800.000 Euro rief der Vorbesitzer auf. Für einen kleinen Hof mit erheblichem Sanierungsbedarf. "Das war echt unfassbar teuer", sagt Männle. "Aber er ist auch direkt mit dem Preis runtergegangen", blickt Lena Büscher zurück. Der Endpreis - den die beiden nicht öffentlich verkünden wollen - lag deutlich niedriger. Mit dem Hof kauften die jungen Eltern im vergangenen November aber vor allem eine große Baustelle, das war von Anfang an klar. Innen wie außen braucht der fast 200 Jahre alte Kotten viel Aufmerksamkeit. "Eigentlich wäre das eine Kernsanierung", weiß Manuel Männle mittlerweile. So seien die Schwellbalken - auf denen die ganze Fachwerkkonstruktion ruht - in weiten Bereichen weggefault, weil sie im Erdreich liegen. "Ein radikaler Ansatz wäre, das Haus einmal komplett anzuheben, um sie zu erneuern", erläutert Männle, der schon mit Zimmerleuten und anderen Experten im Gespräch ist. Außerdem müssen die Gefache komplett erneuert werden. Staatliche Unterstützung für das Projekt Noch deutlich augenscheinlicher sind die Aufgaben, die innerhalb des Hauses warten. Vor einigen Jahren hatte der Vorbesitzer große Teile des Innenausbaus mit Grobspanplatten verkleidet. Die Folge: kleine, düstere Räume, versteckte Decken und ummantelte Balken. Die neuen Besitzer wollen den ursprünglichen Charme des Kottens wieder hervorholen. Dafür soll so viel raus, wie möglich. Die Deele soll wieder Deele werden, aus dem kaum gedämmten Dachboden werden Kinderzimmer, und geflieste Böden sollen Holz weichen. Die gute Nachricht: Manuel Männle und Lena Büscher bekommen bei ihrem Projekt staatliche Unterstützung. "Wir konnten den Kotten als kulturlandschaftsprägendes Objekt einstufen lassen", erklärt der 36-Jährige. Einerseits bringe das Vorteile, was die Einhaltung der KfW-Energie-Standards angehe, andererseits stünden Fördermittel in Aussicht. Und ein günstiger KfW-Kredit kommt dem jungen Paar in der finanziell angespannten Lebensphase natürlich sehr zu Gute. Mehrere hunderttausend Euro könnte die Förderbank finanzieren. Bauprojekt auch im Fernsehen zu sehen Mit der Unterstützung kommen aber auch Forderungen. Zum Beispiel muss das Fachwerk komplett erhalten bleiben, und die neuen Fensterrahmen dürfen nur aus Holz sein. Für die Bauherren kein wirkliches Problem. "Wir wollen es ja erhalten, weil wir das Fachwerk so toll finden", sagt der Familienvater. Weitere finanzielle Unterstützung bietet das Projekt "Jung kauft Alt" der Gemeinde. Manuel Männle hat auch schon etwas zur Geschichte des Anwesens recherchiert. "Der Kotten geht wohl zurück auf das Jahr 1836. Der Hof hieß ursprünglich Hof Tönnies." Ob es Bezüge zum gleichnamigen Fleischfabrikanten gibt, ist unklar. Erste Vermerke zur Hofstelle ließen sich sogar schon 1676 finden. Im Frühjahr soll nun also das Bauprojekt starten, damit der alte Ströhen-Kotten eine Zukunft hat. Nach ersten Schätzungen wird der Umbau mindestens drei Jahre dauern. Für die Bauherren-Familie ist also ein langer Atem angesagt. Darauf hat sich Lena Büscher bereits eingestellt: "Bis zum Winter wollen wir erst mal zwei bis drei Räume fertig haben, danach sehen wir weiter." Das Projekt der Familie Büscher-Männle ist auch Teil einer Doku im WDR.

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