Schloß Holte-Stukenbrock (bü/gri). Das Thema scheint nach wie vor aktuell. Der biblische Prophet Amos beklagte unwürdigen Zustände im Staat, in der Verwaltung, im Gerichtswesen und in der Wirtschaft. Reiche verachteten die Armen, Gerichtsurteile wurden manipuliert, die Witwen und Waisen wurden hilflos gelassen. Amos verkündete für das Nordreich Israel das Todesurteil Gottes.
Monsignore Prof. Dr. Konrad Schmidt vom Erzbistum Paderborn nahm den Vers "Recht ströme wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach" (Amos 5,24) zum Ansatzpunkt, bei einer Veranstaltung des Bildungswerkes des Pastoralverbundes über das Buch Amos zu referieren. Bereits im vergangenen Jahr hatte er ein Seminar über das Judentum abgehalten.
Monsignore Schmidt führte aus, dass der Prophet Amos erst in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von den Theologen beachtet wurde, obwohl er der älteste der Propheten sei. Amos wirkte im 8. Jahrhundert vor Christus. Er war von Beruf Schafzüchter und Maulbeerfeigenpflanzer. Er gehörte keiner Prophetenschule an, sondern er trat auf – von Gott berufen.
Nach dem Tod des Königs Salomo war das Reich in zwei unabhängige Staaten geteilt worden: Das Nordreich Israel umfasste zehn Stämme des Volkes Israel, im Südreich waren nur die Stämme Juda und Benjamin vereinigt. Amos, geboren südlich von Bethlehem im Südreich Juda, richtete seine Anklage an die Menschen im wohlhabenden Nordreich Israel. Die Missachtung der Menschenrechte wurde von ihm verworfen und der Mensch, der diese Ungerechtigkeiten beging, würde nicht zu Gott gelangen können, verkündeteAmos.
Die Geschichten, die man begann, um 1000 vor Christus aufzuschreiben, wurden vorher im Volk von Generation zu Generation erzählt. Man merke am Stil der Bücher, dass sie vom Erzählen leben. Das Alte Testament will keine Geschichte schreiben wie die Historiker, sondern die Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen festhalten, sagte Prof. Schmidt. Die Texte werden von den Menschen ständig unterschiedlich interpretiert, je nach Herkunft des Lesers. So entstehe kein Katechismus als "Lehrmeinung", sondern ein offenes Angebot für die jeweiligen Leser in der Auseinandersetzung mit dem Glauben. Immer aber verkündeten die biblischen Texte und die Worte der Propheten die mutmachende Liebe Gottes zu uns Menschen, sich auf den Weg zu Gott zu begeben.