Schloß Holte-Stukenbrock. Zwischen Leben und Tod liegen 18 Millimeter Styropor. Nach der Kollision sind sie auf die Hälfte gestaucht. Der Fahrradhelm hat sieben Risse, Maurice Wallbaum (13) nur eine Gehirnerschütterung und ein gebrochenes Schlüsselbein. Ohne die schützende Kopfbedeckung wäre der Zusammenstoß zwischen Auto und Fahrrad auf der Oerlinghauser Straße vor rund zwei Wochen anders ausgegangen.
"Ich war unterwegs in Richtung Bahnhof zu einem Freund, und wollte die Straße überqueren", erzählt Maurice. Ob der Schüler nicht richtig geguckt hat, zu ruckartig losfuhr, oder eine Sekunde unachtsam war, kann nicht mehr gesagt werden. Bei seinem Weg über die Oerlinghauser Straße stößt er mit einem Auto zusammen. Der Fahrer fährt zirka 55 Stundenkilometer schnell, erfasst den Schüler auf dem Fahrrad, am Dienstag, 8. November, um 15.05 Uhr. Maurice stürzt kopfüber auf die Straße, landet auf der rechten Seite. Sein Arm wird geprellt, das Schlüsselbein bricht. Die Schädeldecke hält. Die Polizei spricht vom wohl schwersten Kinderunfall im Kreis Gütersloh in diesem Jahr.
Der Achtklässler hat auch für die kurze Strecke zwischen seinem Zuhause und dem seines Freundes Alex seinen Helm aufgesetzt. Der hat ihm vermutlich das Leben gerettet. "Ohne den Helm hätte Maurice nicht nur eine leichte Gehirnerschütterung gehabt", mutmaßt Ellen Haase. Die Polizeihauptkommissarin ist im Kreis Gütersloh zuständig für die Verkehrssicherheitsberatung und den Opferschutz. Maurice kaputter Fahrradhelm kommt in ihre inzwischen mehr als 100 Stücke umfassende Sammlung aus Unfallhelmen. Diese nutzt sie auch als Anschauungsmaterial, wenn sie den Sechstklässlern der Realschule, die auch Maurice besucht, erzählt, was ihnen ohne Fahrradhelm passieren kann.
Eine Geschichte, die warnen soll, ist die von Gavin. Der damals ebenfalls 13-Jährige überquerte 2002 nahe des Safariparks die Paderborner Straße. Auch er wurde von einem Auto erfasst, stürzte auf den Asphalt. Gavin trug keinen Helm. Die Ärzte entfernten die Schädeldecke und retteten sein Leben. Gavin blieb schwerbehindert.
Maurice ist froh, dass er einen Helm trug. Er sorgt sich weder um seine Frisur, noch um blöde Blicke der Mitschüler. Von Ellen Haase hat er einen neuen Fahrradhelm überreicht bekommen. "Wir haben unseren Kindern von Anfang an beigebracht, dass sie immer einen Helm tragen", sagt Mutter Anja Wallbaum. "Ich bin froh, dass sich meine Jungs und meine Tochter daran halten." Dass dies nicht selbstverständlich ist, weiß Haase. "Wenn ein Achtklässler noch einen Helm trägt, ist das schon etwas Besonderes", sagt sie. Viele Jugendliche würden um die Ecke aus dem Blickfeld der Eltern fahren und die Helme absetzen. "Die Quote der 11- bis 16-Jährigen, die einen Helm tragen, beträgt nur 15 Prozent", so Haase. Dabei sei dies noch nicht einmal eine Frage des Geldes. "Sie können auch einen Helm beim Discounter kaufen. Der Preis ist nicht wichtig, sondern, dass der Helm richtig passt", sagt die Polizistin. "Ein Fahrradhelm ist das beste Verhütungsmittel vor Pflegefall und Unfalltod." Besonders die modern verarbeiteten Inmould-Helme, bei denen Styropor und Plastik nicht verklebt, sondern aus einem Guss gefertigt werden, seien zu empfehlen.
"Alle unsere Freunde setzen Fahrradhelme auf", sagt Domenik, zweieiiger Zwillingsbruder von Maurice. "Und außerdem ist das Helmvisier praktisch. Das schützt vor der Sonne." Auch Pheline, die elfjährige Schwester der Zwillinge, trägt ihren Helm gewissenhaft.
Am 24. Dezember werden Maurice und Domenik 14 Jahre alt. Den Heiligen Abend wird die Familie in diesem Jahr besonders dankbar feiern. "Und die Oma bekommt zu Weihnachten von uns auch einen Fahrradhelm geschenkt", sagt Domenik. "Damit sie ein gutes Vorbild ist." Mehr Informationen und Videos unter www.polizei-gt.de und ww.unfallakte.de.