SCHLOß HOLTE-STUKENBROCK

Villa ihrer Träume

HISTORISCHE GEBÄUDE NEU ENTDECKT: Vom alten Glanz der Gründerzeit

Gerti und Gregor Pollmeier am schneeweißen Brunnen im Park. Von hier aus blickt man auf die gepflegte Villa mit Freitreppe zur Terrasse. Rechts ist noch ein Stück eines italienischen Pavillons zu erkennen. | © FOTO: SABINE KUBENDORFF

11.07.2012 | 11.07.2012, 00:00

Schloß Holte-Stukenbrock. Gerti und Gregor Pollmeier schwankten lange zwischen "Maria hilf!" und "Prost Mahlzeit!". Inzwischen haben die beiden, die die ehemalige Tenge-Villa an der Schlossstraße renoviert haben, einen neuen Status erreicht: Wunschlos glücklich.

Villa Gerti – so heißt jetzt das prachtvolle Gebäude, dem die Pollmeiers den Glanz der Gründerzeit wiedergegeben haben. Beinahe schon abbruchreif hatte die bald 120 Jahre alte Villa ausgesehen, ausgeweidet von Dieben und nur noch mit sehr diskretem Charme ausgestattet. Sie hatte fast zehn Jahre leergestanden, nachdem die letzte Tenge-Witwe ausgezogen war. 1996 kauften Pollmeiers die Villa, und dann begann eben die Maria-hilf-Prost-Mahlzeit-Phase.

Information

Zur Serie

Historische Gebäude neu entdeckt – so heißt die Serie der , die in Zusammenarbeit mit den Stadtführern entsteht. Bislang erschienen sind fünf Folgen.

Vorgestellt wurden bislang der Eichhof (einer der Urhöfe der Stadt), der Gutshof Welschof, die Villa Meyer, die Villa Hano, der Fockel- Hof und der Hof Peitzmeier genannt Obermeier.

Wer Interesse hat, ehrenamtlicher Stadtführer zu werden, kann sich unter der Telefonnummer 9 29 99 80 melden.(sk)

Ein "mickeriges Dach", wie Gregor Pollmeier sagt, durch das es hindurchregnete. Holzböden in den Obergeschossen, durch die sich der Wurm gefressen hatte. Denkmalgeschützter Stuck, der von den Wänden und Decken bröselte. Eine Birke, die sich durch den Boden der Terrasse gedrängelt hatte und wacker wuchs. Ein völlig verwildertes Außengelände.

Pollmeiers könnten die Liste endlos fortsetzen, und der Außenstehende wundert sich, wie man eine dreijährige Renovierung mit anfangs beinahe täglichen Rückschlägen durchstehen kann. Aber Gerti und Gregor Pollmeier haben nie daran gedacht aufzugeben. "Es ist so schön hier", sagt Gerti Pollmeier heute und sieht sich strahlend um.

Das hölzerne Treppenhaus ist denkmalgeschützt. Die bunten Fenster am Eingang mussten nachgebaut werden.
Das hölzerne Treppenhaus ist denkmalgeschützt. Die bunten Fenster am Eingang mussten nachgebaut werden.

Harald Tenge, Erbauer der Holter Eisenhütte, und Frau Gemahlin sollen vor 120 Jahren ja einen großen Salon geführt und gerne Gäste in ihrer Villa im Schatten des Holter Schlosses bewirtet haben. Die Pollmeiers haben die Tradition gleich bei der Einweihung am 7. August 1999 stilvoll fortgesetzt. 183 geladene Gäste konnten auf drei Stockwerken 15 Räume mit 550 Quadratmetern Wohnfläche bestaunen. Den Wintergarten mit bleiverglasten Fenstern, die Salons mit traditionsreichen, zum Teil antiken Stilmöbeln und kunstvollen (wiederhergestellten) Stuckverzierungen, die prachtvolle Küche mit dem bezaubernden Ausblick auf einen kleinen Teich, Jugendstilfenster und herrlichen Parkettboden. Das ausladende hölzerne Treppenhaus und die exquisiten Flügeltüren. Alles privat finanziert.

In dem riesigen Park mit jahrhunderte alten Bäumen, Bronzegüssen und Plastiken, einem romantischen Teehaus, Pavillons und Brunnen erlebt der Besucher aber auch eine Überraschung. Ein hohes grünes Rohr ragt unauffällig hinter Bäumen hervor. "Wir haben hier eine Biomasse-Heizung", erklärt Gregor Pollmeier, und das verwundert wiederum nicht.

Die Produktion von Energie-System-Anlagen zur Nutzung von Biomasse ist einer der wichtigsten Geschäftsbereiche der Pollmeierschen Firma Polzenith an der Heller. Die wird übrigens bald 50 Jahre alt. "Alle haben mich damals für verrückt erklärt", daran erinnert sich Gregor Pollmeier, heute 74 Jahre alt, noch genau. Mit Holz heizen! Und das in einer Zeit, als alle auf Öl schworen! Sein Weitblick und der Geschäftserfolg haben ihm Recht gegeben. Und durch die Biomasse-Heizung im eigenen Garten bleibt es bezahlbar, die Villa Gerti zu heizen, damit sich nicht wieder der Muff des Jahrhunderts durchsetzt. Im Winter werden immerhin 70 kw gebraucht – pro Stunde. Das entspricht 70 Litern Öl.

Das Firmenjubiläum wird im nächsten Jahr gefeiert, und die Goldene Hochzeit. Vier Kinder, zehn Enkel und ein Urenkelkind. Auch die gehören zum Status "Wunschlos glücklich".