SCHLOß HOLTE-STUKENBROCK

Wenn der Zähler kostenlos läuft

Schloß Holte-Stukenbrocker wartet seit anderthalb Jahren auf seine Stromrechnung

Einmal im Jahr zahlen Stromkunden für ihren Verbrauch. Diesen gibt der Stromzähler an. Doch in den aktuellen Eon-Fällen werden Besitzer von Fotovoltaik-Anlagen ihre Euros bislang nicht los. | © ARCHIVFOTO: RAIMUND VORNBÄUMEN

18.01.2012 | 18.01.2012, 00:00

Schloß Holte-Stukenbrock. Der Kühlschrank brummt, die Wohnzimmerlampe leuchtet und die Heizung läuft - und das alles vollkommen kostenfrei, weil der Stromanbieter kein Geld einfordert. Was für viele Stromkunden nach einem Verbrauchertraum klingt, ist für ein Schloß Holte-Stukenbrocker Ehepaar eher zu einem Albtraum geworden.

Elke Schmidt (Name geändert) schüttelt fassungslos den Kopf: "Das ist doch kurios: Da will man bezahlen, darf aber nicht." Und ihr Mann Friedel Schmidt (Name ebenfalls geändert) ergänzt: "Andere können nicht zahlen, müssen aber." Das Ehepaar Schmidt bezieht seinen Strom vom Anbieter Eon Westfalen Weser. Jahrelang hatte mit der jährlichen Zahlung der Stromkosten alles geklappt. Doch seit Ende 2010 wartet das Ehepaar auf eine Zahlungsaufforderung.

Dass das Ehepaar Schmidt mit seinem Problem nicht alleine steht, hat es durch einen Artikel in der Neuen Westfälischen vom 12. Januar erfahren. Darin wurde über einen Eon-Kunden aus Bünde berichtet, der seit April 2010 keine Stromrechnung mehr bekommen hat. "Da wurde mir klar, dass es unendlich viele Eon-Kunden sein müssen, die dieses Problem haben", so Friedel Schmidt.

Information

Gesetzliche Mindestvergütung

Seit dem 1. Januar 2009 ist das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft, das den Eigenverbrauch von Solarstrom regelt.

Demnach besteht für Fotovoltaik-Anlagen in bestimmten Fällen die Möglichkeit, eine – wenn auch nur verringerte – gesetzliche Mindestvergütung für den selbst oder durch Dritte verbrauchten Strom vom Energieversorger zu erhalten.

Voraussetzung: Der Strom wird nachweisbar selbst in unmittelbarer Anlagen-Nähe verbraucht. (juge)

Im August 2010 hat das Ehepaar seine Solaranlage auf dem Dach seines Zweifamilienhauses in Betrieb genommen. Aus diesem Anlass wurden die zwei alten Zähler in einen neuen Stromzähler umgerüstet.

Was fehlte, war die Abschlussrechnung der alten Zähler seitens Eon. "Obwohl wir Ende 2010 alle Zählerdaten durchgegeben hatten." Nach mehreren Telefonanrufen - "bei denen uns die Mitarbeiter der Service-Hotline nicht weiterhelfen konnten" - kümmerte sich Ehefrau Elke im Mai 2011 erstmals bei Eon in Paderborn vor Ort um das Problem. "Ich bin mit einem ganzen Aktenordner dort hingefahren, um alles darstellen zu können." Sie ergänzt: "Als ich dort ankam, dachte ich, ich wäre auf einer Großveranstaltung."Kunden mit ähnlichen Problemen hätten bis vor die Tür Schlange gestanden und auf ein Beratungsgespräch gewartet.

Elke Schmidt habe dann die Auskunft erhalten, dass es Probleme bei der Umstellung auf ein neues Computerprogramm gegeben habe. "Bei dieser Umstellung und bei der Datenübertragung sind wir wohl irgendwie durchs Raster gefallen", mutmaßt Friedel Schmidt. Das Ehepaar erhielt aber das Versprechen, dass sich seitens Eon um das Problem gekümmert werde.

Im Juli 2011 hat das Ehepaar ein Schreiben von Eon erhalten. "In dem stand, dass wir uns gedulden sollen." Dann endlich, am 9. September 2011, kam die Abrechnung für einen der beiden Zähler. Aber auf die zweite Rechnung wartet das Ehepaar bis heute. "Seit 2010 haben wir keinen Strom mehr bezahlt", sagt Friedel Schmidt. Seine Ehefrau erwartet deshalb eine Summe von "etwa 1.200 Euro, aber eher 1.400 Euro", die an fälligen Stromkosten auf das Ehepaar zukommt.

Eon-Sprecher Edgar Schroeren erklärt auf NW-Nachfrage: "Es ist tatsächliche das Gleiche wie im Bünder Fall." Es hänge alles mit der Fotovoltaik-Anlage des Kunden zusammen. Friedel Schmidt hat für die Einspeisung des Stromes in das Netz und den Eigenverbrauch mit Eon einen Vertrag abgeschlossen - nach dem neuen Gesetz (siehe Kasten). Für den Eigenverbrauch des Solarstroms müssen Schmidts demnach nur eine "mindere Summe" zahlen. "Und für die Einspeisung bekomme ich eine gewisse Summe." Das funktioniere auch. "Das Geld kommt stets pünktlich."

Zugleich bezieht der Schloß Holte-Stukenbrocker Hausstrom - von der Tochtergesellschaft Eon Westfalen Vertrieb GmbH. "Das sind zwei verschiedene Abrechnungssysteme und die mussten wir trennen", erklärt Eon-Sprecher Schroeren. "Deshalb wurde eine Abrechnungssperre eingerichtet."

Lange blieb diese bestehen. "Jetzt haben wir die Sperre aber rausgenommen", sagt Schroeren. Auf das Ehepaar Schmidt wird somit in nächster Zeit eine Zahlungsaufforderung zukommen. "Wenn es eine höhere Summe ist, kann der Kunde auch Ratenzahlungen mit uns vereinbaren", schlägt Schroeren vor. Er betont ausdrücklich: "Es sind Einzelfälle, mit denen wir es zu tun haben." Daran will Friedel Schmidt zwar nicht glauben. Aber er ist erleichtert, dass nun "alles ins Reine kommt". Etwas skeptisch ist er allerdings noch: "Ob das nun alles so klappt?"