Lärm-Konflikt im Kreis Gütersloh: Nachbarn im Streit mit Gaststätten-Betreiber

Schloß Holte-Stukenbrock/Minden. Rausgehen, Bratwurst holen, aber nur wenn nicht mehr als zehn Personen im kleinen &bdquo;Biergarten“ sind. Dann wieder rein ins Holter Bierhaus, um weiter Bundesliga-Fußball zu sehen. Aber ab 22 Uhr bleibt die Hintertür zu. Das sind ein paar der acht Punkte, auf die sich der Betreiber der 117 Jahre alten Gaststätte an der Bahnhofstraße mit einem lärmgeplagten Nachbarehepaar vor dem Verwaltungsgericht Minden einigte. Das Ehepaar, dessen Schlafzimmerfenster acht Meter entfernt von der 2001 zum Biergarten umfunktionierten Freifläche in enger Bebauung liegt, hatte Klage gegen die Stadt Schloß Holte-Stukenbrock erhoben, weil der Biergarten keine Genehmigung habe. Dort hatte man vom Ordnungsamt die Angelegenheit an die Bauaufsicht weitergeleitet. Es ging zwar um Ruhestörung und damit kommunales Ordnungsrecht, doch dahinter stand die baurechtliche Frage: Darf die die Freifläche überhaupt zur Gästebewirtung genutzt werden? Gaststätte befindet sich im Mischgebiet aus Gewerbe und Wohnen Schon die erste juristische Hürde in dieser Sache, die Einzelrichter Christoph Ebeling von der 1. Kammer des Gerichts als &bdquo;Ping-Pong-Spiel“ bezeichnete. Einerseits gibt es eine Regelung im Baugesetzbuch oder der Bauordnung, andererseits gibt es aber wieder Einschränkungen der Regeln. Es komme letztlich auf den Einzelfall an, hatte das Oberverwaltungsgericht Münster in einem ähnlichen Fall entschieden. Das erste Spiel übers Netz ist die planungsrechtliche Zuordnung. Das Gebiet um die Bahnhofstraße, und damit auch das Gaststättengebäude, liegt in einem Mischgebiet, also Gewerbe mit Wohnen. Hier sind die zulässigen Lärmwerte höher als in einem reinen Wohngebiet. In einem solchen aber wohnen die Kläger. Die Grenze verläuft genau an ihren Grundstücksgrenzen. Lesen Sie auch: Gütersloher Restaurant bekommt neue Betreiber: Das ändert sich dort künftig Es hat auch schon ein Gutachten gegeben, das von einer höchstzulässigen Geräuschbelästigung nach der TA Lärm von 55 dbA ausgeht. Das Gutachten sprach hier von 52,4 Dezibel. Nachts, also von 22 bis 6 Uhr, wird die Grenze auf 40 runtergefahren, aber hier soll ja bereits um 22 Uhr Schluss sein. Drei Dezibel bedeuten eine Verdoppelung der empfundenen Lautstärke. Diesen Vorschlag macht der Richter beim Thema Lärm Am Ende seiner juristischen Gedankentour durch die vielschichtige Problematik schlug Richter Ebeling einen Höchstwert von 52,5 dbA vor, ein Mix zwischen den zulässigen Maxima für Wohn- und Mischgebiete. Denn Lärm ist ja der Kern des Problems. Aus dem dbA-Wert lässt sich auch ermitteln, wie viele Menschen sich hier unterhalten können, ohne dass sie die Nachbarn stärker stören als die es ertragen müssen. 52,5 dbA reichen für zwei Stehtische mit drei Barhockern, insgesamt für maximal zehn Personen, so die Berechnung des Richters und sein Vorschlag. Nach der Einigung darauf ging es um die Nutzungsart der kleinen Freifläche: Essen und Trinken, Zubereitung oder nur Verzehr? Ursprünglich war sie ein in der Erlaubnis für die Gaststätte mit etwa 60 Plätzen vorgeschriebener Autostellplatz. Der fehlt nun. Die Stadt kann überlegen, ob sie vom Eigentümer eine Ablöse verlangt. Aber in diesem Verfahren spielte das keine Rolle. Bildschirm, Monitor und Musik vom Smartphone sind untersagt Hier ging es um die Wurst. Genauer: die Bratwurst. Die wurde bislang für die Gäste, die drinnen in der Bierstube das Bundesligaspiel im TV schauten, auf der Freifläche gegrillt und auch dort gegessen. Das ist mit dem Kompromiss nicht mehr möglich. Goldbraun rösten mit dem Gasgrill aber schon. Jetzt sogar ab 12.30 Uhr, weil manches Spiel der 2. Liga schon mittags startet. Aber um 22 Uhr muss die Tür zu sein, und Hinweisschilder fordern quasi die Gäste zum Zählen auf: Der elfte Bratwurstholer muss warten. Zum Beispiel am Buffet, das jetzt innen stehen muss. Lesen Sie auch: Ärger über Lärm von Restaurant im Kreis Gütersloh - jetzt äußern sich die Nachbarn Ein Bildschirm oder Monitor draußen ist nicht erlaubt, außerdem auch keine Musik aus allen Quellen, auch aus nicht dem Smartphone. Aber einmal im Jahr darf auch draußen hinter dem Gastraum richtig gefeiert werden. Entweder zum Bundesligastart oder Saisonende, zum runden Geburtstag des Betreibers oder zur Sparfachleerung. Hauptsache, es wird zwei Tage vorher dem klagenden Nachbarehepaar in Textform angekündigt. Gastronom vermutet Umsatzrückgang durch Kompromiss Keine Regel ohne Verstoß, heißt es allgemein. Da drohen dem Kneipenwirt 100 Euro. Für jeden nachgewiesenen Verstoß. Dass die Nachbarn das auch optisch festhalten werden, ist sich der Nebenerwerbs-Gastronom, der vor zwei Jahren den Betrieb übernahm, sicher. Für ihn bedeute der Kompromiss erheblichen Umsatzrückgang, vermutet er. Auch wenn er sich auf ein großes Stammpublikum stützen könne. Dabei habe er doch schon nach dem Ortstermin des Gerichts die Bestuhlung des Außenbereichs zurückgefahren. Mit der dreifachen Zustimmung zum Richtervorschlag kennt jeder die geänderten Spielregeln hinter der beliebten Fußballkneipe. Das Spiel ist neu angepfiffen.

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