Safariland in Schloß Holte-Stukenbrock kündigt seltenen Zuchterfolg an

Schloß Holte-Stukenbrock. Im Safariland Stukenbrock steht ein besonderes Ereignis bevor: ein seltener Zuchterfolg. Der Park will das Geheimnis, um welchen Nachwuchs es sich handelt, noch nicht lüften. Der Zoologische Leiter Markus Köchling erklärt aber schon mal, wie aufwendig eine Geburt mitsamt Vorbereitung und Nachsorge im Safariland sein kann. In seltenen Fällen werden Tierbabys von Menschenhand aufgezogen. Markus Köchling hat das im vergangenen Jahr getan und ein Buschbaby-Baby ein halbes Jahr lang im Turnbeutel vor dem Bauch getragen. Lesen Sie auch: Wie wird die Sicherheit der Fahrgeschäfte im Safariland gewährleistet? Die Betreuung der Aufzucht ist vielseitig, weil die Tierwelt so facettenreich ist. Es ist schon gehöriges Fachwissen gefragt, eine Schwangerschaft bei Wildtieren zu erkennen und den Geburtstermin vorauszusagen. Die Tragzeiten sind sehr unterschiedlich: von 135 Tagen bei den Kattas bis zu zwei Jahren bei den Elefanten. Der Leibesumfang ist ein Indiz auf eine Trächtigkeit, beim Verhalten ist es etwas schwieriger. Ein trächtiges Muttertier verhält sich nicht anders als die anderen. &bdquo;Wildtiere zeigen instinktiv keine Schwächen", sagt Markus Köchling. Um nicht ins Visier der Räuber zu geraten. Dass sich ein Hengst oder Bock nicht mehr für sein weibliches Pendant interessiert, könne ein Hinweis sein. Viele Zootiere haben nicht so eine geregelte Fortpflanzungszeit wie zum Beispiel Hirsche. In Regionen mit ausgeprägten Jahreszeiten bestimmt das Nahrungsangebot die Fortpflanzung. Deswegen werden in unseren Gefilden Tierkinder meist im Frühjahr geboren. In den Tropen und Subtropen ist es anders, dort steht den Tieren ganzjährig Nahrung zur Verfügung, daher finden Geburten ebenfalls ganzjährig statt. Wildtierweibchen in freier Laufbahn sind entweder trächtig, säugen oder haben ein Jungtier um sich. &bdquo;Es ist besser, wenn das Jungtier im Stall geboren wird" &bdquo;Wir müssen immer auf eine Trächtigkeit vorbereitet sein", sagt Markus Köchling. Deshalb sei die Beobachtung der Tiere und die Dokumentation des Verhaltens enorm wichtig. Der Pfleger notiert in einem sogenannten Revierbuch seine Beobachtungen, zum Beispiel eine Paarung am Tag x. Stellt sich das Weibchen später als trächtig heraus, könne anhand der Kenntnis der Tragzeit der Geburtszeitpunkt ermittelt werden. &bdquo;Es ist besser, wenn das Jungtier im Stall geboren wird", sagt Köchling. Dort ist die Mutter geschützt und ungestört, die Pfleger können das Tier dezent mit einer Videokamera beobachten. Viele Pfleger wohnen auf dem Parkgelände und sind schnell zur Stelle, im Ernstfall ist es auch Tierarzt Heiner Vorbohle. Das Safariland greift in den natürlichen Reproduktions-Rhythmus ein, indem zum Beispiel Männchen und Weibchen voneinander getrennt werden. Zum einen sollen die Jungtiere trotz des dauerhaften Nahrungsangebotes im Frühjahr geboren werden, weil das Sonnenlicht wichtig für deren Wachstum ist. &bdquo;Sommerjungtiere sind vitaler als Winterjungtiere", erklärt Köchling. Zum anderen soll der Tierbestand reguliert werden. Momentan lässt der Park bei Tigern und Löwen keinen Nachwuchs zu, weil er die Jungtiere nicht an andere Zoos abgeben könne. &bdquo;Wir hatten in den vergangenen Jahren eine sehr erfolgreiche Zucht", sagt Markus Köchling, &bdquo;das bedeutet aber auch, dass momentan in vielen Zoos Tiger und Löwen mit Genen unserer Tiere leben." "Mittlerweile haben wir Biestmilch eingefroren" Ist das Jungtier geboren, sind die ersten drei Tage entscheidend. Die Erstversorgung übernimmt der Tierarzt. Das Neugeborene wird gewogen und ein Blutzuckertest gemacht, um in der Folge überprüfen zu können, ob das Jungtier trinkt und an Gewicht zulegt. Es sei im Safariland äußerst selten, dass ein Tierbaby nach der Geburt stirbt. Mitunter werden große Anstrengungen unternommen, das zu verhindern. Zum Beispiel bei dem Kamelkind Sahiba. Das ist im vergangenen Jahr geboren worden, doch ihre Mutter gab einfach zu wenig Milch. Der Park beschloss daraufhin, Sahiba mit der Flasche großzuziehen. Aus anderen Zoos wurde Kamelmilch beschafft – kriegen Jungtiere falsche Milch, können sie Schaden nehmen –, alle drei Stunden gab ein Pfleger Sahiba die Flasche. Wichtig ist vor allem die Biestmilch, die erste Milch der Mutter, die einen artspezifischen Fett- und Nährwertgehalt und Abwehrstoffe beinhaltet. &bdquo;Mittlerweile haben wir Biestmilch eingefroren", sagt Markus Köchling. Für alle Fälle. Manchmal müssen die Pfleger Tricks anwenden. So regt zum Beispiel ein Gemisch aus Wasser und Kaffee die Milchproduktion an; damit die Mutter das Kännchen auch trinkt, kommt eine gute Portion Zucker mit hinein. Ist das Jungtier auf sich allein gestellt, helfen Zusatzstoffe in der Nahrung: Pelikanküken brauchen vorverdauten Fisch. Deswegen werden dem Futter Enzyme beigemischt. Bei Antilopen leckt das Muttertier normalerweise die Schnauze seines Kindes, um harmlose Darmbakterien zu übertragen, die die Darmtätigkeit anregen. &bdquo;Das kann ich leider nicht übernehmen", sagt Markus Köchling. Das Jungtier kriegt dann Probiotika. Im vergangenen Jahr hat er ein Galago-Baby aufgezogen. Galagos sind kleine Primaten. In Deutschland sind sie auch unter dem Namen &bdquo;Buschbaby" bekannt. Und so ein Buschbaby-Baby hat Markus Köchling von Hand aufgezogen. Als es geboren wurde, wog es etwas mehr als 30 Gramm. So viel wie eine dicke Scheibe Cervelatwurst. Weil das Miniäffchen mit dem Menschen verwandt ist, vertrug es die Pre-Milch aus dem Drogeriemarkt. Köchlings Leben lief ein halbes Jahr lang anders ab. Buschbabys sind nachtaktiv, abends um neun bereitete er deshalb das Buschbaby-Frühstück vor. Das Jungtier trug er in einem Turnbeutel mit Wärmflasche vor dem Bauch mit sich, ein kleiner Stoffwaschbär war der Spielkamerad. Das Buschbaby lebt heute wohlauf mit Artgenossen in Markus Köchlings Büro in Coesfeld. Dort hat er eine Buschbabystation eingerichtet. Jetzt richtet sich der Fokus auf die bevorstehende Geburt im Safariland.

Meistgelesen