Martin Lehmann legt die rote Robe des Bundesgerichtshofrichters ab

Schloß Holte-Stukenbrock. Eigentlich hatte Martin Lehmann sich das künftige Leben im Ruhestand ganz anders vorgestellt. Reisen, durchaus auch größere, wollte er mit seiner Frau Ulla unternehmen, mit Freude an Kulturveranstaltungen teilnehmen, sich ehrenamtlich im Kulturkreis engagieren und sich wieder vermehrt seinem Hobby Schach widmen. Corona hat diese Pläne durchkreuzt. &bdquo;Alles, was ich mir überlegt habe, ist im Moment nicht möglich“, sagt der 65-Jährige. Also wird er sich wohl erst einmal auf die eigenen vier Wände, vor allem auf das Arbeitszimmer und auch auf den Garten konzentrieren. &bdquo;Da ist in den vergangenen zehn Jahren viel liegengeblieben“, sagt Lehmann. Letzte Verhandlungen Ende November Seit April 2010 war er Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe und in dieser Zeit nur am Wochenende in Schloß Holte-Stukenbrock. Ab dem 1. Dezember wird sich das ändern. Dann legt er die rote Robe ab und wechselt mit 65 Jahren in den Ruhestand. &bdquo;Am 25. November habe ich die letzten Verhandlungen – zwei Fälle aus dem Lebensversicherungsbereich.“ Versicherungsvertragsrecht und Erbschaftsrecht, damit hat sich sein Senat beschäftigt. Dass er nicht Anwalt, sondern Richter werden wollte, diese Entscheidung sei schon während seiner ersten Referendarsstelle am Amtsgericht Rheda-Wiedenbrück gefallen. &bdquo;Die Freiheit, Dinge selbstständig zu entscheiden“, fand er ziemlich attraktiv. Zu Hause die Akten studiert Die erste Planstelle als Richter führte ihn an das Landgericht Paderborn. &bdquo;Da war ich von 1983 bis 1990 an verschiedenen Kammern tätig“, erzählt der gebürtige Mindener, der seit dem Wechsel zum Gymnasium in Bad Oeynhausen gelebt hat. Im Jahr 1990 ging es für 20 Jahre zum Oberlandesgericht (OLG) Hamm. &bdquo;In der Zeit bin ich gependelt.“ Akten konnten auch zu Hause studiert werden. Dass sein beruflicher Weg zum Bundesgerichtshof führen würde, &bdquo;gehörte eigentlich nicht zu meinem Lebensplan“, sagt Lehmann. Umso überraschter war er, als die Anfrage kam. Zu der Zeit hatte Martin Lehmann sich bereits als Senatsvorsitzender am OLG beworben. Im Juni 2008 übernahm er die Stelle. Zwei Jahre später ging es – mit der moralischen Unterstützung seiner Frau – nach Karlsruhe. Die Robe war ein Geschenk seiner Frau Die schwarze gegen die rote Robe zu wechseln, &bdquo;das war für mich persönlich kein anderes Gefühl“, sagt Lehmann. &bdquo;Für die Verhandlung ist die Farbe letztlich doch egal.“ Nun wird die Robe, ein Geschenk seiner Frau, mit nach SHS kommen. In der neu gewonnenen Freizeit wieder aktiv in der Politik mitzumischen, das schließt Martin Lehmann aus. In SHS, wo er mit seiner Familie seit 1979 lebt, hat Martin Lehmann, ebenso wie seine Frau, lange Zeit die FDP verkörpert. Liberaler Solist im Rat war er, hat zwei Jahrzehnte lang gegen Windmühlen gekämpft. Mitgestalten, querdenken, sich engagieren und überzeugen, das war es, was er stets beherzigt hat. &bdquo;Natürlich unterstütze ich die Arbeit der Freien Demokraten vor Ort weiter“, sagt Lehmann. &bdquo;Die Kollegen hier machen eine hervorragende Arbeit.“ Auf Bundes- und Landesebene sieht er das anders. Deshalb ist er auch aus der Partei ausgetreten. &bdquo;Aber das ist ein ganz anderes Thema“, sagt der dreifache Vater und zweifache Großvater. Den Kopf frei bekommen möchte er, indem er wieder mehr Sport betreibt, als es in den vergangenen Jahren möglich gewesen ist. Papierberge im Arbeitszimmer Bei zehn Hermannsläufen war Martin Lehmann dabei. &bdquo;Diese Distanz wird es sicher nicht mehr werden“, sagt er, hat aber schon ein anderes Ziel vor Augen: das bunte Laub im Garten. Und dann gibt es da noch die Papierberge im Arbeitszimmer, die abgeheftet oder entsorgt werden müssen. &bdquo;Mit derlei Dingen werde ich mich wohl eine Weile beschäftigen“, sagt Lehmann und zuckt mit den Schultern. Eine große Reise wäre sicherlich reizvoller gewesen.

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