So werden Windräder künftig abgebaut

Schloß Holte-Stukenbrock. Irgendwann ist eine Windkraftanlage reif für den Abbau. Dafür wird Nils Wörmann engagiert. Seit Jahren demontiert seine Firma &bdquo;Wörmann Team“ Anlagen, jetzt hat er ein neues Verfahren entwickelt, das die Abbrucharbeit wahrscheinlich wesentlich günstiger macht. Ein erster Test ist vielversprechend. Die Branche ist interessiert, die Auftragsbücher sind voll. In Deutschland wurden die ersten Windanlagen zur Stromerzeugung in den 1990er Jahren gebaut. Die meisten um die Jahrtausendwende, weil das Erneuerbare-Energien-Gesetz den Betreibern eine 20-jährige Förderung zusicherte. Die Förderung läuft zum Jahresende aus, ohne dass es bislang eine Anschlussregelung gibt. Viele Windkraftanlagen sind zu klein, um ohne Einspeisevergütung wirtschaftlich zu sein. Etliche haben zudem ihr Abbaualter längst erreicht. &bdquo;Das sind Maschinen, die nutzen sich ab“, sagt Nils Wörmann. Irgendwann ist das Getriebe verschlissen, und auch bei Anlagen ohne Getriebe macht die Technik – alles, was sich bewegt – irgendwann einmal nicht mehr mit. Wörmann rechnet damit, dass 6.500 bis 7.000 Anlagen demnächst abgebaut werden. Und davon will er profitieren. Es gibt zwei Typen von Windkraftanlagen. Reine Stahltürme und Türme aus Stahl und Beton, sogenannte Hybridtürme. Die Stahltürme baut das Wörmann-Team von innen ab, es schraubt sie auseinander. Manche Teile leisten noch als Ersatzteile Dienst, der Rest wird verwertet. Zwei Millionen Euro in die Entwicklung der Traverse investiert Schwieriger und aufwändiger ist die Demontage von Hybridtürmen, weil die aus einem Betonturm bestehen, nur der oberste Abschnitt ist eine Stahlkonstruktion, dazu der Maschinenkopf. Stahl allein würde die mehr als 100 Meter hohen Türme nicht tragen. Etwa jede vierte Windkraftanlage im Windpark Sintfeld bei Marsberg-Meerhof, wo der Testabbau stattgefunden hat, hat einen Betonturm. Deren Abbau funktioniert so: Mutterboden muss abgetragen und ein Fallbett ausgehoben werden. Dann wird der Turm ähnlich wie ein Baum gefällt. Und zwar mit einer Sprengung. Die ist aber nicht an jedem Standort möglich. Nils Wörmann hat sich deswegen eine alternative Methode ausgedacht und zwei Millionen Euro in die Entwicklung investiert: Er will den Betonturm auseinanderbrechen. Der Anlagenkopf wird wie bisher demontiert, dann wird aber von oben mit einem Kran eine Traverse eingelassen, die mit einem Hydraulikstempel den Betonturm auseinander drückt. Die Traverse wird per Fernbedienung gesteuert und arbeitet sich wie eine Winde nach unten. &bdquo;Es gibt keinerlei Erfahrungswerte“, sagt Nils Wörmann. Niemand konnte ihm etwa sagen, wie die Beschaffenheit des Betons nach rund 20 Jahren sein würde. Abbaukosten reduzieren Bevor es an einen echten Abriss ging, machte Nils Wörmann einen Vorabtest mit dem Prototypen an einem neuen Betonturm. Ihn überraschte dabei, dass der Turm nicht auseinanderplatzt, sondern vielmehr zerbröselt. Der Abriss mit dem Prototypen soll Vergleichswerte zwischen Sprengung und Traverse liefern. Dazu gehören auch Planungskosten und die Vor- und Nachbereitung. Zum Beispiel: Während sich bei der Sprengung der Bauschutt mit der Erde vermischt, liegen die Betontrümmer nach dem Traversen-Abbau in einem Radius von zehn Metern verteilt und können einfach weggeräumt werden. Eine Zeitersparnis bringt das neue Verfahren wohl nicht, in beiden Fällen dauert so ein Abbau rund eine Woche. Aber finanziell ist das Traversen-Verfahren lukrativer. Nils Wörmann hofft, die Abbaukosten auf die Hälfte zu verringern. Deshalb haben Windanlagen-Eigentümer, Hersteller und Windparkbetreiber schon Interesse gezeigt. Der Prototyp ist für ein Jahr ausgelastet. Momentan entsteht eine zweite, in Details verbesserte, Traverse. Dann wird Nils Wörmann auch weitere Mitarbeiter einstellen. Die Stellenanzeigen sind schon geschaltet.

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