Datenschutz an Schulen: Darf es überhaupt noch Adress-Listen geben?

Schloß Holte-Stukenbrock. Seit Ende Mai gilt die europaweite Datenschutzgrundverordnung, abgekürzt DSGVO, die den Umgang mit persönlichen Daten regelt. An vielen Stellen, sei es in Arztpraxen oder bei Behörden, werden nun Einwilligungen der Bürger eingeholt. Auch in den Kindergärten und Schulen. Jetzt, zum Schuljahresbeginn bitten die Klassenlehrer zu Elternabenden, um über die Organisation des neuen Schuljahres zu sprechen. Dabei spielt auch der Datenschutz eine wichtige Rolle. Die neue Datenschutzverordnung ist in erster Linie in Kraft getreten, um die Datenschutzbestimmungen aller EU-Mitgliederstaaten zu harmonisieren und eine allgemeingültige Rechtssicherheit zu schaffen. Für die Schulen ist der Datenschutz in Deutschland zum einen im Schulgesetz NRW und zum anderen in zwei Verordnungen zur Verarbeitung von Lehrer- und Schülerdaten geregelt. 20 Jahre Aufbewahrungsfrist für Stammblatt Sowohl das Gesetz als auch die Verordnungen existieren seit Jahren ohne wesentliche Änderungen, waren also schon vor der EU-Regelung gültig. Einige Anpassungen sind aber bis zum Herbst geplant. Vieles, das darin geregelt ist, sind verwaltungsinterne Abläufe. Zum Beispiel, welche Informationen ein Schülerstammblatt beinhaltet und wer es einsehen darf. Auch die Aufbewahrungszeit von Daten ist darin geregelt. Für das Stammblatt gilt zum Beispiel eine Aufbewahrungsfrist von 20 Jahren. Die Eltern kriegen von diesen Abläufen in der Regel wenig mit. Ein Datenschutzbeauftragter der Bezirksregierung hilft den Schulen dabei, die Datenspeicherung rechtssicher zu gestalten. Für den Schulamtsbezirk Gütersloh ist das Jochen Schnitker. Den hiesigen Schulleitern hat er bereits Tipps gegeben. Zudem gibt das Landesschulministerium auf dessen Internetseite schriftliche Empfehlungen für Schulleitungen. Änderungen für die NW-Schulstartbeilage Schnitker hat den Schulen zum Beispiel Musterschreiben für Einwilligungserklärungen der Eltern zur Verfügung gestellt. Die erhalten die Eltern – eventuell nach den jeweiligen Bedürfnissen modifiziert – an den Elternabenden. Darin wird festgelegt, ob die Kinder bei Veranstaltungen fotografiert (zum Beispiel für den Schülerausweis oder die Schulhomepage) oder die Namen veröffentlicht werden dürfen. Auch die Neue Westfälische hat in der Schulstartbeilage auf die DSGVO reagiert und keine Namen der Kinder genannt. Das Gymnasium verteilt die aktuellen Datenschutzbestimmungen an alle Eltern, deren Kinder neu die Schule besuchen. Auch der für Schüler und Lehrer einzusehende Vertretungsplan sei anonymisiert, sagt Schulleiter Michael Kößmeier. Er weist darauf hin, dass sich Eltern beim Fotografieren auf dem Schulgelände an das Hausrecht und an die sowieso geltenden Persönlichkeitsrechte der Schüler zu halten haben. Ein generelles Fotoverbot erteilt er nicht. Davon rät auch Datenschützer Jochen Schnitker ab. &bdquo;Wie soll ein Schulleiter so etwas durchsetzen?" Saubere Trennung von Dienstlichem und Privatem Neu für die Eltern wird bei den Informationsabenden sein, dass die Klassenlehrer keine Adressenlisten aushändigen. Sie selbst benötigen eine Liste, Jochen Schnitker rät den Lehrern aber davon ab, sie weiterzugeben. Er empfiehlt eine &bdquo;saubere Trennung von Dienstlichem und Privatem". Das gelte auch für WhatsApp-Gruppen. Sind die Lehrer Gruppenmitglied, sollten sie genau darauf achten, welche Informationen sie wem preisgeben. Klassenlisten oder Whats-App-Gruppen anzulegen, dagegen sei nichts einzuwenden, sagt der Datenschutzbeauftragte. Sofern alle Eltern einverstanden sind. Er empfiehlt, dass diese Liste aus der Elternschaft selbst kommen. "Die Eltern werden sensibler für den Datenschutz" So handhabt es zum Beispiel der Grundschulverbund Grauthoff-Elbracht. Rektorin Tanja Edzards macht auf Rat des Experten den Datenschutz an ihrer Schule transparent. Den Eltern wird schriftlich erklärt, welche Daten wofür gesammelt werden. Tanja Edzards hat den Eindruck, dass dieses Vorgehen bei den Eltern auf Verständnis stößt. &bdquo;Die Eltern werden sensibler für den Datenschutz." In Zeiten von Whats-App oder Facebook, bei denen unwissentlich oder bewusst die Weitergabe von zahlreichen Daten in Kauf genommen werde, sei das wichtig. Für Silke Köhler ist die Datenschutzgrundverordnung aus mehreren Gründen relevant. Sie ist noch amtierende Vorsitzende der Schulpflegschaft der Pollhans-Grundschule und aktives Mitglied im Förderverein. Auf dessen Internetseite www.aktion-wir.de hat es bis vor wenigen Monaten keine Datenschutzbestimmungen gegeben. Nun werden Besucher der Seite schriftlich auf eine entsprechende Erklärung hingewiesen. Silke Köhler spricht von einem organisatorischen Mehraufwand für ehrenamtlich Tätige. Bei abgebildeten Fotos achten die Mitglieder des Fördervereins darauf, dass immer das Einverständnis der Abgebildeten vorliegt. Mitunter fotografieren sie die Personen nur von hinten oder machen sie unkenntlich. Kinder und Eltern wollen sich auch mal absprechen Silke Köhlers Kind besucht mittlerweile das hiesige Gymnasium. Beim ersten Elternabend hat sie sich zur Elternvertreterin wählen lassen. Dabei wurde auch eine Klassenliste erstellt. Mit Telefonnummern. &bdquo;Alle Eltern waren einverstanden", sagt sie. In der fünften Klasse sei es wichtig, auch andere Eltern erreichen zu können. Neue Freundschaften entstehen, Kinder und Eltern wollen sich auch mal absprechen. Noch wichtiger seien derartige Adressenlisten aber wohl in Kindergärten oder Grundschulen. Silke Köhler: &bdquo;Da haben die Eltern noch mehr miteinander zu tun." Datenschutzbeauftragter Jochen Schnitker findet es gut, dass der Datenschutz bei den Menschen angekommen ist. &bdquo;Das ist ein ganz beruhigendes Gefühl."

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