Rietberg

Monarch mit Nähe zum Volk

Jens Bisky liest in Rietberg aus seinem Buch über Friedrich den Großen

Der Buchautor und Kulturjournalist Jens Bisky im Alten Progymnasium. | © FOTO: BIRGIT VREDENBURG

16.02.2013 | 16.02.2013, 00:00

Rietberg. "Unser König". So lautet der Titel eines Lesebuchs über Friedrich den Großen und seine Zeit. Jens Bisky, Buchautor, Journalist und ältester Sohn des ostdeutschen Politikers Lothar Bisky, hat sein Ende 2011 erschienenes Werk jetzt im Alten Progymnasium vorgestellt.

Für Bibliotheksleiter Manfred Beine "ragt es deutlich aus der Reihe zahlreicher Veröffentlichungen zum 300. Geburtstag des Preußen-Königs heraus". Beine pries das Buch als "wahre Fundgrube, als unverstelltes Schaufenster in das Denken, Leben und Empfinden des 18. Jahrhunderts", wähnte hinter dem Titel aber eher eine märkische, brandenburgische, berlinerische oder preußische Sicht, denn "ein Ostwestfale käme wohl nicht auf die Idee, ‚Mein König‘ zu sagen".

Bisky räumte ein, dass "in den vergangenen Monaten sogar Freunde und Bekannte auf mich zukamen und meinten: ‚Moment mal‘". Diese Reaktion sei ihm aber sehr sympathisch, "denn wenn man sich mit Geschichte beschäftig, tut man gut daran, erst einmal auf Distanz zu gehen und genauer hinzuschauen". Zudem habe ein Titel immer auch die Aufgabe, Aufmerksamkeit und Neugierde zu wecken und dürfe durchaus provozieren. Tatsächlich aber heiße sein Buch "Unser König", weil darin viele verschiedene Zeitzeugen wie Diplomaten, Soldaten, Offiziere, Dichter, Beamte oder anerkannte Größen wie Goethe, Fontane, Lessing oder Bismarck zu Wort kommen. Bisky: "Und deren König ist es, der hier beschrieben ist. Ich habe versucht, ihn von verschiedenen Richtungen zu umstellen und durch die Brillen anderer zu sehen".

Kein König sei den Deutschen als Person jemals so nahe gerückt, wie Friedrich II. von Preußen. In den 46 Jahren seiner Herrschaft habe er es seinen Untertanen stets ermöglicht, sich direkt an ihn zu wenden. "Persönlich entschied er über die Heiratsgesuche seiner Offiziere, die er gerne mit sarkastischen und frivolen Kommentaren begleitete", so Bisky. Weil er es verstanden habe, mit einem erstaunlichen Gedächtnis für die Schicksale einfacher Leute zu glänzen und sich im Felde von den Soldaten duzen ließ, habe Friedrich seinerzeit als Monarch neuen Typs gegolten. Den Beinamen "der Große" habe er sich mit dem Durchstehen des Siebenjährigen Krieges – dieses "politischen Verbrechens", dessen er sich schuldig gemacht habe – würdig erworben: "Ohne ihn und seine Taten wäre die Geschichte anders verlaufen". An die altehrwürdige Tradition in der Friedrichdeutung, den Preußenkönig als Vorkämpfer der deutschen Einigung, gar des Rechtsstaates oder der Demokratie zu sehen, glaubt Bisky nicht: "Das ist schlicht und ergreifend Unsinn".