Großbrand bei Möbelhersteller: Warum breitete sich das Feuer so rasch aus?

Rietberg. Am 30. November 2021 hat ein Großbrand die Produktionshallen des Möbelherstellers Procontour fast komplett vernichtet. Die Polizei schließt einen technischen Defekt als Brandursache inzwischen aus. Die weiteren Untersuchungen hinsichtlich einer fahrlässigen oder vorsätzlichen Brandlegung sind abgeschlossen – ohne Ergebnis. Die Polizei hat das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bielefeld übergeben. "Das ist ein routinemäßiger Vorgang", erklärt Polizei-Pressesprecher Mark Kohnert auf Anfrage. Man habe keinen Brandverursacher ermitteln können und aufgrund der verheerenden Ausmaße des Feuers auch keine objektiven oder subjektiven Beweise mehr vorgefunden. Kohnert: "Die Staatsanwaltschaft ist Herrin im Strafverfahren. Sie entscheidet, ob die Ermittlungen mit diesem Sachstand eingestellt werden." Lob für die 200 Einsatzkräfte Wie aber konnte sich das Feuer so rasant ausbreiten? Und wurde im Zuge der Hallenerweiterungen in den Jahren 2011, 2014, 2016 und 2018 der Brandschutz ausreichend bedacht? "Das Feuer hat sich in der Mitte des Betriebes, in einer der Produktionshallen schnell entwickelt und auf das Dach übergegriffen. Angetrieben durch den starken Wind an diesem Tag wurde der Brand immer intensiver und breitete sich von Halle zu Halle aus", erklärt der Einsatzleiter, Stadtbrandinspektor Matthias Setter. Durch eingebaute Brandschutzwände und Brandschutztüren habe die Feuerwehr den Maschinenraum, das Herzstück der Produktion, und die Verwaltung schützen können. "Dabei kam uns allerdings auch die Windrichtung zugute, denn für das Halten dieses Gebäudeteils waren enorme Anstrengungen erforderlich", lobt Setter die Leistung der rund 200 Einsatzkräfte, die mit sechs Drehleitern vor Ort waren. Der Aufbau einer leistungsfähigen Löschwasserversorgung sei eine weitere Herausforderung gewesen. "Die Styropor-Dämmung ist Standard für einen Industriebau" Die Kameraden mussten das fehlende Wasser im Pendelverkehr aus dem Sennebach, der Wapel und dem öffentlichen Wasserversorgungsnetz in Höhe der Feldstraße beschaffen. Dass der fünf Tage später gemeldete Großbrand bei der Firma Ellermann glimpflicher ausgegangen ist, erklärt Setter mit der ruhigeren Wetterlage und damit, dass die Feuerwehr direkten Zugriff auf 450 Kubikmeter Löschwasser direkt auf dem Firmengrundstück hatte. Die durch den Großbrand bei Procontour weiträumig verteilten Brandrückstände stammten aus der Isolierschicht der Sandwich-Platten, mit denen die Halle gebaut wurde. Auf Nachfrage der NW, ob diese Bauweise für ein Holz verarbeitendes Unternehmen empfehlenswert sei, erklärt Setter: "Die Styropor-Dämmung ist Standard für einen Industriebau und baustoffrechtlich geprüft. Diese Bauweise ist auch für den Wiederaufbau der Hallen genehmigungsfähig." Setter weist darauf hin, dass das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) die verkohlten und weiträumig verwehten Brandrückstände als ungefährlich eingestuft habe. Das Löschwasser wurde komplett aufgefangen Und was ist mit den frei gesetzten Rauch- und Rußpartikeln in der Luft? "Gesundheitsfördernd ist keine Verbrennung. Durch den starken Wind aber hat sich der Qualm relativ schnell verteilt. Eine nachhaltige Gefährdung durch die Immissionen bestand nach Aussagen des LANUV nicht", versichert Setter. Auch sei das Löschwasser komplett aufgefangen und wieder verwendet worden. Es sei nicht im Boden versickert oder in den Sennebach geflossen. Setter geht davon aus, dass das an den Betrieb angrenzende Ackerland weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden kann. Der Möbelhersteller Procontour hat seinen Stammsitz in einem Landschaftsschutzgebiet, zwischen Sennebach und Wapelbach. Wie realistisch sind nach dem Großbrand noch die Pläne des Unternehmens, die Produktionsfläche um 10.600 Quadratmeter zu erweitern? "Vorerst geht es um die Frage, inwieweit der Antrag auf Wiederaufbau der abgebrannten Hallen genehmigt und realisiert werden kann", informiert Bürgermeister Andreas Sunder. Nach dem Baugesetzbuch bestehe darauf ein rechtlicher Anspruch. Auch die Stadt habe ein Interesse an der Wiederherstellung des Ursprungszustands. Ob der Betrieb darüber hinaus erweitert werden könne, werde im Rahmen des im September angestoßenen Bauleitplanverfahrens geklärt. "Im Außenbereich gilt, dass eine Betriebserweiterung um maximal ein Drittel der Bestandsfläche als verträglich eingestuft werden kann", erläutert Sunder. Allerdings stelle sich mit Blick auf die baulichen Ergänzungen in den Jahren 2011, 2014, 2016 und 2018 die Frage, ob und wann ein neues Drittel genehmigt werden könne – auch aus Sicht des Kreises, beziehungsweise der Unteren Naturschutzbehörde.

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