Rheda-Wiedenbrück

Jüdisches Leben in Rheda

75 Jahre NS-Pogrom: Ausstellung im Rathaus informiert über Synagogengemeinde

Dr. Jürgen Lewe vom Heimatverein Rheda hält ein Holzmodell der alten Synagoge in seinen Händen, die ein ehemaliges Mitglied des Heimatvereins nach alten Plänen maßstabsgetreu nachgebaut hat. | © FOTO: MATTHIAS GANS

07.11.2013 | 07.11.2013, 00:00

Rheda-Wiedenbrück. Vor 75 Jahren, am 9. November 1938, brannten in ganz Deutschland Synagogen und jüdische Einrichtungen. Auch in Rheda wurde das Gotteshaus der jüdischen Kultusgemeinde angesteckt. "Von Bürgern aus Rheda", wie Dr. Wolfgang Lewe weiß. An das "Jüdische Leben" in Rheda erinnert nun eine Ausstellung im Foyer des Rathauses.

Der Hobby-Historiker hat als Vorstandsmitglied des Heimatvereins Rheda viele Jahre zur Geschichte der Juden in Rheda geforscht. Und auch andere Menschen haben sich um das lange Zeit verdrängte und totgeschwiegene Thema verdient gemacht.

Grundlegend für diese Ausstellung ist die Arbeit der Neuenkirchenerin Elisabeth Hanschmidt. Sie hatte ab 1993 zwei Jahre lang geforscht, Materialien zusammen getragen und sogar Nachfahren Rhedaer Juden in Amerika besucht, um Licht in das bis dato fast unbekannte Kapitel Stadthistorie zu bringen.

Im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der Stadt Rheda-Wiedenbrück und des Heimatvereins Rheda wurden die Ergebnisse dieser intensiven Arbeit zusammengetragen und von dem Herzebrocker Diplom-Designer David Brill auf insgesamt 42 Schautafeln präsentiert. Brill ist Nachkomme von Mitgliedern der Synagogengemeinde, deren Mitglieder aus Rheda, Wiedenbrück und Herzebrock stammten. Ein Holzmodell ermöglicht zudem einen anschaulichen Eindruck von der Rhedaer Synagoge, von der es nur unzureichende Fotos gibt. Es wurde vom ehemaligen Heimatvereins-Mitglied Wolf-Dieter Lang anhand von Plänen maßstabsgetreu nachgebaut.

1995 wurde diese Ausstellung das erste Mal der Öffentlichkeit präsentiert, seitdem wurde sie zwei weitere Male gezeigt. Nun ist sie aus Anlass des 75. Jahrestags des Pogroms der Nationalsozialisten erneut in Rheda in ihrer Originalgestalt zu sehen. Eine Ergänzung sei in den vergangenen Jahren nicht notwendig gewesen, da zwischenzeitlich nur wenige neue Erkenntnisse bekannt geworden seien. Was also nicht vorkommt, ist die Wiederentdeckung einer aus Rheda stammenden Tora, die von dem Gemeindemitglied Fanny Cohn auf ihrer Flucht nach Argentinien mitgenommen wurde und nun in der Leo-Beck-Synagoge in Buenos Aires zu sehen ist (die NW berichtete).

Ein bisschen Zeit und Muße sollte man für diese Ausstellung aufbringen, denn es gibt viel zu lesen und zu sehen. Die Schautafeln berichten ausführlich über das jüdische Leben in Rheda seit den Anfängen um 1640. Das Alltagsleben der jüdischen Bürger spielt dabei ebenso eine Rolle wie das religiöse Leben. Rheda hatte innerhalb der Synagogengemeinde immer die meisten Mitglieder. Zur Hochzeit in den 1930er Jahren lebten hier bis zu 130 Menschen jüdischen Glaubens.