Seit 45 Jahren im selben Unternehmen im Kreis Gütersloh: Mann findet hier sein Glück

Rheda-Wiedenbrück. Der 1. August ist traditionell der Tag der Arbeitsjubilare. Zugegeben, ein Jubiläum sind 45 Jahre im Beruf nicht, aber sie sind eine sehr lange Zeit. Zumal Köksal Sen und ein Kollege 1980 die ersten Türken waren, die bei Westfalia eine Lehre begonnen haben. Dass er sich überhaupt darum beworben hatte, verdankt der 60-Jährige deutschen Freunden. &bdquo;Als Ausländer hatte man es damals schwerer als heute“, sagt Sen. Sein Vater kam 1965 aus Denizli nach Rheda-Wiedenbrück, um bei der Westag zu arbeiten. Seine Frau folgte ihm 1972 mit sechs Kindern. Köksal Sen besuchte die Anfangsschule für ausländische Kinder in Lintel. &bdquo;Da hat man uns Deutsch beigebracht und wie das Leben hier funktioniert.“ Ab der zweiten Klasse ging er zur Bonifatiusschule in Batenhorst. &bdquo;Integration gab’s damals nicht“, erzählt Sen. Als der Wechsel zur weiterführenden Schule anstand, &bdquo;hat der Lehrer entschieden, dass ich zur Hauptschule gehe“. Das wurde nicht infrage gestellt. Dass es auch Realschule und Gymnasium gab, das wusste Sen nicht. Lesen Sie auch: Starke Botschaft in Gütersloh: Afghanischer Medizinstudent setzt ein Zeichen gegen Hass Den Anstoß von deutschen Freunden bekommen Als Kind habe er schnell die neue Sprache gelernt, in der Schule, auf dem Fußballplatz bei Blau-Weiß Wiedenbrück, später bei Westfalia Wiedenbrück, und im Jugendhaus St. Aegidius. &bdquo;Es ging alles von mir aus“, sagt der 60-Jährige, der sich lange im Integrationsrat engagiert hat, dass es heute selbstverständliche Hilfs- und Beratungsangebote für Migranten damals kaum gab. Sen hörte damals genau hin, als seine deutschen Freunde sich über die Zukunft nach der Schule unterhielten. &bdquo;Sie haben mir quasi den Anstoß gegeben, mich um einen Ausbildungsplatz zu kümmern.“ Zwei Bewerbungen hat er geschrieben, zwei Lehrstellen hätte er haben können: Als Betriebsschlosser bei Westfalia und als Autoschlosser bei VW Knöbel Steffensmeier (heute Thiel), erzählt er. Die Zusage der Westfaliawerke, Bereich Anhängerkupplungen, kam früher. Dort startete Sen seinen Berufsweg. &bdquo;Bereut habe ich das nie, ich gehe noch immer gerne zur Arbeit, die ist wie mein zweites Zuhause“, sagt der 60-Jährige. Die ersten zwei Jahre lernte er Teilezurichter, so wie Arif Sönmez. Ihr Lehrlingsmeister Theo Funke, genannt Häuptling Silberlocke, habe gesagt: &bdquo;Aus euch zwei Türken müsste man einen machen“, weil Sen der Praktiker und Sönmez, der später studierte, der Theoretiker war. Mann aus Kreis Gütersloh macht Karriere im Unternehmen Nach den Prüfungen zum Facharbeiter wurde Sen Betriebsschlosser. Die dafür vorgesehene Ausbildung von einem Jahr verkürzte er auf sechs Monate. Belächelt wurde er damals von türkischen Kumpeln, wegen des Lehrlingsgehalts von 220 D-Mark im ersten Jahr, während sie schon erheblich mehr als Arbeiter verdienten. &bdquo;Ich hatte trotzdem eine tolle Ausbildungszeit.“ Sen fuhr mit einem Kollegen Wohnmobile ein. &bdquo;Wir fuhren zwei, drei Tage 2.000 Kilometer, wohin wir wollten.“ So habe er Deutschland erkundet. Gerne hätte Sen seinen Handwerksmeister gemacht. Doch dafür fehlte dem Mann, der 1987 seine Necla heiratete und 1989 einen Sohn und 1991 eine Tochter bekam und sie zweisprachig erzog, das Geld. &bdquo;Ich habe trotzdem Karriere gemacht“, sagt der 60-Jährige. Schon 1983 arbeitete er mit dem ersten Westfalia-Roboter, genannt Bruno. Roboter Nummer zwei hieß Brunhilde, &bdquo;alle folgenden hatten Nummern“. Sieben Jahre leitete Sen die Schlosserei mit 120 Leuten. Er war auch Neuteile-Programmierer und besuchte Zulieferer in Ungarn, Rumänien und Portugal. Als Westfalia Automotive 2010 umstrukturiert wurde, wechselte Sen aus gesundheitlichen Gründen in die Qualitätssicherung. &bdquo;Heute bin ich Endkontrolleur der Schweißnähte.“ Nach 49 Arbeitsjahren soll die Türkei erkundet werden Arbeiten möchte Sen bis zu seinem 65. Lebensjahr &bdquo;und dann nach 49 Jahren ohne Abzüge in die Rente gehen“. Früher habe er immer gesagt, dass er mit seiner Frau, die seit 24 Jahren bei Westfalia arbeitet, in die Türkei ziehen will. Das hat sich geändert. &bdquo;Wir bleiben hier, weil wir uns wohlfühlen.“ Das liegt an den vier Enkeln, die das Paar heiß und innig liebt. Das liegt an den Nachbarn, &bdquo;mit denen wir sehr gut klar kommen und im Garten schon mal ein Bierchen trinken“. Und das liegt an vielen Bekannten. &bdquo;Wir gehen gerne samstags auf den Wiedenbrücker Wochenmarkt und plauschen.“ Lesen Sie auch: Mann aus Kreis Gütersloh wagt mutigen Schritt – und findet fern der Heimat sein Glück Seit 30. Dezember 2024 haben Necla und Köksal Sen auch die deutsche Staatsangehörigkeit. &bdquo;Die haben wir beantragt, als das vor einem Jahr endlich erlaubt war, und hatten nach sechs Wochen unsere Pässe.“ Mit denen will das Paar im Ruhestand verreisen. &bdquo;Dann wollen wir auch die Türkei besser kennenlernen“, sagt Sen. Von Familie und Freunde dort werden sie &bdquo;die Deutschländer genannt“.

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