Heimische Kalender zeigen historische Bilder

Rheda-Wiedenbrück. Sie sind Klassiker an der Wand: Die Kalender, die der SPD-Ortsverein alle Jahre wieder herausgibt. Als "Rhedaer Ansichten" sowie "Wiedenbrücker Ansichten" hat Jochen Sänger nun einmal mehr seinen Bestand historischer Aufnahmen, die ihm Bürger in den vergangenen Jahrzehnten überlassen haben, durchgeschaut und Motive für die jeweils 13 Seiten ausgesucht. Die Bilder laden ein zu einer Zeitreise in die Vergangenheit. Obwohl viele Aufnahmen aus den Jahren 1950 bis 1970 stammen, fallen die Orientierung und die Einordnung der Gebäude selbst Alteingesessenen nicht immer leicht. Dank der Erläuterungen, die Sänger im Anhang gibt, sind sie aber möglich - und sorgen bei manchem Betrachter wohl auch für einen Aha-Effekt. Die "Rhedaer Ansichten", die es erstmals 2002 für das folgende Jahr gab, starten 2017 mit einer Aufnahme des Eidhagens. Der wurde - vor der Emsregulierung um 1935 - regelmäßig von Hochwasser heimgesucht. "Die Bürger warteten auf die Frostperiode und nutzten die dann entstehenden Eisflächen zum ausgiebigen Schlittschuhvergnügen", berichtet Sänger, dass die Emswiesen bis kurz vor Wiedenbrück einst frei von Sträuchern und Bäumen waren. Der Erlenbruchwald sei erst nach 1945 gewachsen. Eine Aufnahme um das Jahr 1975 zeigt im Juni das alte Feuerwehrgebäude an der Ems, das "dem Erdboden gleichgemacht" wurde, so Sänger. Erkennbar sind noch Häuser im ehemaligen Domhof-Bereich - neben dem Drostenhof das alte Kino "Schloß-Theater". Als dieses geschlossen wurde, zog der "Schubo-Markt" ein. Heute ist an der Stelle ein Parkdeck mit 136 Stellplätzen. Das Dezemberblatt erinnert, dass gemäß einer jahrhundertealten Tradition zum ersten Advent der Andreasmarkt in Rheda öffnete - und mit ihm die Vorweihnachtszeit mit festlich geschmückten Straßen und Geschäften begann. In jeder Kneipe boten Wirte Spezialitäten an. Dort herrschte Hochbetrieb. Vor den Toren der Stadt, auf dem Werlplatz, gab es den Kram- und Viehmarkt. Geändert wurde diese Tradition "mit der Einführung des Christkindlmarktes in Wiedenbrück", so Sänger. An eine bekannte Kneipe erinnert er in den "Wiedenbrücker Ansichten", die es erstmals für 2013 gab, mit dem Kalenderblatt für Februar: den Gasthof "Zur Glocke". Der stand gegenüber der Einmündung des Klingebrinks an der Wasserstraße. Dort lockte Glocken-Hermann, wie der Wirt von allen genannt wurde, mit gut bürgerlicher Küche. Im Saal herrschte Hochbetrieb: bei Familienfeiern, Karnevalssitzungen, politischen Informationsabenden und Jugendfeten. In Richtung Lippstädter Straße sei keine großzügige Verkehrsführung möglich gewesen, die "Glocke" wurde abgerissen. Der auf dem Bild ebenfalls erkennbare, 1715 errichtete Schönhof wurde 1968 abgetragen und ist heute im Detmolder Freilichtmuseum zu bewundern. Auch für Oktober hat Sänger ein Bild mit einer ehemaligen Kneipe ausgesucht. Das zeigt neben einer Ecke des ehemaligen Hotels Fröhlich den Gasthof und die Brauerei Hunkemöller, "wo das letzte Wiedenbrücker Bier gebraut wurde". Der Wirt war seit 1921 Heinrich Hunkemöller, zugleich Hauptbrandmeister der Freiwilligen Feuerwehr. Im Jahr 1959 verkaufte er seinen Besitz an die Privatbrauerei Hohenfelde in Langenberg. Eine idyllische Winteraufnahme von 1952 zeigt im Dezember den Kirchplatz aus Richtung Kirchplatzschule betrachtet. Diese wich 1979 dem Stadthaus. In der Mitte des Platzes stand einst der Herz-Jesu-Brunnen, der bei den Umgestaltungsmaßnahmen des Kirchplatzes abgebaut und vergraben worden war. Er wurde aber wieder ans Tageslicht befördert und steht heute im Garten des Aegidius-Jugendhauses. Diese und mehr Daten und Fakten finden sich in den Kalendern, die so nicht nur Schmuck, sondern auch kleine Geschichtsbilderbücher sind.

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