Rheda-Wiedenbrück. Wer den Kinofilm "Ziemlich beste Freunde" kennt, mag sich überlegt haben, wie das Tourneetheater Thespiskarren die Szene mit dem Maserati wohl auf die Bühne des Ratsgymnasiums bringen würde. Doch schnell dürfte diese Frage vergessen gewesen sein, so fesselnd waren die Darsteller in ihrem Spiel.
Der ab dem Hals gelähmte Philippe (Timothy Peach) sucht einen Pfleger. Driss (Felix Frenken) braucht nach sechs Monaten im Knast eine Unterschrift fürs Arbeitsamt – an dem Job ist er nicht interessiert. Doch weckt der junge Mann mit dem lautstarken Auftreten, der wie ein Rapper daher kommt, das Interesse von Philippe. Er stellt ihn für einen Monat auf Probe ein, auch wenn er davon überzeugt ist, dass Driss "es keine 14 Tage durchhält".
So enervierend, wie Driss anfangs auf Philippe und seine charmante, aufreizende, aber leicht unterkühlte Sekretärin Magalie (Sara Spennemann) wirkte, so anstrengend war er anfangs auch für Teile des Publikums. Zu laut, zu frech, zu wild und zu oft ausflippend. Doch er überzeugte mit seiner direkten Art und seinem "schwarzen Humor" – Publikum und Philippe gleichermaßen. Schnell hatte der dunkelhäutige Araber alle Sympathien auf seiner Seite.
Der verbale Schlagabtausch zwischen den Männern erheiterte die 500 Zuschauer im ausverkauften Ratsgymnasium. Gerne und mit viel Vergnügen verfolgten sie das Kräftemessen zwischen dem blasierten, verbitterten Kranken und seinem respektlosen, erfrischenden Pfleger. Deren Gespräche über Kunst – "ein Bild von subtiler Heiterkeit, die sich sofort überträgt" gegen "rote Flecken auf Weiß, wie Nasenbluten" – und ihre Frotzeleien, begründet in der Unterschiedlichkeit ihrer Herkunft, provozierte manchen Lacher. Die mit der Behinderung einhergehende Hilflosigkeit begleiteten die beiden mit einer ironischen Leichtigkeit, die die Zuschauer manches Mal eine bedrückende Stimmung mit einem befreiten Lachen kommentieren ließ.
"Motown – Die Legende"
In der Theaterreihe "Die großen Sieben" steht als nächstes das Stück "Motown – Die Legende" auf dem Programm. Am Montag, 27. Oktober, wird das Euro-Studio Landgraf um 20 Uhr die Geschichte von Berry Gordy im Ratsgymnasium zeigen. Erzählt wird, wie der ehemalige Borxer und Fabrikarbeiter das Plattenlabel Motown gründet – und zu einem der erfolgreichsten weltweit macht.Karten für die Aufführung gibt es bei der Flora Westfalica, Rathausplatz 8-10, Telefon 9 30 10.
Denn es geht in "Ziemlich beste Freunde" auch ernst zu. Es geht um Einsamkeit und Trauer, um Vorurteile und Chancenlosigkeit. Spätestens in der Nacht, als Philippe seine Phantomschmerzen plagen und Driss einen Joint mit ihm teilt, wird aus dem Arbeitsverhältnis eine berührende Freundschaft. Philippe wird locker, seine Lebenslust kehrt zurück. Und dann steht auch der Liebe – bislang lebte Philippe die nur in Briefen mit der bezaubernden Eleonore – nichts mehr im Weg. Dann geht es praktisch um die "ohrogenen Zonen".
Es ist sicherlich nicht einfach, gegen die Bilder anzuspielen, die das Publikum von dem überaus erfolgreichen Kinofilm "Ziemlich beste Freunde" im Kopf hat. Doch die Schauspieler versuchten es auch gar nicht erst. Zwar wirkte das plötzliche Auftauchen von Philippes Tochter in einem Gespräch unmotiviert. Doch sonst machten Peach, Frenken und Spennemann unter der Regie von Gerhard Hees ihr eigenes Ding. Und das taten sie so überzeugend und mitreißend, dass es am Ende der Aufführung stehende Ovationen gab.