Harsewinkel

Minister spricht ein Machtwort

Kombination von Spielstraße und Parkraumbewirtschaftung unzulässig

Das blaue Schild zeigt unmissverständlich an, dass hier alle Verkehrsteilenehmer gleichberechtigt sind. Der NRW-Verkehrsminister schließt in diesem Bereich neuerdings eine Parkraumbewirtschaftung aus. Die Stadt muss ihr Konzept überdenken.⋌ | © FOTO: RICHARD ZELENKA

16.11.2013 | 16.11.2013, 00:00

Harsewinkel. Ein Leben ohne Knöllchen, Parkscheibe und Schilder – davon träumen viele Autofahrer. In der Innenstadt Harsewinkels könnte dieser Traum bald Wirklichkeit werden, zumindest im verkehrsberuhigten Bereich zwischen Sparkasse und Dr.-Pieke-Straße. Die seit Jahren währende Diskussion um die beste Verkehrslösung in der guten Stube der Stadt bekommt neue Nahrung.

Eine Entscheidung des NRW-Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr stellt die bisherigen Regelungen in der City auf den Kopf. Der Kernsatz: Die Kombination von verkehrsberuhigten Zonen, wie sie auf dem Abschnitt Münsterstraße/Kirchplatz/Alter Markt/Brockhäger Straße besteht, ist in Verbindung mit der sogenannten "Parkplatzbewirtschaftung" (Haltverbote, Parkscheibenregelung, Parken mit Parkschein, Behindertenparkplätze) nicht mehr zulässig. Die Straßenverkehrsbehörde des Kreises Gütersloh fordert die Stadt mit einem Schreiben vom 7. Oktober auf, "rechtssichere Verkehrsverhältnisse herzustellen", da die Entscheidung des Ministeriums "Erlasscharakter" habe, wie es in dem Schreiben heißt. Zugleich wird der Stadt eine Alternative aufgezeigt: Der bisherige verkehrsberuhigte Bereich könnte entweder zu einer Tempo-30-Zone oder zu einem "Verkehrsberuhigten Geschäftsbereich" umgewandelt werden – in beiden Fällen könnte die seit 2002 bestehende Parkraumbewirtschaftung beibehalten werden.

Nun sind die Politiker am Zuge. Der Planungs- und Bauausschuss ist in seiner Sitzung am Dienstag, 19. November, um 17 Uhr im Rathaus aufgefordert, sich Gedanken über die zukünftige Verkehrsregelung in der Innenstadt zu machen. Dieses Thema bewegt die Gemüter seit Jahren. Wie mehrfach berichtet, wird das in Höhe von Piazza Italiana und Place des Andelys durch das blaue Spielstraßenschild verkündete Schritttempo von kaum jemanden beachtet. Und auch mit der geforderten Aufenthaltsfunktion und einem friedlichen Nebeneinander von Autos, Radlern und Fußgängern ist es nicht weit her. Auch Appelle und zusätzliche Hinweisschilder haben wenig gefruchtet.

Was ist zu tun? Es gilt, einen Kompromiss zu finden, mit dem alle Beteiligten leben können und der auch im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben steht. Da eine echte Fußgängerzone aufgrund der strikten Beschränkungen von vornherein ausscheidet, stehen im Prinzip nur zwei Alternativen zur Wahl, will man an der Parkraumbewirtschaftung festhalten: Tempo 30, das kaum Anhänger im politischen Raum findet, und eben der verkehrsberuhigte Geschäftsbereich. Diese Lösung könnte am Ende der Königsweg sein. Die zulässige Geschwindigkeit liegt hier bei 20 Stundenkilometern, in begründeten Fällen kann gar Tempo 10 und sogar weniger angeordnet werden. Fußgänger und Autos bewegen sich auf abgetrennten Fahrbahnen, der Vorrang ist im Gegensatz zur Spielstraße klar geregelt. Die vorhandenen baulichen Gestaltungsmerkmale wie Berliner Kissen oder Einengungen können beibehalten werden. Das Parken wird durch Beschilderung geregelt. Für Markus Ehrlich von der städtischen Planungsabteilung ist der verkehrsberuhigte Geschäftsbereich ein guter Kompromiss. "Er war schließlich schon einmal ein politisches Thema in Harsewinkel", sagte er der NW.

Sollten sich die Politiker zur Beibehaltung von Schritttempo durchringen, dann hätte es auch finanzielle Folgen für die Stadt. Thomas Wittenbrink, der mit der Überwachung des ruhenden Verkehrs – auch in der verkehrsberuhigten Zone – beschäftigt ist, kann über mangelnde Arbeit jedenfalls nicht klagen. Es gibt viele Verstöße gegen die derzeit geltende Parkzeitbeschränkung, so dass Wittenbrink tagtäglich fleißig Verwarnungen und Knöllchen verteilen muss. Insgesamt hat sein Einsatz in diesem Jahr 12.950 Euro in die Stadtkasse gespült. Der größte Batzen dürfte auf die Spielstraße entfallen. Dabei handele sich aber keinesfalls um eine kalkulierte Einnahmequelle der Stadt, sondern um das Bemühen, eine einheitliche Parkregelung zu schaffen und das Dauerparken zu verhindern, betonte Pressesprecherin Mechthild Walter.