
Harsewinkel. Es heißt, Harsewinkel sei um den Gasthof Wilhalm gebaut worden. "Wir befinden uns hier an der höchsten Stelle der Stadt", sagt Hans Joachim "Achim" Koriath, der seit 1968 mit seiner Ehefrau Hedemarie in vierter Generation in der ehemaligen Poststation an der Dr.-Pieke-Straße westfälische Gastlichkeit pflegt. 2013 ist ein Markstein in der Wilhalm-Geschichte: Der Gasthof wird 225 Jahre alt.
D er 70-jährige Wirt deutet auf eine alte Stadtansicht. Und tatsächlich: Das Gebäude ist dort am Ende der noch völlig unbebauten Gütersloher Straße zu sehen, selbst den Turm der St.-Lucia-Kirche gab es zu dieser Zeit noch nicht. Es könnte sogar sein, so mutmaßt Koriath, dass der Gasthof Wilhalm das älteste Bauwerk in der ganzen Stadt ist. Darüber kann trefflich spekuliert werden, eines ist aber historisch belegt: Wilhalm ist die älteste Gaststätte am Platze. Der Schriftzug an der Außenfassade des historischen Gebäudes verkündet es: Hier wird seit 1788 die gastronomische Tradition gepflegt. Das Jubiläum wird zünftig gefeiert. Achim und Hedemarie planen gleich mehrere Veranstaltungen. Die genauen Termine stehen noch nicht fest. Nur so viel: Eine große Feier im Spätsommer, eine "Hutparty" mit Karnevalscharakter mit den "Landeiern" und einem DJ im Winter sowie ein Empfang für geladene Gäste werden das Jubiläumsjahr begleiten.
Noch sind Achim und Hedemarie mit ihren 70 beziehungsweise 69 Jahren fit und haben Spaß an ihrer Arbeit und den vielen schönen Stunden mit ihren Gästen, die die persönliche und nette Atmosphäre des historischen Gastronomiebetriebes schätzen. Doch ihnen ist klar, dass sie den mitunter stressigen Job in der Küche und an der Theke nicht ewig machen können. Fast schien es so, als würde die lange gastronomische Tradition dann zu Ende gehen, wenn sich die beiden zur Ruhe setzen, zumal die Tochter bereits andere berufliche Wege eingeschlagen hat. Doch nun eröffnen sich neue Perspektiven: Der Wirt will noch keine Namen nennen, aber er freut sich darüber, dass ein in Harsewinkel bekanntes Ehepaar "vom Fach", wie er betont, gerne den Gaststättenbetrieb übernehmen würde. Aber so weit ist es noch lange nicht: "Wir haben ein schönes Leben und würden am liebsten bis 100 arbeiten. Aber man weiß nie, was morgen passiert".
Stammlokal vieler Vereine
Das Gasthaus Wilhalm verfügt über zehn mit allem Komfort eingerichtete Gästezimmer.
Für Hochzeiten, Geburtstage und andere Familienfeste steht ein großer Saal zur Verfügung, in dem bis zu 200 Gäste Platz finden. Dieser wird häufig genutzt, ist Wilhalm doch das Stammlokal zahlreicher örtlicher Vereine.
Ausgelassen feiern kann man in der angeschlossenen "Leismanns Scheune" für 40 bis 120 Personen, deren Name heute noch an die historischen Wurzeln des Gasthofes erinnert.
225 Jahre Schankbetrieb Wilhalm: Das sind viele Geschichten, viele Namen, viele Anekdoten. Zu allen Zeiten war die Gaststätte für die Harsewinkeler ein beliebter Treffpunkt. Die Gründung im Jahr 1788 geht auf die Familie Horstmann zurück. In den Anfängen hieß die Gastwirtschaft noch Koch. Der Name Wilhalm tauchte erstmals auf, als Marie Koch 1897 Christoph Johannes Wilhalm heiratete. 1928 pachtete Karl Leismann aus Beelen das Gasthaus. Seine Ehe blieb kinderlos. Deshalb adoptierte das Paar Hedwig Maria (Hedemarie) Horstmann, die 1968 Hans-Joachim (Achim) Koriath heiratete.
Es sind vor allem Stammgäste, die regelmäßig auf ein Bier und einen Plausch an der Theke vorbei kommen. Zu den Freunden des Hauses zählt auch Heribert Bruchhagen. Der Vorstandsvorsitzende des Fußballbundesligisten Eintracht Frankfurt ist mit dem Ehepaar Koriath eng befreundet. "Den kenne ich von Kindesbeinen an, früher hat er bei uns für die Gäste die Kegel aufgestellt", lacht der Chef. Aber auch für Auswärtige, darunter immer mehr Radtouristen, die die gehobene westfälische Küche in einem urgemütlichen Ambiente schätzen, ist Wilhalm eine beliebte Anlaufstelle. Gepflegt wird vom Küchenchef Pierre Diening die klassische gutbürgerliche Küche, aber auch raffinierte Gerichte mit mediterranem Anschlag stehen auf der Karte. Saisonale Spezialitäten ergänzen das kulinarische Angebot. 2000 wurde Wilhalm das Gütesiegel "Westfälisch genießen" als Anerkennung für die Förderung der heimischen Ess- und Trinkkultur verliehen.