Arzt aus dem Kreis Gütersloh will Explosionsopfern in Beirut helfen

Harsewinkel. Die Betroffenheit steht Ali Sannan ins Gesicht geschrieben. Der Harsewinkeler Chirurg hat die Bilder der verheerenden Explosion von Beirut am Mittwoch vor Augen. Mehrere Tausend Menschen sind verletzt, über 130 sind gestorben. In den Krankenhäusern der libanesischen Stadt herrscht Ausnahmezustand. Es fehlt an allem. &bdquo;Es gibt dort kein Gesundheitswesen wie in Deutschland", sagt der erfahrene Arzt. Und weiter: &bdquo;Ich weiß, wie den Menschen dort jetzt zu Mute ist." Bereits am Donnerstag, einen Tag danach, hat sich Sannan entschlossen zu helfen. Er hat die libanesische Botschaft angerufen, er hat die Leiter der Gütersloher Kliniken angesprochen. Sannan ist bekannt in der Dalkestadt. Am Samstag noch hatte er Wochenend-Notdienst im Städtischen Klinikum. Einmal pro Woche operiert er im Carré des Elli-Hop. Für diese Woche hat er Gesprächstermine mit den Leitern der Gütersloher Krankenhäuser, Stephan Pantenburg und Maud Beste, vereinbart. Alle wollten helfen, sagt er. Wie, das will Sannan ausloten. Kaum jemand dort ist gegen Tetanus geimpft Die libanesische Botschaft hat am Freitag eine Liste mit benötigten Medikamenten geschickt. Die Aufzählung ist mehrere Seiten lang. Ganz oben stehen die Klassiker: Mittel gegen Hepatitis, Antibiotika, Schmerzmittel. &bdquo;Die Leute dort sind nicht gegen Tetanus geimpft", sagt der Mediziner. Schnelle Hilfe ist gefragt. Am Montag will Sannan Kontakte zu Pharma-Vertrieben im Bielefelder Umkreis knüpfen. Er ist zuversichtlich, dass die Medikamentenhilfe funktioniert. Sannan hat schon einmal geholfen. Als 2006 die israelische Aggression auf sein Heimatland viele Verletzte hinterließ, hat Sannan Medikamente, Lebensmittel, Kleidung und Waren aller Art auf den Weg gebracht und einen Lkw einer Spedition aus Beelen auf die Reise geschickt. Damals war das ganze Land betroffen, jetzt ist es allein die Hauptstadt. Damals standen Hilfsgüter aller Art im Fokus, jetzt ist vor allem medizinische Hilfe gefragt. Geld mag Sannan nicht in den Libanon schicken. Da wisse man nicht, in welche Kanäle das gelange, erklärt der 58-jährige Familienvater, der sich viele Jahre im Harsewinkeler Fußball engagiert hat und heute noch bei den Alten Herren der TSG kickt. &bdquo;Die kleinen, parteilosen Leute sind aufgeschmissen" Das Gesundheitswesen im Libanon sei nicht staatlich, sondern privat organisiert, mit religiösem Einschnitt, erklärt Sannan. Teils eröffneten Politiker oder wohlhabende Persönlichkeiten Krankenhäuser und wählten mitunter aus, wer behandelt werden kann. Der Gesundheitsminister habe in dieser Woche zwar verfügt, dass alle Krankenhäuser die Verletzten der Explosion behandeln müssten. Wie diese Behandlung genau aussieht und was sie umfasst, stehe indes dahin. &bdquo;Die kleinen, parteilosen Leute sind aufgeschmissen", sagt Sannan. Wirtschaftlich ginge es dem Land chronisch schlecht. &bdquo;Und jetzt kommt der nächste Schlag hinzu", sagt Sannan. Der Mediziner, dessen Bruder und Mutter in Beirut leben, aber nicht verletzt wurden, hat seine Heimatstadt 1980 verlassen. Durch ein Stipendium konnte Sannan in Greifswald Medizin studieren. &bdquo;Ich komme aus einer einfachen Familie", sagt er. Im August 1999 kam er nach Harsewinkel und übernahm später die Praxis von Dr. Hans Strake, dem früheren (ehrenamtlichen) Bürgermeister der Mähdrescherstadt. Helfen würde er gern auch über die reine Medikamenten-Sammlung hinaus. Die Verletzten müssten medizinische versorgt werden. Ob die Zahl an Ärzten vor Ort dafür ausreicht? Ali Sannan weiß es nicht genau. Gern würde er einzelne Flüge und Transporte für Verletzte nach Deutschland organisieren, vor allem für betroffene Kinder, um diese hier behandeln zu lassen. Auch diesen Aspekt will er mit den Krankenhäusern erörtern. Erst wenn klar ist, ob und wie Transportflüge stattfinden können, will er Geld dafür sammeln. Am Wochenende tagten Europas Regierungen zum Thema Beirut-Hilfen. Ob die Bundeswehr-Maschinen solche Transporte machen könnten? Ali Sannan will auch das abklopfen und einige Bundestagsabgeordnete wie den Gütersloher Ralph Brinkhaus dazu anschreiben.

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