Lina wird TV-Star: Fernsehteam dreht im Kreis Gütersloh über eine Hundeadoption

Halle. Lina ist noch ein wenig scheu. &bdquo;Vor allem Männern gegenüber", sagt Nicole Ebel. Daher verschwindet die Pointer-Hündin beim Besuch erst einmal vorsichtshalber auf der Treppe ins Obergeschoss. Sicher ist sicher. Lina kommt aus der Türkei. Genauer gesagt aus einem Tierheim in Göcek. Sie spielt eine der Hauptrollen in einer Fernsehserie. Ein Team des MDR ist dafür zweimal nach Halle angereist. &bdquo;Heimatlose Hunde – rette mich wer kann" heißt die fünfteilige Dokumentation der Fernsehjournalistin Ute Gebhardt. Thematisiert werden die Vor- und Nachteile von Tiervermittlungen aus dem Ausland am Beispiel von vier Hündinnen aus dem Tierheim Göcek– eine davon ist Lina. Dass Halle zum Drehort wurde, liegt an einem traurigen Ereignis. &bdquo;Im Oktober 2022 ist unserer Jagdhund Emil gestorben", erzählt Nicole Ebel. Emil stammte aus einem Tierheim in Kroatien. Da lag es nahe, sich dort erneut nach einem Jagdhund umzusehen. Doch der folgende Besuch ernüchterte das Ehepaar. Sie stießen auf katastrophale Zustände, nahmen anschließend Abstand von einer Adoption und knüpften stattdessen Kontakt zu Jeanette Saß, die in Deutschland als Pflegestelle für mehrere Tierschutzvereine aktiv ist und eng mit dem Tierheim in Göcek zusammenarbeitet. Lina hat sich innerhalb weniger Monate im neuen Zuhause eingelebt Einige Zeit zuvor hatte Saß der Filmemacherin Ute Gebhardt zwei Hunde aus Göcek vermittelt, woraus die Idee eines TV-Beitrages entstand. Als sich Nicole Ebel und Hans-Joachim Weber-Ebel bei Jeanette Saß meldeten, befand die sich gerade zu Dreharbeiten im Tierheim an der türkischen Ägäisküste. &bdquo;Wärt ihr bereit, euch filmen zu lassen, falls ihr einen Hund adoptiert?", fragte sie Nicole Ebel und ihren Mann unvermittelt. Die beiden waren bereit. Das Anforderungsprofil für die neue Mitbewohnerin war klar. &bdquo;Es sollte eine Jagdhündin sein. Ruhig, nicht bellfreudig und vor allem gesund", erzählt Nicole Ebel. Mit diesen Wünschen im Gepäck fuhr das Ehepaar nach Gießen, zur Pflegestelle von Jeanette Saß. &bdquo;Dort haben wir uns für sie entschieden. Nicht wahr Lina?", sagt Nicole Ebel und dreht ihren Kopf zu der Hündin, die friedlich in ihrem Hundebett schlummert. Es war praktisch Liebe auf den ersten Blick. &bdquo;Obwohl Lina sonst große Angst vor Männern hat, hat sie sich sofort zu meinem Mann gelegt", berichtet die 48-Jährige. Zweimal waren Regisseurin Ute Gebhardt und ihr Team anschließend vor Ort in Halle. &bdquo;Das erste Mal am 1. Dezember, als Lina, die damals noch Carmen hieß, zu uns kam", erzählt Nicole Ebel und erinnert sich daran, dass die Hündin sich zunächst weigerte, ins Haus zu kommen. Nach drei Monaten hatte sie sich bereits mit ihrem neuen Heim angefreundet. Das Filmteam begleitete Lina unter anderem bei einem Spaziergang unterhalb der Kaffeemühle. &bdquo;Unglaublich welcher Aufwand für einen solchen Film betrieben wird. Es wurde ein halber Tag gedreht. Im Film sind daraus gerade einmal drei Minuten geworden", sagt Nicole Ebel. Nicht alle Hunde haben solches Glück wie Lina Doch die Dokumentations-Reihe ist keineswegs eine bloße Werbung für die Tiervermittlung aus dem Ausland. Die Filme setzen sich überaus kritisch mit verschiedenen Praktiken und Problemen auseinander. &bdquo;Denn nicht jeder Straßenhund ist dafür geeignet, nach Deutschland in eine Familie zu kommen. Ja, nicht einmal geeignet, um in ein Tierheim gebracht zu werden", erklärt Nicole Ebel. &bdquo;Manche Hunde sind nicht einfach zu sozialisieren. Vor allem nicht, wenn sie sich gut auf der Straße zurechtgefunden, wenn sie einen Freiheitsdrang haben und sich nicht mit einem eingezäunten Garten zufriedengeben", sagt sie. In diesem Moment gibt Lina ein zufriedenes Brummen von sich. &bdquo;Ich fühle mich wohl", scheint sie damit sagen zu wollen. Lina hat Glück gehabt. Mehr Glück als beispielsweise die über 6.000 Hunde in der rumänischen Smeura, dem größten Tierheim der Welt. Auch hier hat das Filmteam gedreht. Warum aber einen Hund aus dem Ausland holen, wo doch auch die hiesigen Tierheime überfüllt sind? Nicole Ebel ist sich dieses Zwiespaltes bewusst. &bdquo;Wir wussten, was für einen Hund wir haben wollten und haben ihn hier nicht bekommen", sagt sie. Natürlich ändere man mit einer Adoption nichts an der Situation in dem entsprechenden Land, gibt sie zu. Aber man rette Hundeleben. &bdquo;Unsere Hündin aus Polen war mit neun Jahren nicht mehr zur Jagd geeignet. Sie hatte noch ein Projektil im Rücken, sollte offensichtlich getötet werden", berichtet Nicole Ebel und bringt es mit einem schrecklichen Satz auf den Punkt. &bdquo;Was nicht nützlich ist, wird entsorgt." Spendensammlung in Halle Angesichts solcher Erfahrungen und der Not, die sie beim Besuch des Tierheims in Kroatien erlebte, engagiert sie sich inzwischen selbst für die Hunderettung und ist Gründungsmitglied im Verein Strays e.V.. Mittlerweile sind auf ihre Initiative hin auch in der Nachbarschaft zwei Hunde, einer aus Göcek, einer aus Rumänien, eingezogen. Doch Tierschutz ist nicht umsonst zu haben. In der Stoffkiste und im Tee- und Kaffeeparadies in Halle hat Nicole Ebel daher Sammelbüchsen aufgestellt und zudem Stoffmützen aus gespendeten Stoffen genäht, deren Erlös dem Tierheim in der Türkei zugutekommt. Die Vermittlung von Tieren aus dem Ausland ist nicht ganz billig. Denn natürlich müssen die Tierschutzvereine die entstandenen Kosten umlegen. Bei Lina betrug die Gebühr 450 Euro. Vor ihrer Übernahme haben ihre neuen &bdquo;Hundeeltern" zudem ein sogenanntes Mittelmeerprofil erstellen lassen, durch das typische Infektionserkrankungen aus dieser Region ausgeschlossen werden. Filme sind in der Mediathek zu sehen &bdquo;Inzwischen hat sich Lina sehr gut eingelebt", sagt Nicole Ebel. Stadtspaziergänge und viele Menschen gehören zwar noch immer nicht zu ihren beliebtesten Beschäftigungen, die große Angst der Anfangstage ist aber inzwischen verflogen. Dem Besucher von der Zeitung begegnet sie allerdings weiterhin skeptisch. Außer einem vorsichtigen Schnuppern bleibt sie lieber auf Abstand. Ein bisschen scheu ist Lina bei Fremden geblieben. Niemand weiß, was sie erlebt hat. Die Reihe &bdquo;Heimatlose Hunde – rette mich wer kann" ist in der ARD-Mediathek zu sehen.

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