Zum Verkauf: Historisches Stadthaus im Kreis Gütersloh ist auf dem Markt

Halle. Ein Stück Haller Geschichte steht zum Verkauf. Fast 100 Jahre alt ist das Haller Stadthaus am Schlammpatt. Jetzt wird es von der Immobilienfirma Von Poll Immobilien in Halle vermarktet. 429.000 Euro - für diesen Preis erhalten Interessenten laut Exposé den Zuschlag. Das Grundstück, auf dem das Stadthaus steht, ist 1.616 Quadratmeter groß, die Wohnfläche mit seinen fünf Zimmern beträgt 120 Quadratmeter. Doch wer hat das Einfamilienhaus mit Mansarddach gebaut? Wer hat dort gewohnt? Welche Geschichte verbirgt sich in dem historischen Gebäude? Haus wurde möglicherweise von Haller Archtiketen entworfen Schon der im Sandstein neben der Jahreszahl 1925 verewigte Name wirft Fragen auf. "Gusle" ist dort eingraviert. Handelt es sich hierbei um den Namen des Erbauers? Im Stadtarchiv gibt es hierzu keine Informationen. Das eröffnet ein Feld für Spekulationen. Möglicherweise ist das Haus vom Haller Architekten August Schlienkamp entworfen worden. Er prägte ab 1910 maßgeblich das Haller Stadtbild und entwarf das heutige Rathaus II, mehrere Schulen und Villen. Der Stil des Hauses am Schlammpatt mit den Ornamenten der Fassade und der typischen Dachform zeigt Ähnlichkeiten zu anderen von Schlienkamp entworfenen Gebäuden. Deutet "Gusle" vielleicht auf den Vornamen des Architekten hin? Entlang eines Gartens mit altem Baumbestand rückt die von einem Erker dominierte Fassade ins Blickfeld. Acht steinerne Stufen führen hinauf unter das von Rundbögen getragene Vordach. Dann öffnet sich die Eingangstür. Der Windfang ist ausgelegt mit original Fliesen aus den 1920er-Jahren. Dahinter erstreckt sich ein geräumiger Flurbereich. Wie im ganzen Haus ist auch hier der Boden mit Stäbchenparkett ausgelegt. Großzügige Vollholztreppe führt in das Obergeschoss Mitten in der weißen Wand ist eine braune Fliese eingelassen. Ihre Bedeutung bleibt ein Rätsel. Betritt man das Esszimmer auf der linken Seite eröffnet sich der Blick auf die große Holzsprossenfensterfront des Erkers. Ein altes Büffet birgt noch letzte gläserne Bewohner. Der Esstisch ist mit einer Tischdecke bedeckt und scheint im Ensemble mit den fünf Stühlen bereit für hungrige und durstige Gäste. Eine großzügige Vollholztreppe führt in das Obergeschoss mit weiteren drei Zimmern. Das Arbeitszimmer erweckt den Eindruck, gerade erst verlassen worden zu sein. An der Wand hängt ein Foto von der Erlöserkirche Lüdenscheid. Hinweis auf die letzten Bewohner? Die Familie des ehemaligen Hörster Pfarrers Dr. Wolfgang Tilgner hatte hier zuletzt gelebt. Der Zugang zum Spitzboden erfolgt wiederum über eine breite Treppe. "Er birgt fantastisches Ausbaupotenzial", heißt es im Exposé der Immobilienfirma. Romantiker beeindruckt indes die Atmosphäre des Dachstuhls mit den so typischen Effekten einfallenden und von Holzkonstruktionen gebrochenen Lichtes. Ein Odor vergangener Zeiten scheint hier seinen letzten Rückzugsort gefunden zu haben. Genauso wie der Karton, gefüllt mit alten Klaviernotenheften. Haller Immobilienmakler: Es gibt bereits Interessenten Ein Blick ins Haller Stadtarchiv bringt Gewissheit, wer dieses Haus einst erbaut hat. Auf einer Karteikarte des alten Melderegisters findet sich der Name Erich Null. Katastertechniker steht in einem Adressbuch der Stadt Halle aus dem Jahr 1938. Das Melderegister verrät: Seine Frau Auguste Schengbier stammte aus Hesselteich. Die Tochter Wilhelmine Charlotte heiratete Helmut Krieg, den Diplomingenieur und späteren Stadtoberbaurat. Auch sie lebten am Schlammpatt 10. Später zog die Familie Duwe hier ein. Hannelore Duwe war Klavierlehrerin und unterrichtete viele Kinder in Halle. Danach ging das Haus in den Besitz der Familie Tilgner. Ein Messingschild an der Türklingel ist noch heute Zeuge davon. Wer wird demnächst dort einziehen? Wer wird das Grundstück von über 1.600 Quadratmeter mit Leben füllen und der Geschichte des Hauses ein weiteres Kapitel hinzufügen? "Es gibt bereits Interessenten", sagt Philipp Schremmer, Geschäftsstellenleiter der vermarktenden Immobilienfirma Von Poll Immobilien in Halle. Vermessungstechniker, Stadtoberbaurat, Klavierlehrerin und ein Pfarrer in Ruhestand - wahrlich, ein Stück Haller Geschichte.

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